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18.06.10
10:36 Uhr
Linke

Rede von Uli Schippels zum Sparkassengesetz: "Hören sie auf die Experten: Hände weg von unseren Sparkassen!"

Presseinformation Jannine Menger-Hamilton Rede von Uli Schippels zum Sparkassen-Gesetz Pressesprecherin
175/10 DIE LINKE Fraktion im Schleswig- Holsteinischen Landtag Es gilt das gesprochene Wort. Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Sperrfrist Redebeginn. Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Kiel, 18. Juni 2010 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 presse@linke.ltsh.de www. linksfraktion-sh.de


Rede von Uli Schippels zum Sparkassengesetz: „Hören sie auf die Experten: Hände weg von unse- ren Sparkassen!“
„Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
schon oft haben SPD und Grüne die Regierungskoalition aufgefordert, endlich zu handeln. Wir von der LINKEN waren da zurückhaltender, wir ahnten schon, was auf Schleswig-Holstein zukommt. Aber dieses Chaos, das hier von CDU und FDP angerichtet wird, haben wir wirklich nicht erwartet.
Trotz aller rechtlicher Problematik, trotz aller Gefahren, vor allem auf europäischer Ebene, ziehen die beiden Regierungsparteien nun durch. Sie wischen alle Warnungen – lesen sie doch bitte die Stel- lungnahme des Sparkassen- und Giroverbandes von vorgestern – sie wischen alle Warnungen ein- fach beiseite und riskieren mit ihrer unausgegorenen Gesetzesänderung, dass die Europäische Union die Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Sparkassen betreiben kann. Eine Europäische Union, der das System, das bewährte System der öffentlich-rechtlichen Banken in Deutschland ohnehin ein Dorn im Auge ist, eine europäische Union, die dieses System am liebsten gleich beerdigen möchte.
Der FDP wird es gefallen. Ihr Ziel, hier und heute nicht ausgesprochen, geht ja noch weiter als der uns vorliegende Gesetzestext es vermuten lässt. Im Dezember 2007 formulierte Wolfang Kubicki hier im Landtag „Wir wollen momentan nicht an die öffentlich-rechtliche Struktur heran, aber wir müssen die Möglichkeit schaffen.“ Das ist eine Drohung: „Momentan soll die Struktur nicht angetastet wer- den“, es solle aber die „Möglichkeit“ geschaffen werden.
Es geht der FDP unter anderem um die Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Sparkassen in Aktien- gesellschaften, um die Beteiligung von Privaten mit bis zu 49,9 Prozent des Stammkapitals. Letztlich geht es dieser ideologiegeleiteten Klientelpartei um die Durchsetzung ihres falschen Dogmas, dass
Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de privat per se gut und öffentlich oder staatlich automatisch schlecht ist. So einfach ist für manche die Welt und auch die jetzige Finanzkrise bringt offensichtlich dieses Weltbild nicht durcheinander.
Wo ist denn, meine Damen und Herren von der FDP die „unsichtbare Hand“ von Adam Smith. In der Finanzkrise, weit und breit nichts davon zu spüren. Es sind doch die sichtbaren öffentlichen Hände, die das Finanzsystem vor dem endgültigen Kollaps bewahrt haben. Bewahrt und auch bezahlt haben.
Meine Damen und Herren, die Privatisierung der Sparkassen, das ist das Ziel der FDP. Soweit sind wir zum Glück noch nicht, aber wir sind leider diesem Horrorszenario mit diesem Gesetzentwurf ein gu- tes Stück näher gekommen.
Und sie von der CDU? Sie machen bei dieser Scharade mit? Alles zum Wohl der Sparkassen? Dann nehmen sie doch bitte deren Bedenken des ernst. Warum besteht denn nach ihrem Gesetzesentwurf die Möglichkeit, dass sich die Träger von einem Teil ihres Stammkapitals trennen können? Dient das etwa der Stärkung der Eigenkapitaldecke? Pustekuchen!
Klamme Kommunen werden ihr letztes Tafelsilber verkaufen, und klamm sind die Kommunen des- halb, weil sie von den Regierungsparteien, vor zwei Jahren war da auch die Sozialdemokratie noch dabei (Stichwort: Kürzung des Kommunalen Finanzausgleiches, 120 Millionen Euro im Jahr), weil sie den Kommunen die Luft zum Atmen genommen haben.
Die letzten Gesetzesänderungen auf Bundesebene bedeuteten 70 Millionen Euro im Jahr, 70 Millio- nen im Jahr weniger in den Kassen der Kommunen. 70 Millionen, die auch für die soziale Infrastruk- tur fehlen.
Wenn Sie so weiter machen, meine Damen und Herren von der FDP, dann werden sie sich sehr schnell wieder außerhalb des Parlamentes wiedersehen. Sie machen eine Politik für die oberen 10.000, und das sind nach Adam Riese keine 5 Prozent. Die Umfragen gehen ja in die richtige Rich- tung. Das rasante Tempo, mit denen die FDP in Regierungsverantwortung – sowohl in Berlin als auch in Kiel – sich selbst entzaubert, ist schon erstaunlich. Aus unserer Sicht selbstverständlich begrü- ßenswert. Und sie von der CDU werden auch nicht ungeschoren davon kommen, wenn sie sich zum Steigbügelhalter von Herrn Kubicki machen. Sparkassen, meine Damen und Herren, sind nicht vom Himmel gefallen.
Hier, in der Stadt, in der wir tagen, wurde die Sparkasse 1896 gegründet. Die Erweiterung zu einer Leihkasse erfolgte drei Jahre später. Gegründet wurde die Sparkasse von der Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde. Die Kieler Spar- und Leihkasse war zunächst gedacht als ein wohltätiges Institut, bei Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de dem die „dienende oder im Tagelohn arbeitende Klasse" (so Ulrich Lange in dem Standardwerk zu Geschichte der Stadt Kiel), also Dienstboten, Tagelöhner, Handarbeiter und Seeleute, Erspartes ge- gen Zins verwahren lassen konnten, um für alle Fälle einen Notgroschen zu haben.
Die Spar- und Leihkasse war ursprünglich – soziale Marktwirtschaft war damals noch kein Thema – als reines Verlustunternehmen konzipiert, das bei gleichem Zinsfuß für Einlagen und Darlehen zwangsläufig Einbußen erlitt. Sparkassen waren nicht dafür da, sich zu rechnen, sie waren dafür da zu helfen, Armut zu verhindern. Und in der öffentlich-rechtlichen Struktur der Sparkassen hallt auch heute noch diese Ausrichtung nach. Dies ist auch heute noch Teil der Geschäftsgrundlage. Es geht nicht darum, Gewinn zu generieren. Es geht darum, zu helfen. Das, meine Damen und Herren von der FDP, ist ihnen augenscheinlich ein Dorn im Auge. Das übersteigt ihren Horizont. Bei der HSH Nordbank haben wir gesehen, wie schnell ein renditeorientiertes Geschäftsmodell gegen die Wand fahren kann. Bei der HSH Nordbank haben wir gesehen, was passieren kann, wenn Anteile an rendi- teorientierte Investoren verkauft werden.
Dann gilt nicht mehr die gesellschaftliche Verantwortung, dann hat das Jedermannskonto auch für Arme keinen Wert mehr, dann wird die Unterstützung von sozialen Initiativen zum Kostenfaktor und nicht mehr zum Wert an sich. Und genau das Gleiche wird bei den öffentlich-rechtlichen Sparkassen passieren, unabhängig von allen juristischen Fragen in Bezug auf den Status der Haspa. Warum will sich denn die HASPA an den Sparkassen in Schleswig-Holstein beteiligen? Aus Nächstenliebe? Weil sie die Sparkassen in Schleswig-Holstein so gern hat? Nein, sondern weil sie sie zum Fressen gern hat.
Bei der HSH-Nordbank änderte sich das Geschäftsklima, als die West-LB Anteile erworben hatte, also noch vor Flowers. Den Sparkassen in Schleswig-Holstein steht nun das gleiche bevor. Ein Investor will Rendite sehen und keine sozialen Wohltaten.
Ich möchte noch einiges zur Geschäftspolitik der Haspa sagen. Noch 2006 hatte die Haspa extra Kon- tonummern für sogenannte zahlungsschwache Kunden. Diese begannen mit 1199. 1199-Konten, das heißt kein Dispokredit, keine EC-Karte, Konten nur auf Guthabenbasis.
Dies wissen natürlich alle Kreditinstitute, so dass 1199-Kunden praktisch niemals einen Kredit beka- men. Stigmatisierung per Kontonummer. Diese Brandmarkung mittelloser Kundinnen und Kunden, diese Bezeichnung stammt von Erhard Pumm (Hamburger DGB-Vorsitzender), wurde erst nach


Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Intervention des Hamburger Datenschutzbeauftragten eingestellt. Trotz öffentlicher Debatte gab es damals bei der Haspa keine Einsicht, nur der Druck führte zu Korrekturen.
Diese kleine Episode verdeutlicht die Geschäftspolitik der Haspa. Mit der ursprünglichen Intention von Spar- und Leihkassen, hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun. In der Öffentlichkeit ist die HASPA auch geraten, weil sie Lehmann-Zertifikate vertickt hat, ohne ausreichend über die Risiken zu informieren. Sie ist dafür ja auch schon verklagt worden.
Und die Hamburger Verbraucherzentrale hat auch mehrere andere problematische Geschäftsprakti- ken kritisiert. So habe die Haspa derivate Schuldverschreibungen, übrigens emittiert von Credit Suis- se, J.P. Morgan und der HSH Nordbank überwiegend an Rentnerinnen und Rentner vermittelt. Ein überaus kompliziertes Produkt, bei dem der Zinssatz von Konstellationen abhängig gemacht wird wie dem Abstand zwischen dem Zehn- und dem Zwei-Jahres-Swap-Satz in Euro multipliziert mit 2,5. Wel- cher Rentner soll das verstehen?
Viele Kundinnen und Kunden berichteten der Verbraucherzentrale übereinstimmend, dass sie sich niemals darauf eingelassen hätten, wenn man ihnen vor dem Vertragsschluss erklärt hätte, wie diese Anlage funktioniert. Eine solche Geschäftspolitik möchte ich nicht in Schleswig-Holstein etabliert wissen, zumindest nicht bei unseren Sparkassen.
Und auch ein weiteres Produkt ist gescheitert. Anleger des UBS Stars Express Zertifikats müssen mit einem fast vollständigen Verlust ihres Geldes rechnen. Das Zertifikat wurde vor kurzem vorzeitig und für die Anleger völlig überraschend gekündigt. Das teilte die Verbraucherzentrale Hamburg im März dieses Jahres mit. Das Zertifikat wurde Anfang 2007 von der Haspa einer großen Zahl von Kunden als rentierliche und sichere Anlage empfohlen. Jetzt gibt es 2,62 Euro zurück, der Kaufpreis lag bei 101 Euro.
Und wenn ihnen das alles unwichtig ist, nehmen sie wenigstens die Kritik der Vereinigung der Fach- verbände und der Kreishandwerkerschaften zur Kenntnis. Falls sie es vergessen haben sollten, es ist der Umdruck 17/846. Selbst im Krisenjahr haben die Sparkassen so viele Kredite an das Handwerk ausgelegt, wie kaum zuvor. Und wenn wir schon dabei sind. Die HSH Nordbank hat sich vor kurzem noch geweigert, eine abgesicherte Zwischenfinanzierung für die hier in Kiel ansässige Lindenau Werft durchzuführen. Von den Privaten Banken mal ganz zu schweigen, die ducken sich ganz schnell weg. Wer ist eingesprungen? Die Sparkassen.


Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Die Sparkassen haben sich in der Krise als verlässliche Partnerinnen des Handwerkes erwiesen, die Sparkassen sind der letzte Anker vor den Irrungen und Wirrungen des außer Rand und Band gerate- nen internationalen Finanzsystems.
Die Vereinigung der Fachverbände und der Kreishandwerkerschaften forder, ich zitiere:
„Damit sich das Handwerk in Schleswig-Holstein weiter so positiv entwickeln kann und weiter das Rückgrat der schleswig-holsteinischen Wirtschaft bilden kann, sind starke öffentlich-rechtliche Spar- kassen unumgänglich.“
Meine Damen und Herren von der CDU – Fraktion. Halten sie inne. Machen sie eine solide Politik für die Menschen in unserem Land. Bitte: keine juristischen Abenteuer! Hören sie auf die Experten aus den Reihen der Sparkassen und der heimischen Wirtschaft.
Hände weg von unseren Sparkassen.“



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