Thomas Rother zu TOP 30: Vor Änderung von Strukturen müssen Aufgaben definiert werden!
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 17.06.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 30, Neugliederung der Verwaltung in Schleswig-Holstein (Drucksache 17/604)Thomas Rother:Vor Änderung von Strukturen müssen Aufgaben definiert werden!Mit ihrem Antrag zur Neugliederung der Verwaltung in Schleswig-Holstein nehmen die Grünen und jetzt auch noch der SSW das Urteil des Landesverfassungsgerichts zur Amtsordnung zum Anlass, nicht nur eine notwendige Überarbeitung dieses Gesetzes, sondern gleich eine ganze Kommunalstrukturreform auf den Weg zu bringen. Das ist im Prinzip richtig und unterstützenswert.Der Antrag ist aus unserer Sicht allerdings so nicht beschlussreif, weil er in den Zif- fern 5 und 6 mögliche Ergebnisse einer umfassenden Diskussion schon ausschließt und daher erst einmal im Innen- und Rechtsausschuss beraten werden sollte und dann neuformuliert werden kann. Die Hinweise des Landesrechnungshofes, der zur Zeit die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenwahrnehmung der Kreise prüft, sind zwar wie immer hilfreich und sehr sympathisch, ersetzen aber nicht eigenes politisches Denken.Ein weiterer Mangel des Antrags ist es, die parlamentarische Begleitung des Regie- rungshandelns nicht genau zu benennen. Bei dieser doch grundlegenden Frage für unser Land und vor allem die Demokratie in unserem Land sollten die gewählten Ab- geordneten schon in qualifizierter Weise mitreden. Selbst wenn wir in diesen Fragen eigentlich kein Analysedefizit mehr haben, sondern eher ein Entscheidungsdefizit.Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-Und an die seltsamen Gremien, die ohne parlamentarische Beteiligung oder demokra- tische Legitimation Politik in unserem Lande machen, wollen wir uns jedenfalls nicht gewöhnen – weder an die Haushaltsstrukturkommission noch an die „Konzeptbörse zukunftsfähige Städte“ des Herrn Innenministers. Ganz im Gegenteil, wir wollen die- sen Prozess bewusst mitgestalten und nicht nur „einbezogen“ sein.Und damit komme ich auch zu unseren Vorstellungen – nicht Maßgaben – für eine solche Diskussion: Wir brauchen ein kommunales Leistungsgesetz, um präzise die Aufgaben von Ge- meinden, Ämtern und Kreisen zu beschreiben. So ließen sich Aufgabenübertragungen einfacher regeln. Und auch der finanzielle Ausgleich für die Erledigung dieser Aufgaben wäre allge- mein fassbarer und nicht nur ein paar Spezialisten vorbehalten. Hinzu kommt, dass die Grundsätze für eine kommunale Daseinsvorsorge festge- legt werden könnten, um elendige Privatisierungsdiskussionen zu beenden. Auf so einer Basis könnten dann auch realistische Bedarfe ermittelt und auch realisti- sche Einsparungen erwirtschaftet werden.Wir haben nichts gegen eine Standardöffnung oder die Aufhebung überflüssig gewor- dener Verwaltungsvorschriften, Verordnungen und Gesetze. Allerdings geht es für uns dabei um administrative Standards, die Steigerung von Bürgernähe und den Abbau von Bürokratie und nicht um soziale Standards, wie es schon jetzt für die Landesregie- rung der Fall zu sein scheint.Wir wollen die interkommunale Zusammenarbeit fördern und haben zumindest in die- sem Punkt in der Vergangenheit auf der Amtsebene Fortschritte erzielt. Ich kenne viele Strategen, die gerne vor einer Landkarte stehen und Kreis-, Amts- und Gemeinde- grenzen verschieben. Bislang sind die ganz großen Feldherren aber gescheitert. -3-Ich werde wohl nie begreifen, warum wir nicht über gesetzliche und vereinbarte Aufga- benzuweisung sowie gesetzlichen und vereinbarten Finanzausgleich zu einer effizien- teren Verwaltung kommen können, ohne Grenzsteine einzusammeln. Freiwilligkeit und Vernunft können sich sinnvoll ergänzen. Da sind viele Modelle denkbar. Das kann auch für die Ämter gelten, die mittlerweile zumeist weit mehr sind als die oft zi- tierte „Schreibstube der Gemeinde“. Und warum sollte nicht auch eine „Hochzeitsprä- mie“ für Gemeinden, die sich auf freiwilliger Basis zusammenschließen, gezahlt wer- den können?Die Stärkung des kommunalen Ehrenamtes ist als Forderung auch schnell daher- gesagt und natürlich völlig in Ordnung. Sie darf aber nicht zu Lasten einer Selbstrege- lungsmöglichkeit der kommunalen Gremien gehen. Und sie hat letztlich eine Kompe- tenzverschiebung vom Haupt- zum Ehrenamt zur Folge. Das Gerede von win-win- Situationen hat sich in der Vergangenheit immer als solches erwiesen. Es gehören al- so auch die Bedingungen für die Wahrnehmung des Ehrenamtes mit zu so einer Erör- terung. Und die SSW-Antragsergänzung ist vor diesem Hintergrund auch sinnvoll.Und letzten Endes zählt dazu auch eine Neugestaltung des kommunalen Wahl- rechts. Neben der auch hier eindeutig zu regelnden Frage der Überhang- und Aus- gleichsmandate sind die Punkte der Wahlkreisbildung, eines mögliches Mehrstimmen- rechts, aber auch die Größe der Gremien zu nennen.Und nicht zu vergessen ist hier ebenso eine angemessene Finanzausstattung der Kommunen. Wer, wie die Bundesregierung, durch unsinnige Steuergeschenke zu Gunsten von Hotelbesitzern und reichen Erben die Steuereinnahmen der Kommunen weiter senkt, nimmt den ehrenamtlichen Gemeindevertreterinnen und -vertretern ne- ben der Möglichkeit der politischen Gestaltung auch noch die Motivation zum Weiter- machen! -4-Ich bitte um Überweisung des Antrags in den Innen- und Rechtsausschuss. Wir sollten die für Ende Juni angekündigte Positionierung des Gemeindetages abwarten und ich hoffe, dass wir danach rasch zu einer gemeinsamen Formulierung kommen werden.