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16.06.10
15:26 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 20 - Weiterführung des Projekts "Kein Kind ohne Mahlzeit"

Presseinformation Kiel, den 16.6.2010

Es gilt das gesprochene Wort

Lars Harms


TOP 20 Weiterführung des Projekts „Kein Kind ohne Mahlzeit“, Ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf Schulessen Drs. 17/539, 540, 553

Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen zur Mehrwertsteuer möchte ich die
Gelegenheit nutzen und eins klarmachen: Der SSW hält die derzeitige Situation der unzähligen
Ausnahmen für unerträglich und vertritt das übergeordnete Ziel eines einheitlichen
Mehrwertsteuersatzes. Etliche Beispiele zeigen, wie absurd die Auswüchse in diesem Bereich
sind: Milch, Leitungswasser und Zugfahrten im Nahverkehr werden mit 7 Prozent besteuert,
während für Apfelsaft, Mineralwasser und Zugfahrten im Fernverkehr 19 Prozent
Mehrwertsteuer fällig werden. Vom Chaos im Hotelgewerbe ganz zu schweigen. Wenn man
also unbedingt vom Grundsatz der einheitlichen Mehrwertsteuer abrücken will, muss dies
unserer Meinung nach zumindest plausibel und aus unserer sozialen Verantwortung heraus
begründbar sein.

Wesentliches Kriterium für die Einführung von Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer war, dass
es sich um „Waren des täglichen Bedarfs“ handelt, die zum Leben notwendig sind.
Lebensmittel erfüllen dieses Kriterium mehr als jedes andere Produkt, so dass hier ein 2
ermäßigter Mehrwertsteuersatz nicht nur sinnvoll, sondern letztlich auch sozialpolitisch
geboten ist. Nicht zuletzt die Verfassung verlangt nach dem Schutz unserer Kinder und
Jugendlichen und schreibt uns eine Verantwortung für ihr körperliches und seelisches Wohl zu.

So lange es also vergünstigte Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer gibt, müssen Lebensmittel,
und damit mittelbar auch das Schulessen für alle Kinder, dazu gehören. In der Liste der
Produkte mit vergünstigtem Mehrwertsteuersatz findet sich neben allerhand Absurditäten
sicher auch Sinnvolles. Aber etwas ähnlich Grundlegendes wie die warme Mittagsmahlzeit für
Schulkinder gibt es hier kaum. Die Tatsache, dass ungesundes Fastfood im Außerhausverkauf
niedriger besteuert wird als gesundes Schulessen setzt dem Ganzen meiner Meinung nach die
Krone auf. Dies ist ganz einfach nicht mehr zu vermitteln. Auch der SSW fordert daher, dass
sich die Landesregierung im Bundesrat schnellstmöglich für mehr Gerechtigkeit bei der
Mehrwertsteuer einsetzt.


Für die Kinder, deren Eltern ganz einfach nicht fähig oder nicht willens sind, ihren Sprösslingen
eine warme Mahlzeit in der Bildungseinrichtung zu ermöglichen, wurde im Jahr 2008 im
Rahmen der „Offensive gegen Kinderarmut“ das Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“ ins Leben
gerufen. Wie wir alle wissen, wurde die Finanzierung zunächst für die voraussichtliche Dauer
der 16. Legislaturperiode sichergestellt. Die von Minister Garg für das gesamte Jahr
zugesicherte Fortführung ist angesichts des unverändert hohen Bedarfs auch dringend
notwendig und wird von uns ausdrücklich begrüßt.

Aus Sicht des SSW fällt die Verpflegung unserer Kinder in den Bildungseinrichtungen in den
Aufgabenbereich der öffentlichen Hand. Die warme Mahlzeit für Schul- und KiTa-Kinder muss
völlig unabhängig vom Geldbeutel der Eltern sichergestellt sein und das Projekt dringend
erhalten werden. Wir fordern den Minister auf, bei der notwendigen weiteren Behandlung des
Themas im zuständigen Ausschuss auch konkrete Zahlen folgen zu lassen. Die Weiterführung
des Projekts ist übrigens völlig unabhängig von der ausstehenden Neuberechnung der 3
Regelsätze für Hartz-4-Empfänger notwendig. Nach Meinung des SSW ist es unverantwortlich,
auf die vermeintlich bedarfsgerechteren SGB II-Sätze für Kinder zu warten, um das Projekt
dann einstampfen zu können. Es greift schon allein deshalb zu kurz, weil uns die Praxis genau
zeigt, wie sehr auch Geringverdienende auf Hilfen aus dem Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“
angewiesen sind.


Eines muss uns in diesem Zusammenhang sehr bewusst sein: Hier geht es um nicht weniger
als die Erfüllung eines absoluten Grundbedürfnisses, mit dem nicht selten auch die konkreten
Bildungs- und Zukunftschancen der Kinder verbunden sind. Und dies alles bei einem
vergleichsweise überschaubaren finanziellen Aufwand für das Land Schleswig-Holstein. In
meiner Rede zur Einrichtung des Sozialfonds im Oktober 2007 habe ich bereits verdeutlicht,
dass wir es hier mit einem Volumen von rund 6 Millionen Euro zu tun haben. Mit Blick auf die
kommenden Haushaltsberatungen möchte ich daher deutlich sagen, dass hier unter keinen
Umständen gespart werden darf. Denn auch wenn dieses Hilfsangebot bei weitem nicht alle
Bedürftigen erreicht – es kommt zumindest dort, wo es angeboten wird, zu 100 Prozent bei
denen an, die es brauchen.