Lars Harms zu TOP 20 - Weiterführung des Projekts "Kein Kind ohne Mahlzeit"
Presseinformation Kiel, den 16.6.2010Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 20 Weiterführung des Projekts „Kein Kind ohne Mahlzeit“, Ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf Schulessen Drs. 17/539, 540, 553Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen zur Mehrwertsteuer möchte ich dieGelegenheit nutzen und eins klarmachen: Der SSW hält die derzeitige Situation der unzähligenAusnahmen für unerträglich und vertritt das übergeordnete Ziel eines einheitlichenMehrwertsteuersatzes. Etliche Beispiele zeigen, wie absurd die Auswüchse in diesem Bereichsind: Milch, Leitungswasser und Zugfahrten im Nahverkehr werden mit 7 Prozent besteuert,während für Apfelsaft, Mineralwasser und Zugfahrten im Fernverkehr 19 ProzentMehrwertsteuer fällig werden. Vom Chaos im Hotelgewerbe ganz zu schweigen. Wenn manalso unbedingt vom Grundsatz der einheitlichen Mehrwertsteuer abrücken will, muss diesunserer Meinung nach zumindest plausibel und aus unserer sozialen Verantwortung herausbegründbar sein.Wesentliches Kriterium für die Einführung von Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer war, dasses sich um „Waren des täglichen Bedarfs“ handelt, die zum Leben notwendig sind.Lebensmittel erfüllen dieses Kriterium mehr als jedes andere Produkt, so dass hier ein 2ermäßigter Mehrwertsteuersatz nicht nur sinnvoll, sondern letztlich auch sozialpolitischgeboten ist. Nicht zuletzt die Verfassung verlangt nach dem Schutz unserer Kinder undJugendlichen und schreibt uns eine Verantwortung für ihr körperliches und seelisches Wohl zu.So lange es also vergünstigte Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer gibt, müssen Lebensmittel,und damit mittelbar auch das Schulessen für alle Kinder, dazu gehören. In der Liste derProdukte mit vergünstigtem Mehrwertsteuersatz findet sich neben allerhand Absurditätensicher auch Sinnvolles. Aber etwas ähnlich Grundlegendes wie die warme Mittagsmahlzeit fürSchulkinder gibt es hier kaum. Die Tatsache, dass ungesundes Fastfood im Außerhausverkaufniedriger besteuert wird als gesundes Schulessen setzt dem Ganzen meiner Meinung nach dieKrone auf. Dies ist ganz einfach nicht mehr zu vermitteln. Auch der SSW fordert daher, dasssich die Landesregierung im Bundesrat schnellstmöglich für mehr Gerechtigkeit bei derMehrwertsteuer einsetzt.Für die Kinder, deren Eltern ganz einfach nicht fähig oder nicht willens sind, ihren Sprösslingeneine warme Mahlzeit in der Bildungseinrichtung zu ermöglichen, wurde im Jahr 2008 imRahmen der „Offensive gegen Kinderarmut“ das Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“ ins Lebengerufen. Wie wir alle wissen, wurde die Finanzierung zunächst für die voraussichtliche Dauerder 16. Legislaturperiode sichergestellt. Die von Minister Garg für das gesamte Jahrzugesicherte Fortführung ist angesichts des unverändert hohen Bedarfs auch dringendnotwendig und wird von uns ausdrücklich begrüßt.Aus Sicht des SSW fällt die Verpflegung unserer Kinder in den Bildungseinrichtungen in denAufgabenbereich der öffentlichen Hand. Die warme Mahlzeit für Schul- und KiTa-Kinder mussvöllig unabhängig vom Geldbeutel der Eltern sichergestellt sein und das Projekt dringenderhalten werden. Wir fordern den Minister auf, bei der notwendigen weiteren Behandlung desThemas im zuständigen Ausschuss auch konkrete Zahlen folgen zu lassen. Die Weiterführungdes Projekts ist übrigens völlig unabhängig von der ausstehenden Neuberechnung der 3Regelsätze für Hartz-4-Empfänger notwendig. Nach Meinung des SSW ist es unverantwortlich,auf die vermeintlich bedarfsgerechteren SGB II-Sätze für Kinder zu warten, um das Projektdann einstampfen zu können. Es greift schon allein deshalb zu kurz, weil uns die Praxis genauzeigt, wie sehr auch Geringverdienende auf Hilfen aus dem Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“angewiesen sind.Eines muss uns in diesem Zusammenhang sehr bewusst sein: Hier geht es um nicht wenigerals die Erfüllung eines absoluten Grundbedürfnisses, mit dem nicht selten auch die konkretenBildungs- und Zukunftschancen der Kinder verbunden sind. Und dies alles bei einemvergleichsweise überschaubaren finanziellen Aufwand für das Land Schleswig-Holstein. Inmeiner Rede zur Einrichtung des Sozialfonds im Oktober 2007 habe ich bereits verdeutlicht,dass wir es hier mit einem Volumen von rund 6 Millionen Euro zu tun haben. Mit Blick auf diekommenden Haushaltsberatungen möchte ich daher deutlich sagen, dass hier unter keinenUmständen gespart werden darf. Denn auch wenn dieses Hilfsangebot bei weitem nicht alleBedürftigen erreicht – es kommt zumindest dort, wo es angeboten wird, zu 100 Prozent beidenen an, die es brauchen.