Siegrid Tenor-Alschausky zu TOP 20: Kinder nicht ausgrenzen, Mittagessen sicherstellen
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 16.06.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 20, a) Weiterführung des Projekts „Kein Kind ohne Mahlzeit“ + b) Ermäßigter Mehrwertsteu- ersatz auf Schulessen (Drucksachen 17/539, 17/540 + 17/553)Siegrid Tenor-Alschausky:Kinder nicht ausgrenzen, Mittagessen sicherstellenKönnen Sie sich folgende Situation vorstellen: In einer Kita-Gruppe wird gemeinsam der Tisch gedeckt, die Kinder waschen sich die Hände, 17 setzen sich dann zum Es- sen, vier Kinder werden in den Nebenraum geführt… Sie erhalten kein warmes gesun- des Essen, denn ihre Eltern können nicht zahlen. Möchten Sie eines dieser von der Gemeinschaft ausgegrenzten Kinder sein? Hunger haben? Möchten Sie die Aufgabe der Erzieherin übernehmen, die Kinder zu sortieren?Um diesem unhaltbaren Zustand abzuhelfen, hat die Koalition von CDU und SPD das Landesprogramm „Offensive gegen Kinderarmut“ aufgelegt und mit massiver Un- terstützung der Stiftung „Familie in Not“ das Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“ gestar- tet. Seit Beginn des Programms im Februar 2008 wurden mehr als 15.000 Anträge po- sitiv beschieden, Fördermittel von 2,25 Mio. Euro ausgeschüttet. Im laufenden Kinder- gartenjahr nehmen 5.290 Kinder teil. Das Projekt war von der Großen Koalition bis zum ordentlichen Ende der Legislaturperiode finanziert.Minister Dr. Garg hat in der Sozialausschusssitzung am 20.4. dieses Jahres mitgeteilt, sein Haus arbeite an der Fortführung des Programms bis zum Jahresende. Ist damit sichergestellt, dass alle Kinder an den Mahlzeiten in den Kitas teilnehmen können? Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber auferlegt, ab dem 1.1.2011 dieHerausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-Regelsätze für Kinder neu festzusetzen und sie nicht mehr prozentual vom Erwachse- nenregelsatz abzuleiten, sondern nach kinderspezifischen Bedarfen zu berechnen und festzusetzen.Wir fragen die Regierung: Wie wird sichergestellt, dass keine Lücke bei der Versor- gung der bedürftigen Kita-Kinder entsteht? Wie werden zusätzliche Anstrengungen von Kommunen und Stiftungen in Kitas gefördert, um gemeinsam mit den Landesmit- teln noch entschiedener zu helfen? Wird die Landesregierung Einfluss nehmen, um si- cherzustellen, dass der eigenständige Kinderregelsatz auskömmlich ist und Kosten für die Mittagsverpflegung in Kitas und Ganztagsschulen berücksichtigt?Das leitet über zum Skandal des Mehrwertsteuersatzes von 19 Prozent auf Schules- sen. Der Europäische Gerichtshof und der Bundesfinanzhof haben in den letzten Jah- ren Urteile zur Frage der Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken gefällt. Eine mit 19 Prozent zu besteuernde Leistung liegt demnach vor, wenn neben der Abgabe von Speisen noch andere Dienst- leistungen erbracht werden, die das Lieferelement qualitativ überwiegen. Dazu gehö- ren auch die Bereitstellung von Tischen, Stühlen, Geschirr und Besteck sowie die Rei- nigung dieser Gegenstände.Diese Bestimmungen führen dazu, dass Mahlzeiten in Schulkantinen mit 19 Prozent, Essen vom Imbissstand dagegen nur mit 7 Prozent Mehrwertsteuer belegt sind. Abhil- fe sollte nun nach Meinung mehrerer Unionspolitiker dadurch erfolgen, dass die Schul- vereine oder Schülerinnen und Schüler die Essensausgabe vornehmen. Eine Vorstel- lung, bei sich mir die Nackenhaare sträuben. So werden ordentliche Arbeitsplätze ge- rade für Geringqualifizierte abgebaut und durch Ehrenamtliche ersetzt. Das kann nicht der richtige Umgang mit den Problemen der unterschiedlichen Mehrwertsteuer- sätze sein. -3-Wir haben in den vergangenen Jahren mehrfach über die nicht nachvollziehbaren Sätze diskutiert, die z.B. eine siebenprozentige Mehrwertsteuer auf Tierfutter und Schnittblumen, aber eine neunzehnprozentige auf Babywindeln, Medikamente und eben auf Kantinen- und Schulessen vorsehen. Änderungen wurden nicht vorgenom- men. Auch die Große Koalition auf Bundesebene hat hier leider nichts zustande ge- bracht.Dass es aber geht, und zwar im wahrsten Sinne über Nacht, haben die Beschlüsse der CDU/FDP-Koalition auf Bundesebene unter Beweis gestellt. Wenn ein politischer Wille besteht, dann können Mehrwertsteuersätze rasch geändert werden, wie der ermäßigte Satz für Hotelübernachtungen zeigt. Eltern, Kinder und Jugendliche, die Schulträger brauchen den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für das Schulessen; wir fordern die Landesregierung auf, entsprechende Initiativen sofort aufzugreifen!