Icon Hinweis

Unsere Website befindet sich zurzeit im Umbau. Es kann zu kürzeren Ausfällen oder einer ungewohnten Darstellungsweise kommen.

Wir beeilen uns! Vielen Dank für Ihr Verständnis!

Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
21.05.10
12:34 Uhr
SPD

Rolf Fischer zu TOP 29: Im Mittelpunkt des Handelns muss der Mensch stehen

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 21.05.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 29, Abschiebungen in das Kosovo aussetzen – Roma und Ashkali dürfen nicht in eine unzumutbare Situation abgeschoben werden (Drucksache 17/520)

Rolf Fischer:

Im Mittelpunkt des Handelns muss der Mensch stehen

Die Republik Kosovo ist kein Staat in unserem Sinne. Noch immer ist Demokratie ein Fremdwort. Noch immer werden Menschenrechte dort mit Füßen getreten, noch immer regieren Willkür und Gewalt. Es fehlen Arbeitsplätze und Arbeit, es fehlen Wohnun- gen und Schulen, es fehlen Sicherheit und Selbstbestimmung, es fehlt eine wirklich unabhängige Justiz, ein funktionierender öffentlicher Dienst, es fehlt eine wirklich freie Presse. Vor allem: Es fehlt jede Infrastruktur, ja jedes Interesse zur Eingliederung die- ser Menschen.

Und in diese Welt schicken wir Menschen, die vielfach hier in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten eine Heimat gefunden haben. Das ist kaum erträglich und nicht hinnehm- bar! Und deshalb ist die Abschiebung der Roma-Familien ins Kosovo auszusetzen und zurückzunehmen.

Dabei geht es um mehr als nur ein Minderheitenproblem, um mehr als die Integrati- on einer ethnischen Gruppe, es geht um ein europäisches, ein europapolitisches Prob- lem erster Güte, denn wie die EU mit der Gruppe der Sinti und Roma umgeht, ist längst ein Problem europäischer Demokratie und Glaubwürdigkeit. Nicht nur im Kosovo wird diese Gruppe unterdrückt, diskriminiert, ausgegrenzt; auch in Italien, Un- garn, Bulgarien, auch in Frankreich und Griechenland und vielen anderen Ländern.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Zehn bis 12 Mio Menschen zählen zu dieser Minderheit, und es gibt Hinweise, dass diese Zahl noch höher ist, da sich nicht alle Menschen aus Angst zu ihrer Volksgruppe bekennen. Die Integration dieser Menschen ist also eine große Herausforderung eu- ropäischer Politik, und noch hat es Europa nicht geschafft, diese Frage wirklich zu re- geln. Trotz guter Ansätze, trotz guter Richtlinien, Verordnungen oder Zielsetzungen, die beschlossen wurden.

Noch immer leben die Roma am Rande der Gesellschaft, am Rande der Städte, in Slums, in Ghettos und in Lagern. Und auf den Photos, die wir sehen und die uns be- rühren, bilden Müllhalden und der Schrott unserer Wegwerfgesellschaft den makabren Hintergrund. Zustände, die der Menschenrechts-Kommissar des Europarates als „schwerwiegendstes humanitäres Menschenrechtsproblem in Europa“ bezeichnete.

Und weil das so ist, kommt den Nationalstaaten und ihrer Politik für Sinti und Roma ei- ne besondere Bedeutung und Verantwortung zu. Um diese Verantwortung geht es, wenn wir heute über das sog. „Rückübernahmeabkommen“ zwischen der Bundesre- publik und dem Kosovo sprechen.

Diese Verantwortung zwingt uns dazu, gegen diese Abschiebungsmaßnahmen zu sein, dafür zu streiten, dass dieses Abkommen nicht umgesetzt wird, dafür zu streiten, dass diese Menschen bleiben können. Wir wissen, dass es in Niedersachsen Fälle von Kirchenasyl für Roma-Familien gibt, ich persönlich unterstütze diese Form von Schutz und Hilfe, sie ist ein mutiger Ausdruck unserer historischen Verantwortung ge- genüber den Roma; aber sie macht auch deutlich, dass sich die Helfer selbst in einem rechtsunsicheren Raum bewegen, wenn sie helfen wollen.

All das ist schwierig und zeigt die rechtliche und moralische Komplexität dieses Prob- lems. Doch bei aller Kompliziertheit: Im Mittelpunkt des Handelns muss der Mensch -3-



stehen, müssen die Roma und die anderen Gruppen stehen, die nun abgeschoben werden sollen. Die etwa 14.000 betroffenen Personen bedürfen unserer Hilfe; und ich begrüße es durchaus, dass es in Schleswig-Holstein bisher wohl keine Abschiebungen von Roma gegeben hat.

Trotzdem gilt: Dieses Abkommen darf nicht umgesetzt werden, wir sind es nicht nur unserer historischen Verantwortung schuldig, sondern auch unserer Vorstellung eines zukünftigen Europa der Menschenwürde und der Humanität.