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19.05.10
13:55 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold zu Schuldenbremese

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 6 – Schuldenbremse Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt die finanzpolitische Sprecherin Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Monika Heinold: Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 268.10 / 19.05.2010

Nachhaltige Finanzpolitik ist nicht die Gefährdung der Daseinsvorsorge, sondern Gestaltung der Zukunft
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
die Rahmenbedingungen für die Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfas- sung sind denkbar schlecht: Milliardenschwere Zinslasten, steigende Pensionsverpflich- tungen, wachsende Sozialausgaben, Investitionsbedarf in Bildung- und Klimaschutz, schlummernde Risiken in der HSH Nordbank und absehbar niedrige Wachstumsraten.
Und dennoch: Wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit gekommen, um umzusteuern, um ei- nen Riegel davor zu schieben, dass wir permanent auf Kosten der nächsten Generation leben.
Es ist weder nachhaltig noch generationengerecht, unseren Kindern und Enkeln einen milliardenschweren Schuldenberg zu übergeben, garniert mit ungedeckten Pensions- schecks und maroden Schulen und Universitäten. Griechenland muss uns wachrütteln, es ist allemal besser, selbst die Notbremse zu ziehen, statt später fremd bestimmt zu werden.
Das Alarmsignal steht in Schleswig-Holstein schon lange auf rot. Seit Jahrzehnten be- zahlt das Land seine Zinsen mit neuen Schulden, und ich sage dieses durchaus selbst- kritisch, denn auch in neun Jahren rot-grüner Regierungsverantwortung wurden zirka sieben Mrd. Euro Schulden gemacht. Und das, obwohl wir in Berlin wie in Kiel mitregiert haben und die Weichen hätten anders stellen können.



Seite 1 von 4 Seien wir also ehrlich: Erstens: Wäre der Bundestag nicht vorgeprescht und hätte die Schuldenbremse auch für die Länder verpflichtend ins Grundgesetz geschrieben, würden wir heute wohl nicht die Kraft für eine Verfassungsänderung aufbringen.
Und zweitens: Mit der heutigen Verfassungsänderung beschließen wir noch keinen Sa- nierungsplan, sondern erst einmal nur eine Absichtserklärung.
Auf dem mühsamen Weg der Schuldenabstinenz befindet sich das Land erst in dem Stadium, in dem sich ein Alkoholiker in einem lichten Moment schwört, ab morgen nicht mehr zu trinken.
Wie dornig der Weg hin zu einer nachhaltigen Finanzpolitik sein wird, kann man aus der von meiner Fraktion vorgelegten Haushaltsanalyse ablesen: Auch bei ehrgeizigen Sparmaßnahmen ist die Schuldenbremse allein durch Sparen nicht einzuhalten, es sei denn, Klimaschutzziele, Bildungerechtigkeit und der soziale Frieden werden in Frage gestellt.
Für uns Grüne heißt nachhaltige Finanzpolitik aber nicht Gefährdung der Daseinsvor- sorge, sondern Zukunftsgestaltung: -> Wer nicht in Klimaschutz investiert, wird überflutet werden, -> wer nicht in Bildung investiert, baut ein Haus auf Sand und -> wer die Kommunen aushungert, gefährdet die Demokratie.
Deshalb muss es neben spürbaren Sparmaßnahmen auch Einnahmesteigerungen in Form von Steuererhöhungen geben. Statt den sozialen Frieden zu gefährden, müssen große Privatvermögen höher besteuert werden, die Grunderwerbsteuer muss angeho- ben werden, um die vorschulische Bildung zu stärken, und der Solidaritätsbeitrag muss erhalten und in einen Fonds für Bildung und Altschulden überführt werden.
Außerdem muss sich die Bundesregierung zwingend und massiv für regulierte Finanz- märkte und für eine Finanztransaktionssteuer einsetzen, wir dürfen es nicht zulassen, dass skrupellose SpekulantInnen weltweit die öffentlichen Kassen ruinieren.
Meine Damen Herren, wer den Weg der Steuererhöhungen nicht gehen will, der muss konkrete Alternativen aufzeigen, denn zukünftig ist es nicht mehr erlaubt, auf das Prinzip Hoffnung zu setzen und die Finanzierung der Staatsaufgaben der zukünftigen Generation aufzubürden.
Wir Grüne haben 2009 als erste Landtagsfraktion einen eigenen Gesetzentwurf für die Schuldenbremse vorgelegt, und dementsprechend ist es konsequent, dass wir heute der Verfassungsänderung zustimmen.
Bedanken möchte ich mich bei den anderen Fraktionen, denn es ist in konstruktiven Verhandlungen gelungen, die drei zentralen Forderungen meiner Fraktion in den vorlie- genden Gesetzentwurf aufzunehmen.
So darf die Schuldenbremse nicht einseitig zu Lasten der Kommunen umgesetzt wer- den, die Höhe der bis 2020 noch erlaubten Verschuldung wird nicht mehr an Investitio- nen in Beton festgemacht, sondern kann auch Bildungsinvestitionen umfassen und die Landesregierung ist aufgefordert, bei der Mitwirkung von Bundes- und europäischer Gesetzgebung die Vorgaben der Schuldenbremse zu berücksichtigen.

2 Damit ist die Verfassungsänderung gut austariert, und besser als die bisher im Grund- gesetz vorgesehene Regelung.
Ein Armutszeugnis ist es hingegen, dass die Landesregierung trotz stetiger Mahnung bis heute keine Finanzplanung für die nächsten zehn Jahre vorlegt.
Herr Ministerpräsident, Parlament und Öffentlichkeit hätten einen Anspruch darauf gehabt, vor der Verfas- sungsänderung zu wissen, was aus Sicht der Landesregierung ganz konkret auf das Land zukommt.
Es ist doch kein Zufall, sondern es sind taktische Klimmzüge, wenn das Ergebnis Ihrer schwarz-gelben Haushaltsstrukturkommission just eine Woche nach der Verfassungs- änderung kommt.
Unser Grünes „Ja“ zur Verfassungsänderung ist kein „Ja“ für die kommenden schwarz- gelben Sparvorschläge, sondern es ist ein „Ja“ für eine nachhaltige Finanzpolitik. Wir werden alle Sparvorschläge ergebnisoffen prüfen, denn die Menschen im Land sind es leid, von der Opposition mit leeren Versprechungen überhäuft zu werden, die – kaum in Regierungsverantwortung – nichts mehr Wert sind.
Am besten ist das am Beispiel der FDP zu sehen, die im Bund wie im Land alle populis- tischen Wahlversprechen wieder einkassieren muss, weil diese offensichtlich unseriös sind. So war die FDP in der Opposition gegen Kürzung beim Weihnachts- und Urlaubs- geld, gegen Mehrarbeit für BeamtInnen, gegen den Eingriff in den kommunalen Fi- nanzausgleich, gegen die Schließung von Finanzämtern und Amtsgerichten, gegen ei- ne Auflösung des Polizeiorchesters und so weiter und so weiter.
Heute ist von all dem nichts übrig geblieben. Der Tiger, der als Bettvorleger landete, trägt die Farbe gelb.
Meine Damen und Herren, wenn wir unser Land zukunftsfest umbauen wollen, dann müssen wir die großen Struk- turen ändern, statt mit kleinteiligen Sparvorschlägen soziales und kulturelles Engage- ment und ehrenamtliche Strukturen zu zerschlagen.
Wer sich vor der Nordstaatdebatte drückt und gleichzeitig den Kindertagesstätten die Mittel zusammenstreicht, sitzt in einem Dampfer mit Rückwärtsgang.
Wer Schulsysteme aus ideologischen Gründen verkompliziert und verteuert, sollte lie- ber Kartoffeln ernten statt das Land zu regieren!
Herr Ministerpräsident, halten Sie nicht krampfhaft an veralteten Verwaltungs- und Machtstrukturen fest, drü- cken Sie sich nicht vor den zentralen Weichenstellungen: -> Drei kommunale Verwaltungsebenen sind für ein kleines Land wie Schleswig- Holstein zu viel, -> die Option Nordstaat muss ernsthaft geprüft werden, -> mehr als zwei Schulformen sind weder wirtschaftlich noch demographiefest, -> eine Bundessteuerverwaltung führt zu erheblichen Mehreinnahmen und -> eine Wahlkreisreform zur Reduzierung der Anzahl der Abgeordneten ist überfällig.
Das sind die großen Baustellen, bei denen die schwarz-gelben Sparhelden ihre Mus-
3 keln mal richtig spielen lassen können.
Aber auch andere Stelle dürfen die schwarz-gelben Herren nicht auf Tauchstation ge- hen: -> StaatssekretärInnen brauchen keine eigenen FahrerInnen, -> MinisterInnen und StaatssekretärInnen müssen ihre goldenen Spatzierstöcke gegen eine eigene Altersversorgung eintauschen, -> Abgeordnete können sich bei Ausschussreisen einschränken und ein großes Spar- paket muss auch Kürzungen der Fraktionsmittel beinhalten.
Dieses sind zwar kleine Sparerbsen, aber sie haben hohe Symbolkraft. Symbolkraft im negativen Sinne haben aber auch Steuergeschenke, die zum finanziellen Aderlass von Land und Kommunen führen.
Wenn zwei Drittel der neu prognostizierten Steuerausfälle der Länder hausgemacht sind, weil Steuerrechtsänderungen nicht gegen finanziert wurden, dann ist das ein Skandal.
In den Schulen fällt der Putz von der Decke und auf Hoteliers und reiche Erben prasselt der Goldregen nieder – das ist die bittere Realität schwarz-gelber Steuerpolitik.
Meine Damen und Herren, mit der heutigen Verfassungsänderung muss ein für alle mal klar sein, dass die Lan- desregierung zukünftig im Bundesrat knallhart gegen jeden ungedeckten Steuerscheck stimmt.
Wenn nicht, werden wir dafür sorgen, dass es im ganzen Land ein Sturm der Entrüs- tung gibt, der Carstensen und Kubicki von der Kapitänsbrücke fegt.



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