Birgit Herdejürgen: Um Schuldenbremse einzuhalten, ist verlässliche Finanzpolitik nötig!
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 19.05.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 6, Gesetzentwürfe zur Änderung der Landesverfassung sowie Anträge zur Aufnahme der Schuldenbremse und zum Altschuldenpakt (Drucksachen 17/516, 17/517, 17/187neu, 17/529)Birgit Herdejürgen:Um Schuldenbremse einzuhalten, ist eine verlässliche Finanzpolitik nötig!Wir haben immer gesagt: Ja, wir wollen eine wirksame Regelung zur Schuldenbegren- zung. Aber wir haben bis heute Einigkeit im Parlament, eine Beschneidung der verfas- sungsmäßigen Rechte des Landes nicht ohne weiteres hinzunehmen. Wir haben bei den Beratungen über die Föderalismusreform immer betont, dass eine Schuldenbe- grenzung in die Landesverfassung gehört und uns nicht vom Bund diktiert werden kann.Beides hat uns geleitet, entsprechende Anträge einzubringen. Wir haben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir diese als Grundlage für eine ausführliche Diskussion dieser Verfassungsänderung verstanden wissen wollen.Der Erfolg der Klage liegt uns insofern natürlich am Herzen. Somit haben wir für die Verfassung - der Anhörung folgend - einer Formulierung zugestimmt, die sich nah an die grundgesetzliche Regelung anlehnt.Was die Menschen zurzeit umtreibt ist das, was an Kürzungen unmittelbar bevorsteht. D.h. die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und den Ländern beschreibt den Abbaupfad bis 2020 und verpflichtet nicht nur diese, sondern auch künftige Regie- rungen.Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-Vor knapp einem Jahr habe ich hier im Landtag gesagt, dass sich die SPD nicht ver- schließen wird, harte Einschnitte vorzunehmen und diese auch öffentlich zu vertre- ten. Dazu gehört aber auch, dass der Vertragspartner Bund die Bemühungen Schles- wig-Holsteins nicht konterkariert.Auf Initiative der SPD-Landtagsfraktion wird der Landtag deshalb gemeinsam mit der Schuldenbremse eine Resolution beschließen, die deutlich macht: Wir fordern eine verlässliche Finanzpolitik, damit wir die Ziele der Schuldenbremse realistisch umsetzen können. Eine Gesetzgebung des Bundes, die nicht zu Lasten der Länder geht, klare Umsetzung von Prioritäten im Landeshaushalt und die Verbesserung der Einnah- men – nur mit allen drei Punkten werden wir den Haushalt des Landes ins Gleichge- wicht bringen können.In der Expertenanhörung ist auch prognostiziert worden, dass es vor 2020 zu einem weiteren Aufschlag der Föderalismuskommission kommen wird, bei dem das Thema Konnexität aus unserer Sicht erneut diskutiert werden muss. Mit der Souveränität des Landes in Haushaltsangelegenheiten ist es nicht weit her, wenn der Bund Schleswig- Holstein immer neue Belastungen aus Bundesgesetzen aufbürden kann. Hier ist die Landesregierung klar gefordert, im Bundesrat Rückgrat zu zeigen und dagegen zu hal- ten. Das gleiche gilt für die Steuerentwicklung.Wir haben kein Geld mehr für Zahlenspielereien, die das Geld von unten nach oben verteilen. Der Bund sollte nicht das Recht haben, Steuersenkungen zu Lasten von Ländern und Kommunen zu beschließen wenn er nicht bereit ist, die Mindereinnahmen netto auszugleichen. Also ein klares Nein zu Steuersenkungen. Im Gegenteil sollte man ernsthaft über gezielte Anhebung von Steuern dort nachdenken, wo das beste- hende Steuer- und Abgabensystem die ungerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland zementiert: -3-• Auf EU-Ebene übereinstimmende Mindestsätze für Unternehmenssteuern wür- den dafür sorgen, dass Wettbewerb über die Qualität ausgetragen wird, nicht über den Ruin des Staates. • Wir bekennen uns zur bewährten progressiven Einkommensteuer. • Eine Umgestaltung des Steuerrechts (Stichwort „Splitting“), um die Anreize für sozialversicherungs- und steuerpflichtige Berufstätigkeit von Ehefrauen zu erhöhen, hebt die Qualifikations-Ressourcen und macht unsere Gesellschaft ein großes Stück fairer und gleicher. • Wir wollen eine gerechte Besteuerung von großen Vermögen und Erbschaften. • Wir fordern eine Transaktionssteuer, mit der Spekulationen auf den Finanzmärk- ten beschränkt werden. In dieser Frage bewegt sich offenbar auch die CDU. Das freut uns natürlich sehr. • Und wir brauchen eine ökologische Reform der Besteuerung, beispielsweise durch einen weiteren Abbau umweltschädlicher Subventionen.All das schafft Spielräume, die wir brauchen, um gezielt in die Zukunft zu investieren.Ich möchte noch einmal auf die Altschuldenregelung zurückkommen, über die wir hier im Landtag schon viel gesagt haben: Sie war auf Bundesebene bisher nicht durchsetzbar, ist – für uns – aber keineswegs vom Tisch. Schleswig-Holstein darf im Jahr 2020 gegenüber anderen Bundesländern nicht weiter ins Hintertreffen geraten. Und wir gehen davon aus, dass noch weitere Bundesländer ein hohes Interesse an ei- nem fairen Ausgleich und an gleichen Startchancen im föderalen Vergleich haben. Auch hier der Hinweis auf sicherlich noch folgende Runden der Föderalismuskommis- sion.Wenn wir uns auf Kürzungen, auf Personalabbau verständigen, muss dies sehr ver- antwortungsvoll im Einklang mit den Aufgaben passieren. Dies zu vermitteln ist eine gemeinsame Anstrengung des gesamten Parlaments. -4-Wir haben im Bildungsbereich bereits in der letzten Wahlperiode mit dem Bildungspakt Reduzierungen beim Lehrerpersonal akzeptiert, wenn die Zahl der Schülerinnen und Schüler zurückgeht: Aber wir haben auch immer deutlich gemacht, dass die so ge- nannte Demographie-Rendite auch der Qualitätssteigerung dienen muss. Gemessen an den reinen Schülerzahlen könnten im Zeitraum 2011 bis 2020 schrittweise rund 4.200 Lehrerstellen abgebaut werden. Vereinbart wurde damals, dass von diesen Stel- len rund 1.300 im System bleiben, um den Systemwechsel zu unterstützen. Bildung ist so ziemlich die einzige Ressource, die wir in Deutschland haben. Deshalb ist es folge- richtig, dass wir in Bildung investieren.Es ist nett, dass die CDU-Fraktion zu Gesprächen mit der Opposition bereit ist. Wir haben dies schon im März signalisiert. Bisher gibt es aber noch nichts zu diskutieren.Natürlich heißt unsere Zustimmung zur Schuldenbremse nicht, dass wir kommentarlos akzeptieren, was ein kleiner Zirkel außerhalb jeder parlamentarischer Legitimation vor- legt.Genau wie die Regierung sich Zeit lässt mit der Vorlage ihrer Giftliste (wie der Kollege Arp das bezeichnet), werden wir die Vorschläge mit der nötigen Sorgfalt prüfen und ei- gene Vorschläge vorlegen. Wir werden Prioritäten, aber auch Nachrangigkeiten be- nennen. Und wir werden Vorschläge entwickeln, an welcher Stelle wir Strukturen verändern müssen. Bezogen auf unseren Schwerpunkt Bildung heißt das, auf diesen Firlefanz eines Nebeneinander von Systemen zu verzichten, die mehr kosten und bei den Betroffenen zu viel mehr Verunsicherung führen.In der Vergangenheit gab es einen gewissen Automatismus, Ausgabensteigerungen über Kredite zu finanzieren. Das sage ich durchaus selbstkritisch. Dadurch sind wir in der absurden Situation, dass wir in den vergangenen 40 Jahren genauso viel Kredi- -5-te aufgenommen haben, wie wir im selben Zeitraum an Zinsen gezahlt haben. Es ist also eine Illusion zu glauben, wir hätten Spielräume gewonnen. Eigentlich sollte es so sein, dass wir Aufgaben definieren und auf dieser Basis bestimmen, wie hoch die Ein- nahmen, also das Steueraufkommen sein muss.Steuererhöhungen sind unpopulär. Wenn eine zusätzliche Aufgabe immer öffentliche Diskussionen über Steuererhöhungen auslösen würde, hätten wir auch mehr Diskus- sionen über die wirkliche Bedeutung dieser Aufgaben und die Struktur mancher Haus- halte würde vermutlich anders aussehen als heute.Zukunftsvorsorge bedeutet Stabilisierung des Schuldenstandes. Zukunftsvorsorge ist aber auch staatliche Aufgabenerfüllung in den beschriebenen Bereichen. Eine Schul- denbremse allein macht keine Politik. Politisch wird es bei ihrer Ausgestaltung.