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19.05.10
10:34 Uhr
Linke

Rede von Antje Jansen zur Aktuellen Stunde "Zukunft der Kindertagesstätten"

Jannine Menger-Hamilton Presseinformation Pressesprecherin Rede von Antje Jansen zu TOP 1 – Aktuelle Stunde DIE LINKE Fraktion im Schleswig- Holsteinischen Landtag Es gilt das gesprochene Wort. Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Kiel, 19. Mai 2010 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 jannine.menger- hamilton@linke.ltsh.de www. linksfraktion-sh.de


Rede von Antje Jansen zur Aktuellen Stunde „Zukunft der Kindertagesstätten“ – „Deckelung ist faktische Senkung der Standards per Beschluss.“
„Herr Präsident, meine Damen und Herren, draußen vor dem Landtag demonstrieren Kinder mit ihren BetreuerInnen, versammeln sich Eltern- vertreter, Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften des Aktionsbündnisses „Kürzt den Kindern nicht die Zukunft!“ gegen Kürzungen und Streichungen, die die Landesregierung im Kitabereich durchset- zen will. Da trifft es sich unerfreulich aber eben doch passend: Erst gestern haben wir in der Zeitung die Ergebnisse des gerade veröffentlichten neuen „Kindergarten-Monitors 2010“ präsentiert bekom- men. Bei den Kita-Kosten für junge Familien nimmt das Land Schleswig-Holstein im Bundesver- gleich eine Spitzenreiterrolle ein. Unter den hundert größten Städten Deutschlands nehmen Kiel, Flensburg und Lübeck bei Familien mit einem Kind und mittlerem Einkommen die bitteren Positio- nen 93, 96 und 99 ein.
Der Ministerpräsident hat erklärt: „Wir müssen raus aus den Schulden, wenn wir die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder sichern wollen.“ Und stellt sich damit hinter Pläne, deren Verwirklichung sich ganz unmittelbar und vernichtend auf die Zukunftschancen eben dieser Kinder und Enkelkinder auswirken wird.
Der Vorsitzende der Landeselternvertretung hat Anfang Mai festgestellt: „Wir haben ein frühkindli- ches Bildungsnotstandsgebiet in Schleswig-Holstein.“
Und er hat damit ja nicht das gemeint, was uns die Landesregierung und ihre Mehrheit im Landtag erst noch zumuten wollen. Sondern er hat damit den traurigen Ist-Zustand beschrieben, wie er sich durch die seit 2004 laufende faktisch jährliche Mittelkürzung herausgebildet hat, denn genau so, als Kürzung, wirkt sich die Deckelung der Landesmittel bei jährlichen 60 Millionen Euro natürlich aus. Die Kosten wurden ja nicht mit gedeckelt. Jede neue Kita-Gruppe, die entsteht, wirkt sich unter solchen Umständen als weitere Umverteilung des Missstands aus.
Man muss ja auch nur die Qualitätsstandards in den Kitas nach unten öffnen, am Betreuungsschlüssel drehen, die Gruppengrößen ein wenig erhöhen – und schon hat man einen schönen Sparschnitt gemacht. Sollen doch die Kommunen die Löcher stopfen. Fragt sich nur wie, wenn ihnen neben der Krise auch noch die schwarz-gelbe Steuerpolitik die Mittel entziehen. Oder: Sollen doch die Eltern höhere Kitabeiträge zahlen, wenn sie denn unbedingt an den Zukunftschancen ihrer Kinder festhalten wollen.
Die da draußen vor den Türen des Landeshauses haben angekündigt, Ihnen den Bildungsauftrag zurückgeben zu wollen, weil sie diesen Bildungsauftrag unter den von Ihnen gesetzten Bedingungen nicht mehr erfüllen können. Natürlich bleibt das eine symbolische Geste. Eltern, ErzieherInnen und Einrichtungsträger werden ja nicht wirklich die übernommene Verantwortung für die Betreuung und die Zukunft der Kinder abgeben. Im Gegenteil: es ist die Landesregierung, die sich hier aus der Verantwortung stehlen will!
Denn was ist die geplante Einsparung von 35 Millionen Euro durch die Streichung des beitragsfreien dritten Kitajahres anderes als der Rückzug aus der Bekämpfung der Kinderarmut. Das Bundesland Rheinland-Pfalz geht gerade den umgekehrten Weg. Dort wurde die Beitragsfreiheit für alle drei Kitajahre eingeführt.
Der „Kindergarten-Monitor“ hat mit Stand vom März 2010 festgestellt, dass sich die Zahl der Länder mit einem beitragsfreien dritten Kitajahr inzwischen auf neun von sechzehn erhöht hat. Die Studie beschreibt das als eine positive Entwicklung. Und was tun Sie? Ihre Haushaltsstrukturkommission schnappt sich die Heckenschere und kappt das mal so eben.
Das Begehren und die Mobilisierung des Aktionsbündnisses „Kürzt den Kindern nicht die Zukunft“ sind offensichtlich notwendig. Die Ängste um die Qualitätsstandards für die Kitas sind offensichtlich berechtigt. Sie haben bisher nichts getan, um diese Ängste zu zerstreuen. Die Fraktion DIE LINKE stellt sich entschieden hinter die Forderungen des Aktionsbündnisses.
Es hat schon etwas Merkwürdiges an sich: Da werden – nicht zuletzt als Reaktion auf den Pisa- Schock – hehre Ziele formuliert, es sollen zehn Prozent für die Bildung aufgewendet werden. Da klagt die Wirtschaft schon jetzt, dass ihr der ausreichend qualifizierte Nachwuchs für die beruflichen Ausbildungsplätze ausgeht. Da schreit es an jeder beliebigen Textstelle nur immer: Bildung, Bildung, Bildung. Manchmal klingt einem das schon wie ein Mantra in den Ohren. Und es ist natürlich doch richtig. Aber was droht hier in Schleswig-Holstein? Hier soll ausgerechnet in dem Bereich, in dem die entscheidenden Weichen gestellt werden für die Zukunft der Kinder – soll genau da, wo die beste- hende soziale Schieflage in der Verteilung der Lebenschancen noch am ehesten angegangen werden kann, mit scharfem Schnitt gekürzt werden. Einen falscheren Spielplatz für Sparphantasien kann man sich wohl gar nicht ausdenken.
Eine Senkung der Kita-Standards, ganz egal ob durch Kahlschlagbeschlüsse oder in einer schlei- chenden Form durch Kostendeckelung, wo mehr Geld notwendig ist, würde aus frühkindlicher Förderung und Bildung schlicht wieder Aufbewahrung machen. Über kurz oder lang würde uns das zurückwerfen in die fünfziger Jahre. Wir, die Fraktion DIE LINKE, wollen das nicht. Und Sie können das eigentlich auch nicht wollen.
„Uns reicht’s!“, sagt das Aktionsbündnis „Kürzt den Kindern nicht die Zukunft“ – und es reicht tatsächlich. Nehmen Sie die vier Forderungen der Wohlfahrtsverbände, der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften ernst. Nehmen Sie die Forderungen der Kinder und ihrer Eltern ernst!
Keine Streichung des beitragsfreien Kitajahres – sondern Familien entlasten!
Keine Kürzung der Landesmittel – die auskömmliche Finanzierung der Kitas sichern!
Ohne gute Fachkräfte geht es nicht – Arbeitsbedingungen deutlich verbessern!
Keine Verschlechterung der Kita-Standards – gleiche Chancen für alle Kinder!“