Silke Hinrichsen zu TOP 32 - Jugendkriminalität in Schleswig-Holstein - Schaffung einer Jugend-Taskforce
PresseinformationKiel, den 18. März 2010 Es gilt das gesprochene WortSilke HinrichsenTOP 32 Jugendkriminalität in Schleswig-Holstein - Schaffung einer Jugend-Taskforce Drs. 17/389Der Ton der Debatte zur Jugendkriminalität ist sachlicher geworden. Weder ist die Rede von derEinrichtung von Strafcamps noch der Erhöhung von Strafen für Kinder und Jugendliche oder vonschusssicheren Türen in Schulen.Es hat sich etwas getan, auch wenn die Hardliner dann doch nicht vom Schreckgespenst derIntensivtäter lassen wollen, die in der Frage der Prävention eine untergeordnete Rolle spielen,trotz manch anderslautender Schlagzeilen. Abgesehen davon zeugt der vorliegende Antrag vondem Willen, beim Thema Jugendkriminalität nicht zuvorderst von den Tätern zu sprechen,sondern von denen, die drohen, zum Täter zu werden.Wer jedoch Eltern womöglich mit Polizeigewalt bei den Elternsprechstunden vorführen lassenwill, versteht nicht, wie Prävention funktioniert. Darüber hinaus kommen bedauerlicherweise dieJugendlichen selbst in dem hier vorliegenden Vorschlag, der der Prävention dient, kaum vor. 2Die Frage lautet aber heute, wie es im Dialog gelingen kann, Jugendkriminalität bereits im Keimzu ersticken. Der SSW begrüßt ausdrücklich diese Hinwendung zum Präventionsgedanken undhofft, dass der Innenminister diesen Kurs beibehalten wird.Ganz offensichtlich setzt sich der Gedanke durch, dass Strafe nicht nur teuer ist, sondern auchbei weitem nicht die Abschreckung mit sich bringt, wie uns in vielen Debatten erklärt wird.Bei der vorgeschlagenen Task-Force geht es nach unserem Verständnis um die engereZusammenarbeit von Schule, Sozialarbeit und Polizei; ein Konzept, das in Dänemark seit vielenJahren in den Kommunen seinen festen Platz hat. Jede Kommune hat einen Präventiven Rat, indem Lehrer, Sozialarbeiter und Polizisten eng zusammenarbeiten. Polizisten und Sozialarbeiterkommen nicht erst zusammen, wenn es zu Gewalt oder kriminellen Taten gekommen ist,sondern pflegen den regelmäßigen Dialog untereinander und mit den Jugendlichen. Dabei wirddie Schule systematisch einbezogen als der Ort, der für viele Jugendlichen der Lebensmittelpunktist. Die Erfolge dieses engmaschigen Netzes von S wie Schule, S wie Sozialarbeit und P wie Polizeisind dabei beeindruckend.In Flensburg ist das SSP-Modell als „Synergie hoch drei“ aufgegriffen worden: der Lehrer sagt,was richtig ist, der Polizist, was falsch ist und der Sozialarbeiter hinterfragt, warum das so ist.Damit ein Gespräch zustande kommt, muss man diese Berufsgruppen allerdings erst einmalzusammenbringen; es müssen Verständnishürden und professionelle Scheuklappensystematisch thematisiert und abgebaut werden.Dieser Tage startet in Flensburg die Ausbildung von De-Eskalationstrainern. 28 Sozialarbeiter,Lehrer und Polizisten werden ab nächstem Jahr als Multiplikatoren in und um Flensburgarbeiten. Wie in einer Pyramide werden die ausgebildeten De-Eskalationstrainer an Schulen, inFreizeiteinrichtung und überall dort, wo Jugendliche anzutreffen sein, Trainer ausbilden oderberaten. So ist garantiert, dass präventive Maßnahmen genau dort ankommen, wo sie etwasbewegen: bei möglichst vielen Jugendlichen. Dieses innovative Netzwerk wurde im November 3ausgezeichnet und vom Innenminister als vorbildlich gelobt; übrigens sind auch zwei Lehrer ausSønderborg unter den 28 angehenden Trainern.Inhaltlich haben die Flensburger unter Federführung des Kriminalpräventiven Rates das dänischeModell weiterentwickelt, indem sie vor allem den handwerklichen Ansatz verfolgen. Gute,theoretische Konzepte gibt es genug, doch das direkte Training in Gruppen und dieAuseinandersetzung mit den Jugendlichen kommt oftmals zu kurz. Auch die Arbeit mit denJugendlichen, um die es hier geht, lösen bei Ungeübten schnell Frust und Abwendung aus;letzteres provozieren die Jugendlichen geradezu, damit sie in Ruhe so weitermachen können, wiebisher. Wie man mit diesem Verhalten umgeht, lernen die angehenden Trainer buchstäblich ameigenen Leib, damit die Nachhaltigkeit der Ausbildung gewährleistet ist. Das FlensburgerNetzwerk verlässt sich dabei auf die solide Arbeit der Stadtteilreviere, deren Beamte mehrmalswöchentlich in den Schulen sind. Das Ziel besteht in der Schaffung von kurzen und kürzestenWegen sowie einer einheitlichen Sprache und Problembeschreibung aller Profis.Das Rad muss also nicht neu erfunden werden – und vor allem nicht mit englischenSchlagworten „aufgehübscht“ werden. Vielmehr gilt es die Flensburger Erfahrungenauszuwerten und auf andere Städte und Landkreise in Schleswig-Holstein zu übertragen.