Rede von Heinz-Werner Jezewski zum Landesentwicklungsplan
Jannine Menger-Hamilton Presseinformation Pressesprecherin Rede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 42. DIE LINKE Fraktion im Schleswig- Es gilt das gesprochene Wort. Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Kiel, 17. März 2010 Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 jannine.menger- hamilton@linke.ltsh.de www. linksfraktion-sh.deRede von Heinz-Werner Jezewski zum Landesentwicklungsplan Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, Mit Erlaubnis beginne ich meine Ausführung hier einmal mit zwei Zitaten. Das erste lautet: „Eine Begrenzung des Wohnungsneubaus würde die Handlungsfähigkeit vieler Kommunen in den ländlichen Räumen in unverhältnismäßiger Weise einschränken. Die wohnbauliche Ent- wicklung soll prozentual nicht begrenzt werden.“ Das zweite Zitat sagt so ziemlich das Gegenteil von dem ersten, es heißt: „Beim Zentralörtlichen System übernehmen Zentrale Orte verschiedener Abstufung und Stadtrandkerne die Aufgabe, für die Bevölkerung in allen Regionen des Landes gleichwertig Wohnraum, Arbeitsplätze und Einrichtungen der Daseinsvorsorge bereitzustellen. In den Or- ten, die nicht zu diesen Schwerpunkten gehören, wird die weitere Siedlungsentwicklung be- schränkt.“ Das erste Zitat stammt aus dem Antrag, den wir hier diskutieren, aus der Feder der Fraktionen von CDU und FDP. Das zweite Zitat stammt von der Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Vielleicht kann mir ja mal jemand die Frage beantworten, wem ich hier Recht geben soll. Immerhin hat auch die Ministerin das nicht so einfach daher gesagt, sondern das Ganze sozusagen als Meinung der Landesregierung im Nachhaltigkeitsbericht der Lan- desregierung niedergeschrieben, den wir ja auch auf dieser Tagung noch behandeln werden.Ich frage mich also ,ob es von den Fraktionen, die die Landesregierung tragen, zu viel ver- langt ist, wenn man sie bittet, doch vor der Einbringung von Anträgen zuerst einmal die Mei- nung der Regierung zu den beantragten Themen zu eruieren. Ich könnte jetzt weitere Zitate bringen, die in eine ähnliche oder gar in die gleiche Richtung gehen, aber ich erspare mir das und gehe lieber konkret auf die Schwachpunkte des vorliegenden Antrages ein.In einem grundsätzlichen Punkt sind wir uns wohl alle einig, ich zitiere wieder aus dem vor- liegenden Antrag „Der Landesentwicklungsplan soll Rahmenbedingungen setzen.“ Auch der darauf folgende Punkt „Er soll weniger Vorgaben enthalten, sondern mehr Entscheidungen vor Ort und in der regionalen Planung zum Ziel haben. Er soll die Bedürfnisse der Menschen vor Ort beachten.“, dürfte wenig umstritten sein. Ich unterstelle den Antragstellern also ein- mal, dass sie das wollen, was wohl die meisten in diesem Hause auch wollen.Meine Kritik richtet sich daher nicht gegen die Intentionen des Antrages, sondern gegen deren konkrete Umsetzung. Ich beschränke mich dabei auf einige Punkte.Wohnungsbauentwicklung ist kommunale Verantwortung, sagen Sie und ich gebe ihnen dabei Recht, aber Sie sollten auch wissen, Wohnungsbauentwicklungsplanung ist Landessache. Die wohnbauliche Entwicklung nicht prozentual zu beschränken – so, wie Sie es planen – heißt nichts anderes, als eine dumme, weil absolut unnötige Konkurrenzsituation zwischen großen und kleinen Gemeinden, zwischen Städten und den sie umgebenden Dörfern zu schaffen.Wir haben hier zur Zeit ein funktionierendes System, in dem die beteiligten Akteure solida- risch miteinander an der Siedlungsvorsorge arbeiten, auch wenn dabei so manches Mal ge- stritten wird. Wer je kommunalpolitisch aktiv war, wird dies bestätigen können.Dieses System wird durch die jetzt eingeforderten Vorgaben beschädigt, wenn nicht gar zer- stört. Denn eins sollte uns klar sein: Auch ein neuer Landesentwicklungsplan wird unsere Be- völkerung nicht wachsen lassen. Die Folie, auf der Siedlungs- und Wohnungsbauentwicklung sich abspielt heißt „demografischer Wandel“, das wird wohl niemand bestreiten. Wenn wir jetzt jegliche Beschränkung aufheben, so werden wir den Konkurrenzkampf um Einwohner damit verschärfen, und jede Einwohnerin, die im Ort A gewonnen wird, wird dem Ort B oder C abhandenkommen, wenn ich das einmal so lax ausdrücken darf. Vom Prinzip her ist das auch gar nicht so schlimm, denn solche Bewegungen hat es immer gegeben. Wenn Sie aber jetzt jegliche Rahmenbedingungen und Vorgaben dafür abschaffen wollen, so wird sowohl in A als auch in B und C für diese Einwohnerin geplant werden, und am Ende werden zwei Orte als die Dummen dastehen, während der dritte sich freut, dass er den Konkurrenzkampf gewonnen hat. Was das an Ressourcen, an Zeit und vor allem Geld kostet, brauche ich hier wohl nicht auszuführen.Und ich denke, Sie täuschen sich auch, wenn ihre Schlussfolgerung ist, dass die ländlichen Räume am Ende durch den Wegfall der Vorgaben besser dastehen werden. Zum einen wird die Konkurrenz untereinander gerade die Kommunen im ländlichen Raum enorm belasten, zum anderen aber wird sich am Ende das geflügelte Wort von den Großen, die die Kleinen fressen seinen Wahrheitsgehalt beweisen.Die konsequente Umsetzung dieser Planung im Landesentwicklungsplan bedeutet das Ende der traditionellen kleinteiligen Siedlungsstruktur in Schleswig-Holstein und ich frage mich, ob es wirklich das ist, was die Antragsteller wollen.An anderen Stellen wissen Sie aber ganz genau, was Sie wollen. Zum Beispiel die zivile Nut- zung des Militärflughafens in Jagel. Gleich im nächsten Satz wird dann die Prüfung des Standortes Kaltenkirchen im Rahmen eines Luftverkehrskonzeptes verlangt. Die Idee eines solchen Luftverkehrskonzeptes können wir hier ja gerne diskutieren, aber wenn dabei die zivi- le Nutzung Jagels gleich vorgeschrieben wird, brauch wir uns wohl über dessen Qualität keine großen Illusionen zu machen.Dass Ihnen zum Thema Tourismus offenbar nicht mehr einfällt, als Campingplätzte näher an den Strand und die Seeufer zu bauen und die Größenbeschränkungen für Wochenend- und Ferienhäuser zu lockern ist ein Trauerspiel. Das der Tourismus – eine der wirklich großen und dabei auch noch ausbaufähigen Branchen in unserem Land – nur vor sich hindümpelt und ei- ne Weiterentwicklung nirgends in Sicht ist, ist sogar eine Katastrophe.Hier braucht es nicht nur handwerklich geschickte Landesentwicklungsplanung, sondern auch entschlossenes und kluges Regierungshandeln, um die in dieser Planung getroffenen Vorga- ben dann umzusetzen, aber die Größenbeschränkungen von Wochenendhäusern oder der Ab- stand eines Campingplatzes ist meines Erachtens kein Thema für den Schleswig- Holsteinischen Landtag.Ob Energieversorgung, Schulsystem oder Verkehr, sie versuchen hier ihre überholten und von der überwiegenden Mehrheit der Menschen in unserem Land abgelehnten Vorstellungen quasi durch die Hintertür zu politischen Vorgaben zu machen. Das wird Ihnen nicht gelingen, denn so lautlos und schnell, wie Sie es sich offenbar vorstellen, wird sich diese Diskussion nicht erledigen.Was unserer Ansicht nach unumgänglich ist, ist der Abgleich der im Antrag gesetzten Eck- punkte mit den Ergebnissen der umfänglichen und teilweise vorbildlichen Bürgerbeteiligung im letzten Anlauf zur Aufstellung eines Landesentwicklungsplanes. Gegebenenfalls werden wir dann erneut in den Prozess der Beteiligung einsteigen müssenMeine Fraktion sieht sich hier und heute, eine Woche nach der Zustellung dieses Antrages nicht in der Lage, so weit reichende Entwicklungslinien für unser Land sachgerecht zu be- schließen.Auch den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, der beim ersten Ansehen durchaus einige nachdenkenswerte Ansätze erhält, möchten wir hier und heute – einen Tag nach seinem Erscheinen – nicht endgültig abstimmen.Wir bitten daher um die Überweisung und fachliche Diskussion in den zuständigen Ausschüs- sen.