Dr. Kai Dolgner zu TOP 12: Der Nutzen der namentlichen Kennzeichnung ist zweifelhaft
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 24.02.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 12. Änderung des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für Schleswig-Holstein (Drucksache 17/251)Dr. Kai Dolgner:Der Nutzen der namentlichen Kennzeichnung ist zweifelhaftWenn man die Begründung für den Gesetzentwurf liest, könnte man glauben, dass die schleswig-holsteinische Polizei, auch unter rot-grüner Verantwortung, bisher als „anonyme Staatsmacht“ aufgetreten sei. Die GdP weist zu Recht darauf hin, dass es Dienstausweise, Visitenkarten und empfohlene freiwillige Kennzeichnung längst gibt.Die Polizei in Schleswig-Holstein hat einen ausgesprochen guten Ruf. Einer der Gründe ist sicher auch das Konzept der Bürgerpolizei des sozialdemokratischen ehemaligen Innenministers Hans Peter Bull.Abgesehen davon, dass nicht alles, was in der autonomen Szene als „Übergriff“ gewertet wird, objektiv auch einer ist, steht es doch außer Frage, dass es in Einzelfällen auch Übergriffe gibt. Die Probleme bei der Verfolgung dieser Übergriffe entstehen aber nicht etwa durch die mangelnde Identifizierbarkeit der betroffenen Beamten, sondern entspringen unter anderem einem falsch verstandenen Kameradschaftsgeist bei der Abgabe von Zeugenaussagen. Daran würde übrigens ein Namensschild nicht das Geringste ändern.Noch am 28. März des letzten Jahres erklärte der damalige Staatsekretär Lorenz, dass der Landesregierung kein einziger Fall bekannt sei, bei dem eine Identifizierung von Einsatzkräften der schleswig-holsteinischen Polizei, (und nur über diese reden wir hier heute) im Nachhinein nicht möglich gewesen wäre. Im Übrigen tragen Einheiten beiHerausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Postfach 7121, 24171 Kiel Petra Bräutigam Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-geschlossenen Einsätzen eine Rückenkennung und der Einheitsführer trägt die Verantwortung für seine Gruppe. Intern sind die Beamten sehr wohl identifizierbar, aber natürlich nicht für jeden Ausstehenden und das hat gute Gründe:Polizeibeamte haben es halt nicht nur mit netten Menschen zu tun, die z. B. ihr Demonstrationsrecht wahrnehmen. Sie sind in einigen Gruppen ein regelrechtes Feindbild. Polizeibeamte werden angegriffen und verfolgt, nur weil sie Polizeibeamte sind, und zwar bis ins Privatleben hinein. Und das sind keine fiktiven bzw. Einzelfälle. Erst vorgestern wurden mir bei einem Besuch meines heimischen Polizeireviers entsprechende Vorgänge geschildert. Sie werden angegriffen, weil sie sich für uns bei Durchsetzung der Gesetze exponieren, die dieses und andere Parlamente beschließen. Dieses wird uns sicher noch beim Thema Gewalt gegen Polizeibeamte in einer der nächsten Sitzungen beschäftigen.Natürlich würde es den gewaltbereiten Gruppen leichter fallen, unsere Polizeibeamten unter Druck zu setzen, wenn sich mit wenigen Fotos von geschlossenen Einsätzen ganze Dossiers im Internet einrichten ließen. Demonstrationssprüche wie (ich zitiere): „Bullenschwein wir kriegen dich - Übergriffe rächen sich“ oder „Kein Vergeben - Kein Vergessen, Bullen haben auch Adressen“ lassen jedenfalls nicht wirklich vermuten, dass es diesen Gruppen um eine geordnete, rechtsstaatliche Verfolgung polizeilicher Übergriffe ginge.Hier mögen die Antragsteller doch einmal gründlich darüber nachdenken, ob sie wirklich in Kauf nehmen möchten, dass die Umsetzung ihrer Forderung auch erhebliche Konsequenzen für die Beamtinnen und Beamten und deren Familien haben können. Geschlossene Einsätze der Polizei, und über die reden wir hier eigentlich, finden nicht nur anlässlich von Demonstrationen statt. Die Bereitschaftspolizei wird zunehmend auch in Bereichen eingesetzt, z.B. bei der Auseinandersetzung verfeindeter Rockergruppen, in denen eine massive Gefährdung einzelner Beamter -3-nicht ausgeschlossen werden kann.Abschließend möchte ich den Antragsstellern noch den Hinweis geben, dass es nicht nur ein Gebot der Höflichkeit gewesen wäre, vorher einmal mit den Betroffenen über diesen Gesetzentwurf zu sprechen, auch hier muss ich der GdP Recht geben. Es wäre vor allem ein Zeichen der politischen Klugheit gewesen, da ein ähnlicher Vorschlag gerade vom Berliner Gesamtpersonalrat der Polizei einstimmig abgelehnt worden ist. Gemäß einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 11. 6. 2002 (Az. 1 ABR 46/01) ist die namentliche Kennzeichnung nämlich mitbestimmungspflichtig.Spätestens dann müssten Sie den Betroffenen erklären, warum Sie unbedingt eine namentliche Kennzeichnung einführen und dafür aber eine zusätzliche Gefährdung, mindestens aber eine große Verunsicherung unserer Polizeibeamten in Kauf nehmen wollen. Es gab in Schleswig-Holstein bisher nicht einen einzigen nachgewiesenen Fall, bei dem eine Kennzeichnung bei der Verfolgung von Übergriffen einen Zusatznutzen gebracht hätte.