Rede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 1: Aktuelle Stunde
Jannine Menger-Hamilton Presseinformation Pressesprecherin Rede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 1. DIE LINKE Fraktion im Schles- Es gilt das gesprochene Wort. wig-Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Kiel, 24. Feb. 2010 Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 jannine.menger- hamilton@linke.ltsh.de www. linksfraktion-sh.deRede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 1: Aktuelle Stunde„Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen,Wenn wir über den Sozialstaat diskutieren, wenn wir über „die Konsequenzen der Debatte um die Reform der Hartz-IV-Gesetzgebung“ diskutieren, dann müssen wir uns einmal ansehen, wie diese Debatte bisher überhaupt geführt wurde.Die Debatte um den Sozialstaat ist im Kern die Debatte darüber, wer was erwirtschaftet, und wer wen alimentiert. Alimentierung ist das Prinzip, das diejenigen, die etwas erwirtschaften, diejenigen unterstützen, die nichts erwirtschaften können. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes, denn ein riesiger Teil der Men- schen in unserem Land ist einfach nicht in der Lage, etwas zu erwirtschaften. Dazu gehören nicht nur Parlamentarier, Soldaten oder Polizisten, sondern auch Menschen, die keine Arbeit haben.In Schleswig-Holstein waren das zum Stichtag 31.Januar 119.461 Männer und Frauen. Diejenigen, die sich in Fortbildungsmaßnahmen der Arbeitsagentur befanden oder diejenigen die zwar noch nicht im Rentenal- ter, aber zur Verschönerung der Statistik trotzdem schon aussortiert waren, lasse ich jetzt einmal bewusst außen vor.Diesen 119.461 Arbeitslosen standen – ebenfalls zum 31. Januar – exakt 26.815 offene Stellen gegenüber. Mein Taschenrechner hat mir bestätigt, dass wir die Zahl der Arbeitslosen also maximal auf 92.646 senken könnten. Wer diese 92.646 Menschen, die nachweislich keine Arbeit annehmen können, weil es schlicht und einfach keine gibt, pauschal als faul bezeichnet, der muss sich den Vergleich mit Jörg Haider schon gefallen lassen, denn das Maß der Menschenverachtung, das er an den Tag legt ist unfassbar. Aber wir wollen hier ja nicht über bundes- oder landespolitische Dummschwätzer reden, sondern über die Konsequenzen aus dieser Debatte. Und da zeigen die Zahlen, die ich oben zitiert habe eins ganz deutlich: Wir brauchen mehr Arbeitsplätze!Nun ist es wirtschaftspolitisch kein Geheimnis – die Zahl der Arbeitsplätze kann man politisch steuern. Hätten die Regierungskoalitionen in Berlin und Kiel das Geld, auf das man durch das so genannte „Wach- stumsbeschleunigungsgesetz“ verzichtet, in ein Arbeitsmarktprogramm gesteckt, wären schon in kurzer Zeit messbare Ergebnisse zu verzeichnen.Oftmals wird in der Debatte angemerkt, es sei ein Skandal, dass jemand, der arbeitet, kaum mehr Geld hat, als jemand der ALG-2 bezieht. Ich teile diese Einstellung. Ein noch größerer Skandal ist es aber, wenn jemand den ganzen Tag arbeitet, und sogar weniger Geld in der Tasche hat, als jemand, der ALG-2 bezieht, und deswegen „aufstocken“ muss. Aber: Nicht das ALG-2 ist zu hoch, sondern die Löhne sind zu niedrig!Und jetzt komme ich zum Kern der Debatte zurück: Wer seine Reinigungskräfte mit Stundenlöhnen von unter drei Euro abspeist und sie zwingt, sich durch den Sozialstaat alimentieren zu lassen, obwohl sie den ganzen Tag arbeiten, der ist ein Sozialschmarotzer. Wer Steuererleichterungen nimmt und sie nach Abzug einer deftigen Parteispende an die FDP in die eigene Tasche schiebt, anstatt davon seine Mitarbeiter ordentlich zu bezahlen und neue Mitarbeiter einzustellen, der ist ein Sozialschmarotzer.Wer aber sagt, für einen Lohn von drei Euro in der Stunde arbeite ich nicht, der beweist nur, dass ihm der gesunde Menschenverstand noch nicht abhanden gekommen ist.Die Lösung des Problems liegt also auf der Hand. Verhindern wir, dass jemand der arbeitet, weniger Geld hat, als jemand, der ALG-2 bezieht. Das geschieht ganz einfach dadurch, dass wir uns für einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro in der Stunde einsetzen.Weiterhin sorgen wir dafür, dass es in unserem Land wieder mehr Arbeitsplätze gibt, das geschieht ganz einfach dadurch, dass wir Steuergeschenke für gut betuchte Erben und Hotelbesitzer zurücknehmen, dadurch dass wir den Spitzensatz der Einkommenssteuer auf einen sozial verträglichen Satz anheben, dadurch dass wir Unternehmensgewinne sozial gerecht besteuern und all das Geld – Sie würden sich wundern, um welche Dreistelligen Milliardensummen es sich hier handelt – in Arbeitsmarktprogramme stecken.Dann hat jeder, der das will, auch Arbeit und diese Arbeit wird gut bezahlt. Über diejenigen, die dann nicht arbeiten wollen, können wir dann auch reden. Bis dahin aber sollten wir uns den wahren Sozialschmarotzern widmen. Denjenigen, die sich weigern, ihrer sozialen Verantwortung nachzukommen.“