Serpil Midyatli zu TOP 31: Clearingstelle ist effektivster Weg, um Betroffenen wirksam zu helfen
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 29.01.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 31, Clearingstellen für junge Flüchtlingsopfer (Drucksache 17/178, 17/212)Serpil Midyatli:Clearingstelle ist effektivster Weg, um Betroffenen wirksam zu helfenIn diesem gemeinsamen Antrag von SSW, den Grünen und der SPD geht es um die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für minderjährige Flüchtlinge. Zur Zeit ist es so, dass es in Schleswig-Holstein kein einheitliches abgestimmtes Konzept für un- begleitete minderjährige Flüchtlinge gibt. Seit Oktober 2005 ist das Jugendamt durch die Regelung des § 42 SGB VIII berechtigt und auch verpflichtet, einen unbe- gleiteten minderjährigen Flüchtling in seine Obhut zu nehmen. Hierbei ist nicht rele- vant, ob diese Flüchtlinge Deutschland bzw. Schleswig-Holstein „nur“ als Transitland durchlaufen oder nicht.Die Rechtslage ist hier eindeutig. Die 16- und 17-jährigen unbegleiteten Flüchtlinge haben einen Rechtsanspruch auf eine vorläufige Schutzgewährung. Die zuständigen Jugendämter haben neben der Inobhutnahme des Jugendlichen einem umfangrei- chen Katalog von Handlungsanweisungen Folge zu leisten, wie zum Beispiel: • die Primärzuständigkeit für die Erstunterbringung, • Erstversorgung, • eine jugendgerechte Betreuung nach den Jugendhilfestandards, • Informierung der Ausländerbehörde, • geltende ausländerrechtliche Bestimmungen mit den jugendrechtlichen Be- stimmungen in Einklang zu bringen,Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Postfach 7121, 24171 Kiel Petra Bräutigam Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2- • die Entscheidung für oder gegen einen Asylantrag, • die Entscheidung für einen Antrag aus humanitären Gründen gemäß Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes, • ob Rückkehr zur Familie ins Herkunftsland möglich ist, • ob entsprechend der Dublin II Verordnung eine Familienzusammenführung im Drittland möglich ist, • ob eine Rückschiebung oder Abschiebung erforderlich ist.Nun ist zu prüfen, ob es nicht vielleicht sinnvoll wäre, eine zentrale Anlaufstelle für un- begleitete minderjährige Flüchtlinge einzurichten, um den Bedürfnissen gerecht zu werden, und wo ihnen durch besonders ausgebildete Fachkräfte die nötige Infrastruk- tur vorgehalten wird und die Jugendlichen eine bedarfsgerechte Versorgung erhalten könnten.Da es sich hier um ein sehr komplexes Verfahren handelt und es noch weiteren Infor- mationsbedarf gibt, möchte ich in den Ausschuss verweisen, um dort im weiteren Ver- fahren die Ausführungen der Betroffenen und des Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen in die Entscheidungsfindung einbeziehen zu können.Punkt 4.3.6 des Erlasses des Innenministers vom 25.02.2008 über die Durchführung der Abschiebungshaft sieht vor, dass bei Jugendlichen, die das 16., aber noch nicht das 18 Lebensjahr vollendet haben, ein Haftantrag nur gestellt werden soll, wenn die Haft für die Sicherung der Abschiebung unabdingbar erscheint. Die Ausländerbehörde muss daher vorab in Abstimmung mit dem zuständigen Jugendamt klären, ob eine an- derweitige Unterbringung i.S. .d. § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB Vlll möglich und geeignet ist. Trotzdem ist es in den vergangenen Jahren in Einzelfällen immer wieder vorgekom- men, dass Jugendliche in Abschiebungshaft genommen wurden. Und ich muss auch darauf hinweisen, dass die Anordnung von Abschiebungshaft nach Punkt 4.3.4 dieses -3-Erlasses auch gegen Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren zulässig ist, wenn diese als „unumgänglich“ angesehen wird.Wir sind uns hoffentlich alle darüber einig, dass wir alles tun sollten, um jugendlichen Flüchtlingen die Unterbringung in Abschiebungshaft zu ersparen. Es dient auch nicht gerade dem Ansehen unseres Landes, wenn wir den hier lebenden Kindern und Ju- gendlichen den größtmöglichen Schutz des Staates vor Vernachlässigung, Miss- handlung und Traumatisierung bieten wollen, bei den jugendlichen Flüchtlingen aber einen anderen Maßstab anlegen. Der Vorschlag zur Einrichtung einer Clearingstelle ist nach Auffassung meiner Fraktion der effektivste Weg, dieses zu verhindern und den Betroffenen wirksam zu helfen.Und wir sind auch dazu verpflichtet, die Verantwortlichen vor Ort nicht mit dem Problem alleine zu lassen. Es ist hier zwar zu begrüßen, dass sich die Koalitionsfrak- tionen mit ihrem Berichtsantrag nun auch dem Thema nähern wollen. Die von der Landesregierung angeforderten Informationen dürfte diese aber bereits im Wesentli- chen in dem Bericht „Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge“ (Drs. 16/1622) vom 25.09.2007 vorgelegt haben, der wiederum Gegenstand umfänglicher Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss der letzten Wahlperiode war. Wir haben daher kein In- formations-, sondern ein Handlungsdefizit und sollten uns daher nicht mit unnötigen Berichtsanforderungen aufhalten, sondern handeln!