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27.01.10
11:58 Uhr
SPD

Henning Höppner zu TOP 3: Das Handeln der schwarz-gelben Koalition gefährdet den Konsens

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 27.01.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 3, Änderung des Schulgesetzes (Drucksachen 17/107 und 17/163)

Henning Höppner:

Das Handeln der schwarz-gelben Koalition gefährdet den Konsens

Die Verbesserung des Unterrichts, der Übergang zur Ganztagsschule und die Neuord- nung des Schulsystems sind Bestandteil des Schulgesetzes von 2007, so der bil- dungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Henning Höppner. Schwarz- Gelb hat die Option auf Einrichtung von Realschulen als Angebotsschulen ab- hängig gemacht vom Volksbegehren und deshalb die Frist für die Umwandlung in Re- gionalschulen um ein Jahr verlängert. Dieses Vorgehen verunsichert Schulträger, Schulen, Lehrer, Eltern und Schüler, kritisiert Höppner. Es gefährdet zudem den mit dem Schulgesetz von 2007 erzielten Konsens über die Schularten in Schleswig- Holstein.



Die Rede im Wortlaut: Mit der 2007 eingeleiteten Schulreform in Schleswig-Holstein sind bildungspolitisch notwendige und über unser Bundesland hinaus bemerkenswerte Marksteine gesetzt worden. Die PISA-Untersuchungen und andere Studien haben es immer wieder ge- zeigt: Die Probleme des deutschen Schulwesens haben entscheidend damit zu tun, dass es in Deutschland wie in kaum einem anderen Land auf der Welt aufgrund der



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



sozialen Herkunft vorherbestimmte Bildungswege gibt, nicht nur bezogen auf die Schullaufbahnen, sondern auf den zukünftigen Lebensweg von jungen Menschen.

Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode drei verschiedene Lösungsansätze entwickelt, die einander ergänzen müssen:

⎯ die Verbesserung des Unterrichts, die auch eine neue Lehrerausbildung er- fordert, durch die die Pädagoginnen und Pädagogen in die Lage versetzt wer- den, innerhalb der Klasse einen binnendifferenzierenden Unterricht zu führen, ⎯ den Übergang zur offenen Ganztagsschule, die nach unserer Auffassung nur eine Zwischenstufe hin zur gebundenen Ganztagsschule sein kann, um die vollkommen ungleichen Lernbedingungen auszugleichen, die die Schülerinnen und Schüler zu Hause vorfinden, ⎯ und einen grundsätzlichen Neubau unseres Schulsystems mit weniger Schul- arten im Bereich der allgemein bildenden Schulen, mit weniger Abstiegsmög- lichkeiten und mit verbesserten Aufstiegsmöglichkeiten.

Es gehört zu den bleibenden Verdiensten der Großen Koalition, in der zwei Parteien mit sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen in der Schulpolitik zusammengearbei- tet haben, dass sie die Grundlagen hierfür im Schulgesetz von 2007 geschaffen hat. Und es kann niemand behaupten, dieses Gesetz sei nicht sorgfältig vorbereitet und vorberaten worden.

Die FDP hat sich in diesem Reformprozess als letzte Gralshüterin des überkommenen Schulsystems präsentiert und sich den Erhalt der Realschule als Regelschule auf die Fahnen geschrieben und versucht nun, für diese Schulart zumindest als so genannte Angebotsschule zu retten, was zu retten ist. -3-



Dazu hat der Koalitionsvertrag in dem mühsam angelaufenen Volksbegehren, das der Verband der Realschullehrer initiiert hat, eine Krücke gefunden. Der Bildungsminister hat in der 4. Sitzung des Bildungsausschusses deutlich gemacht, dass die Koalitions- partner die Option auf Einrichtung von Realschulen als Angebotsschulen abhän- gig gemacht wird von dem Quorum des Volksbegehrens und hiermit lediglich eine Fristverlängerung zur gesetzlichen Umwandlung von Realschulen zu Regionalschulen um ein Jahr gegeben ist.

Hierin, meine Damen und Herren, liegt eine gewisse Problematik im Zusammenhang des bislang gelaufenen Strukturprozesses im Schulbereich. Die bislang genehmigten 92 Gemeinschaftsschulen sowie die 55 genehmigten Regionalschulen sind von dieser Option nicht betroffen, sie sind Schulen im Sinne der schulgesetzlich definierten Schularten. Dieses trifft auch für die 22 Integrierten Gesamtschulen zu, die kraft Ge- setzes Gemeinschaftsschulen werden.

Es bleiben demnach noch 37 Realschulen nach der vorliegenden Schuldatenbank, de- ren Schulträger diese Option wahrnehmen können, wobei sich diese Zahl nach unse- rem Kenntnisstand noch weiter reduziert. So gibt es in den vier kreisfreien Städten noch sechs Realschulen, die formell noch nicht in Regional- oder Gemeinschaftsschu- len umgewandelt worden sind, es gibt aber beschlossene Schulentwicklungspläne der Städte, in denen die Schulstruktur für die Zukunft festgelegt wurde. Bleiben noch 31 übrig. Für sechs weitere gibt es bereits Schulträgerbeschlüsse für die Errichtung einer Regionalschule. Macht 25. Acht weitere Schulen sind Realschulen mit Hauptschulteil oder Grund- und Hauptschulteil. Macht 17. Einige werden nicht Realschule bleiben können wie die Realschule des Schulverbandes Sylt. Hier müsste dann auch eine Hauptschule bleiben, das geht nach dem Schulgesetz nicht.

Die Eintragungsfrist für dieses Volksbegehren ist zum Jahresende ausgelaufen. Uns liegen bisher keinerlei Daten darüber vor, ob sich tatsächlich mehr als 5 % der wahlbe- -4-



rechtigten Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner in die Listen eingetra- gen haben; gerade in den größeren Städten nimmt die Überprüfung solcher Unter- schriften natürlich einige Zeit in Anspruch.

Die Option auf die Erhaltung einer Realschule als Angebotsschule macht die Koalition abhängig von dem erfolgreichen Quorum des Volksbegehrens. Was mache ich jetzt als betroffener Schulträger dieser zugegeben ausgesprochen geringen Anzahl von Schulen? Ich warte, bis das Ergebnis des Quorum vorliegt, besser der Erfolg von der Landesregierung vermeldet wird und die Koalition einen Schulgesetzentwurf durch das Parlament gebracht hat, in dem die Realschule als Schulart wieder beschrieben wird.

Vorher mache ich als Schulträger am besten gar nichts, weil meine Beschlüsse bei nicht Erreichung des Quorums obsolet wären. Damit ist klar, das Anmeldeverfahren zur weiterführenden Schule zum Schuljahr 2010/11 ist dann abgeschlossen. Eltern werden erst für das Schuljahr 2011/12 Sicherheit haben können. Das Manöver, das Sie jetzt gestartet haben, bewirkt nur eines: nämlich Unruhe in die Schulen, unter die Eltern und in die Reihen der kommunalen Schulträger zu tragen.

Die Verabschiedung des Schulgesetzes liegt nunmehr drei Jahre zurück. Alle Schul- träger hatten Zeit, sehr sorgfältig zu überlegen, in welche Schulart sie ihre bisherigen Haupt- und Realschulen überführen wollen. Daran hat sich auch durch die Kommu- nalwahlen von 2008 nichts geändert, durch die sich mancherorts neue kommunale Mehrheiten mit neuen Überzeugungen ergeben haben. Für die große Mehrheit der Schulträger war dies auch kein großes Problem.

Sie wollen die Umwandlungsfrist jetzt um ein weiteres Jahr verlängern und bei dieser Gelegenheit auch gleich die wenigen Kooperativen Gesamtschulen einbezie- hen. Am liebsten wäre es Ihnen dabei gewesen, nur die kommunalen Spitzenverbände anzuhören, die an den Schulen selbst Betroffenen aber außen vor zu lassen. Nun hat -5-



der Bildungsausschuss dank der Oppositionsfraktionen eine schriftliche Anhörung in der gebührenden Breite durchgeführt, die in der Fristsetzung wegen der Weihnachtsfe- rien mit Recht kritisiert wurde.

Sie haben dieses Verfahren noch weiter kompliziert, weil Sie die Erweiterungen und Korrekturen zu Ihrem eigenen Antrag so spät vorgelegt haben, dass die Anzuhörenden sich damit gar nicht mehr auseinandersetzen konnten. Für die Anzuhörenden war überhaupt nicht transparent, dass Sie auch die Umwandlung der Kooperativen Ge- samtschulen um ein Jahr schieben wollen; die Arbeitsgemeinschaft der Gesamt- schulleiter hat ausdrücklich begrüßt, dass der § 147 nicht angetastet werden solle, der den Übergang für die Gesamtschulen betrifft.

Und so ist denn auch das Ergebnis der Anhörung sehr eindeutig: Sie haben den VDR an Ihrer Seite – welch ein Wunder! Und damit hat es sich auch schon. Die übrigen In- stitutionen und Verbände haben sich, soweit sie eine Stellungnahme nicht abgelehnt haben, durch die Bank weg negativ geäußert. Von den kommunalen Spitzenverbän- den hat nur der gar nicht betroffene Landkreistag geäußert, dass er sich nicht zu äu- ßern wünsche, und auch von der Elternvertretung der Realschulen konnten wir keine Stellungnahme erhalten.

Sie haben es im Bildungsausschuss trotz dieses eindeutigen Votums für richtig gehal- ten, Ihren Entwurf durchzustimmen und ihn heute dem Plenum vorzulegen. Das ist na- türlich legal; ob es gesellschaftlich legitim ist, ist eine ganz andere Frage.

Die große Schulgesetznovelle von 2007 hat das bildungspolitische Lagerdenken vergangener Jahrzehnte überwunden. In den Kommunen sind die Entscheidungen für die Gemeinschaftsschulen weitgehend unabhängig von der politischen Couleur ge- troffen worden, weil Kommunalpolitiker der CDU und mitunter auch der FDP aus -6-



Gründen der Schulentwicklungsplanung in der Gemeinschaftsschule den einzigen Weg sahen, den gymnasialen Bildungsgang vor Ort weiterhin anbieten zu können.

Das Handeln der schwarz-gelben Koalition gefährdet diesen Konsens. Dass es ökonomisch unvernünftig ist, hat Ihnen der Landesrechnungshof in aller Deutlichkeit bescheinigt, der sich für eine, allerhöchstens zwei Schularten der Sekundarstufe I ausgesprochen hat. Und Ihr Handeln schafft Unsicherheit und Unruhe, in erster Linie für die Schülerinnen und Schüler und für deren Eltern.

Wir vertrauen auf die Vernunft unter den kommunalen Schulträgern, die sich hoffent- lich nicht beirren lassen werden, sondern den Umbau des Schulsystems vor Ort weiter zügig voranbringen werden.

Wir werden die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses zugunsten des An- trags von CDU und FDP selbstverständlich ablehnen.