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27.01.10
11:00 Uhr
SPD

Ralf Stegner zu TOP 1: Die Zukunft unserer Kinder darf nicht von der Finanzlage abhängig sein

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 27.01.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 1, Aktuelle Stunde „Beitragsfreiheit 3. Kita-Jahr

Ralf Stegner:

Die Zukunft unserer Kinder darf nicht von der Finanzlage abhängig sein

Wenn wir wirklich etwas für unsere Kinder tun wollen, müssen wir dort anfangen, wo die Grundlagen gelegt werden: in der frühkindlichen Erziehung. Deshalb ist der Be- such von Kindertagesstätten ein entscheidender Schlüssel für die Chancen unserer Kinder in unserer Gesellschaft, führt der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Ralf Stegner, in seinem Redebeitrag aus. Beitragsfreiheit ist ein entscheidender Schritt, die Hürden für den Kita-Besuch zu senken. Denn die Kindergartenbeiträge sind eine Barriere und sie ist erheblich, gerade in Schleswig-Holstein. Stegner fordert die CDU auf, bei der vor einem halben Jahr eingeführten Beitragsfreiheit des 3. Kita- Jahres zu bleiben. Die SPD wolle ein einem Stufenverfahren allmählich alle drei Kita- Jahre beitragsfrei stellen.



Die Rede im Wortlaut: In Sonntagsreden und im Wahlkampf sind alle dabei: „Wir brauchen eine Politik für die Zukunft unserer Kinder, wir können doch unsere Politik nicht auf dem Rücken unserer Kinder machen.“ Und eines der ersten Dinge, die dem neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU einfallen, ist, das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr in Frage zu stellen.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Noch in der letzten Legislaturperiode dachte ich, dass es uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zumindest ansatzweise gelungen sei, die CDU-Fraktion von der Bedeutung der Kinderbetreuung in Kindertagesstätten zu überzeugen. Sie waren da- mals so stolz darauf, den ersten Gesetzentwurf vorgelegt zu haben (der war in der Sa- che noch unbefriedigend, deswegen haben wir das gemeinsam verändert). In Wirk- lichkeit sind sie offenbar jetzt die ersten, die sich vom Gesetz abwenden. Das ist der Grund, warum wir Sozialdemokraten heute diese Aktuelle Stunde beantragt haben, denn die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner haben Anspruch auf Wahrheit und Klarheit.

Wenn wir wirklich etwas für unsere Kinder tun wollen, müssen wir am besten dort an- fangen, wo die Grundlagen gelegt werden: in der frühkindlichen Erziehung. Das bedeutet: quantitativer Ausbau der Kinderbetreuung, qualitativer Ausbau der Kinder- betreuung (dazu gehört auch die Bezahlung der Erzieherinnen); Qualität und Quantität dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir müssen finanzielle Hürden, die einen Kindergartenbesuch verhindern, abbauen. Wir brauchen eine verlässliche und unbürokratische Unterstützung dort, wo sie am nötigsten ist: Kein Kind ohne warme Mahlzeit.

Kinderbetreuung bedeutet doch längst viel, viel mehr als Kinderverwahrung. Der Be- such von Kindertagesstätten ist ein entscheidender Schlüssel für die Chancen unserer Kinder in unserer Gesellschaft – und zwar für alle Kinder: für den Erwerb so- zialer Kompetenz, für den Erwerb unser Sprache – da geht es nicht nur um die mit ei- ner anderen Muttersprache -, für die Integration und die Akzeptanz von Vielfältigkeit (Angst hat man doch vor allem Unbekannten), für das rechtzeitige Erkennen von Prob- lemen: Ernährung, Haltung, usw., für die Einbindung von Eltern. -3-



Das bietet niedrigschwellige Hilfen für Kinder und Eltern und es spart letztlich Geld, nämlich die Reparaturkosten der Jugendhilfe. Der Besuch der Kita erweitert die Chancen aller unserer Kinder: Das ist die Zukunftsfrage.

Wir brauchen viel mehr Abiturientinnen, wir brauchen viel mehr Studierende und es kostet so unendlich viel mehr, Schul- oder Studienabbrechern wieder zu einem Ab- schluss zu verhelfen als zu verhindern, dass sie überhaupt abbrechen. Auch als ehe- maliger Innenminister weiß ich, wie viel sinnvoller, günstiger und nachhaltiger Prävention ist. Nicht zuletzt geht es natürlich auch um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Beitragsfreiheit ist ein entscheidender Schritt, die Hürden zu senken. Die Kinder- gartenbeiträge sind eine solche Barriere und sie ist erheblich, gerade in Schleswig- Holstein. Sie ist auch für jene da, die schon heute keine oder ermäßigte Beiträge zah- len, denn sie müssen immer wieder einen Antrag stellen, ihre Lebensverhältnisse of- fenlegen und für viele sind selbst die ermäßigten Beiträge zu hoch – zumal dies bei uns ja auch noch von Kreis zu Kreis unterschiedlich ist. Und die Sozialstaffel, Bürokra- tie, kostet Geld. Wir wollen keine Bittstellbereiche im normalen Bildungsalltag. Deswe- gen wehren wir uns gegen Studiengebühren und haben für die Einführung der Lernmit- telfreiheit gekämpft, ohne die ich heute wahrscheinlich nicht hier wäre.

Die SPD möchte die stufenweise Einführung der Beitragsfreiheit für alle drei Ki- ta-Jahre. Jetzt stellt sich die Frage an Sie von der Union, ob es keine Einsicht, son- dern lediglich Wahlkampftaktik war, vor etwa zwei Jahren das beitragsfreie dritte Kita- Jahr ins parlamentarische Verfahren einzubringen und vor etwa einem Jahr mit uns zu beschließen - mit Reden, die Sie heute lieber nicht gehalten hätten? (Frau Franzen, Herr Dr. Klug – November/Dez. 2008; ich könnte vorlesen.) -4-



War Ihre Initiative von vor zwei Jahren ein Fehler, den Sie wieder rückgängig machen wollen? (Als „weitgehend sinnlos und teuer erkannt“, wie heute ein Zeitungskommen- tator geschrieben hat.) Oder gilt für Schwarz-Gelb jetzt offiziell das neoliberale Motto, nach dem doch jeder sehen soll, wie er zurechtkommt, egal ob alt, jung, gesund oder krank, arm oder reich?

Oder war Ihr Sparvorschlag, Herr Kollege von Boetticher, lediglich ein unabgestimmter Vorstoß eines profilierungsbedürftigen Fraktionsvorsitzenden, der ja in Schleswig ein bisschen zurecht gestutzt worden ist. Wir verstehen schon, dass Sie endlich auch einmal die Schlagzeilen beherrschen wollten, die sonst Ihr Sitznachbar und halbstar- kes Pendant immer für sich in Anspruch nimmt.

Oder ist das Ihre Art konzertierter Aktion zusammen mit dem Koalitionspartner, bei dem fast alle Schleswig-HolsteinerInnen einmal aufgeschreckt werden (die Hoteliers natürlich nicht) und man dann sieht, wo der Widerstand am geringsten ist, und diesen Maßstab als Kürzungskriterium ansetzt?

Vielleicht ist es ja auch die vierte Möglichkeit: Vorlage für den Ministerpräsidenten als Rächer der Eltern und Kinder, dem Vorschlag ein machtvolles Nein entgegenzu- schmettern (wir kennen die Methode Husum - Neu Delhi und zurück)

Oder ist das gar ein verfrühtes Tauschangebot an die Grünen für die Regierungsbetei- ligung, wenn`s all zu knapp wird mit der Mehrheit – quasi als Eintrittsprämie für ein Jamaika-Bündnis (ich setze da auf die Seriosität der Grünen, Herr Kollege Habeck).

Da Ihre Regierung bisher nahezu nichts getan hat, bleiben uns ja nur Spekulationen. Egal, was es ist – Sie gehen fahrlässig mit den Sorgen der Eltern und der Zukunft un- serer Kinder um. Und wir hatten recht damit, auf einer gesetzlichen Verankerung der -5-



weiteren Schritte zu beharren, damit auch das erste und zweite Kita-Jahr gebührenfrei werden würde.

Wir haben wahrlich nicht Geld für alles Wünschbare dieser Welt – da unterscheiden wir uns auch von der Fraktion der Linkspartei -, aber politische Verantwortung heißt: Prioritäten setzen (Kinderbetreuung, Bildung, Klimaschutz) - doch das erfordert Mut und Konzepte. Beides ist bei Schwarz-Gelb nicht zu sehen. Politische Verantwor- tung heißt: Folgewirkungen bedenken; Nachhaltigkeit scheint ein Fremdwort für diese Koalition; zuverlässig sein - wahrlich kein Markenzeichen der CDU, insofern ist sie fast zuverlässig unzuverlässig. Die Zukunft unserer Kinder darf nicht von der Finanzlage abhängig sein – im Ge- genteil: An ihrer Förderung hängt vielmehr unsere Zukunft. Und sie dürfen kein Spiel- ball politischer Taktierereien sein. Das ist unwürdig und unverantwortlich.

Schlimmer noch: Es wäre auch Wahlbetrug (keine Spenden von Elternvertretern und auch keine Ermäßigung der Kita-Beträge für FDP-Eltern wie neuerdings bei der priva- ten Krankenversicherung). Und ich kündige Ihnen unseren entschiedenen Widerstand innerhalb und außerhalb des Landtages an, wenn Sie diese Wählertäuschung eiskalt durchziehen wollen.

Hören Sie damit auf! Setzen Sie hier ein Zeichen. Sie wissen, dass Ihr Vorschlag eine Dummheit war. Nun sagt zwar Schiller: Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst ver- gebens, aber Ihnen, verehrter Kollege von Boetticher, traue ich zu, dass Sie es noch schaffen, sich gegen die Dummheit in Ihren Reihen durchzusetzen. Nutzen Sie diese Aktuelle Stunde zur Umkehr und Einsicht, dafür ist es nicht zu spät. Bekennen Sie sich hier und jetzt zur Beitragsfreiheit im Kita-Gesetz. Sie ersparen sich und den Menschen in Schleswig-Holstein damit viel Unheil.