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17.12.09
17:44 Uhr
SPD

Bernd Heinemann zu TOP 27: Bedeutung einer Pandemie weder über- noch unterschätzen

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 17.12.2009 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 27, Aktuelle Entwicklung der H1N1-Grippe in Schleswig-Holstein (Drucksache 17/89)
Bernd Heinemann:
Bedeutung einer Pandemie weder über- noch unterschätzen
Die Politik und unsere Gesellschaft insgesamt haben sicher viele Anlässe, sich über den einen oder anderen Virus Gedanken zu machen, und das sollten wir gründlich tun, auch wenn es manchmal monoton wirkt und nervt.
Die schlimmsten Viren scheinen mir allerdings nur schwer in den Griff zu bekommen zu sein. Das Gleichgültigkeitsvirus und das Panikvirus gehören sicher beide dazu. Während letzteren vielleicht mit Verbalhygiene beizukommen ist, hilft uns bei somati- schem Befall vor allem Körperhygiene, in jedem Fall vor allem Rücksicht und Vorsicht.
Tausende Menschen fallen in jedem Jahr der saisonalen Grippe zum Opfer und die Gefahr ist vergleichsweise extrem, besonders für die Risikogruppen. Die Gesundheits- berichterstattung des Bundes weist seit 2005 jährlich mehr als 20.000 Tote nach Quali- fikation ICD 10 J09 bis J18 (Grippe und Pneumonie) nach.
Es starben in den letzten Wintern in Schleswig-Holstein, meist in Husum, Süderbrarup, Kiel oder Norderstedt, statistisch knapp 1.000 Menschen an der Influenza - einfach so, ohne besondere öffentliche Kenntnisnahme außer einer Todesanzeige.
An der H1N1-Grippe genannt „Schweinegrippe“, die eben neu und unbekannt daher kommt, hat sich nun wieder öffentliches Interesse entzündet. Es gibt wieder dramati- sche Szenarien in den Medien -, wer weiß, vielleicht ja auch zu recht. Wir kennen das ja noch aus der BSE-Diskussion und erinnern uns gut an die Vogelgrippen-Debatte.
Und jetzt hat auch Schleswig-Holstein seine ersten offiziellen H1N1-Todesfälle: Im November starb ein 83-jähriger Risikopatient in unserem Land und jetzt sind es sogar schon vier, darunter ein 13-jähriges Mädchen ohne Vorerkrankungen.
Nicht verrückt machen ist okay, aber verzichten wir deshalb auf Leitplanken oder wa- rum schnallen wir uns an, wenn wir in ein Auto steigen? Nicht weil wir uns verrückt machen – es ist schlichte und ruhige Vernunft, die uns leiten soll. Dafür sind Ant- worten unverzichtbar.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Meine Damen und Herren, wir alle wollen ruhig schlafen, unsere Lebensrisiken kennen und die Folgen abschätzen, um Entscheidungen zu treffen, und das genau ist die Grundlage unseres Handelns - auch und hoffentlich besonders in diesem hohen Haus. Es geht um die wohl überlegten Maßnahmen, die den Blick auf wesentliche Dinge rich- ten, auf die wirksame Prävention zum Beispiel.
Wir zweifeln nicht an der Ernsthaftigkeit des Gesundheitsministers, wenn es um die Bekämpfung einer Pandemie geht, aber wir müssen uns selbst angemessen mit allen Fragen, die damit zusammenhängen, auseinandersetzen. Das setzt ein besonderes Maß an Klarheit voraus. So ist es erfreulich wenn der Minister selbst als Vorbild me- dienwirksam seinen Arm in die Kamera hält, aber verwirrend ist es, wenn er gleichzei- tig nur die Risikogruppen als impfbedürftig hervorhebt und sich seither öffentlich nur noch über seinen Pressesprecher äußert.
Unser Gesundheitsminister ist wirklich medienwirksam und könnte sicher aus dem Stand bei „Gute Zeiten – schlechte Zeiten“ mitwirken, aber er sollte der Bevölkerung und den Institutionen im Land persönlich mehr Orientierung geben. Sonst drängt sich noch die Vermutung auf, dass sein kürzlich vorgetragener Beitrag in Panorama über mehr Selbstverantwortung alle staatlichen Hinweise und Orientierungen automa- tisch als Bevormundung ausschließt.
Auf jeden Fall möchte ich mich an dieser Stelle bei seinem Team der Gesundheitsver- waltung für die umfassende Information der Bevölkerung auch und besonders durch das direkte persönliche Gespräch über die eingerichtete Hotline bedanken. Ein wirklich guter Beitrag. Die Mitarbeitenden leisten hier Großartiges, meine Damen und Herren.
Neben den von uns aufgeworfenen Fragen zur Beobachtung des Verlaufes, den mög- lichen Konzepten und der evaluativen Begleitung der getroffenen Entscheidungen, wie die Kolleginnen von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN es fordern, entstehen immer neue Fra- gen und sie alle haben ihre Bedeutung.
Die Menschen erleben die Diskussion z. T. diffus, wenn beispielsweise Schulen oder Kindergärten hygienetechnisch, pädagogisch oder organisatorisch ganz uneinheitlich mit dem Thema umgehen. Hier fehlt der rote Faden oder von mir aus gerne der gelbe Faden des Gesundheitsministers.
Welches sind denn geeignete und wirksame Präventionskonzepte? Die Menschen vor Ort stellen all diese Fragen immer wieder neu. Und es gibt neue Fragen. Wir fra- gen und ziehen dann ggf. die Konsequenzen. So folgt auf die Frage, ob wir genug und den richtigen Impfstoff beschafft haben, die Frage: Was machen wir, wenn die Menschen zweifeln, sich abwenden, wir den Bedarf schlicht überschätzen und das Land auf dem Impfstoff sitzen bleibt, das zahlen dann nicht die Kassen! -3-



Auch der Bund hält sich da raus, das ist zunächst ganz allein unser Problem. Wo und wie bzw. wie lange lagern wir die Impfdosen dann ein? Nun, vielleicht nimmt uns ja die Ukraine etwas ab - aber welche Kosten bleiben dann bei uns hängen und was ist, wenn irgendwann ganz plötzlich eine zweite Welle folgt mit einer mutierten Version und wir dann wieder zu wenig Impfstoff haben. Und, und, und... Eine Kette von Fra- gen.
Nur wenn wir umsichtig sind und die Bedeutung einer Pandemie weder über- noch unterschätzen, können wir die Balance halten und den Menschen eine nachvollzieh- bare Logik vermitteln, die der eigenen Einsicht hilft, wirklich mündige Entscheidungen zu treffen.
Meine Damen und Herren, wenn der Gesundheitsminister selbst mit großer Ernsthaf- tigkeit und Besonnenheit öffentlich präsent ist, sind wir an seiner Seite, auch wenn un- sere Fragen subjektiv vielleicht auch nerven. Gesundheit ist die Grundlage von allem, darum müssen wir uns mit diesen und weiteren Fragen gerade in dieser Zeit wohl noch eine Weile verantwortungsbewusst und umfassend beschäftigen.