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16.12.09
16:02 Uhr
B 90/Grüne

Thorsten Fürter zum Polizeigesetz

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 4 – Polizeigesetz Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der innenpolitische Sprecher Telefon: 0431 / 988 - 1503 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fax: 0431 / 988 - 1501 Thorsten Fürter: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 582.09 / 16.12.2009


Abbitte für falsche Politik Wir Parlamentarier nehmen uns heute eine halbe Stunde Zeit, um über eine Vorschrift zu reden, die das Bundesverfassungsgericht vor mehr als eineinhalb Jahren für verfas- sungswidrig und nichtig erklärt hat. Es schlagen da zwei Seelen in meiner Brust: Der Jurist in mir sagt sich: Was soll das? Wenn das Gesetz nichtig ist, wird es nicht ange- wendet. Das wird in den Gesetzessammlungen üblicherweise über eine Fußnote ge- klärt. Aber der Datenschützer in mir freut sich. Gibt uns dieser Vorstoß der SPD- Fraktion die Gelegenheit, das Thema Datenschutz hier im Parlament öffentlich zu de- battieren.
Sie haben es von meinen Kolleginnen und Kollegen ja bereits gehört. Wir sprechen heute über einen Gesetzesentwurf, der zurückholen soll, was die damalige schwarz- rote Koalition gegen Widerstände, u. a. von Richter- und Anwaltsvereinigungen, des ADAC, des Datenschutzbeauftragten, des wissenschaftlichen Dienstes des Landtags, der Gewerkschaft der Polizei und der damaligen Oppositionsfraktionen aus Grünen, SSW und FDP durchgesetzt hat.
Einhelliger Tenor damals: Dieses Gesetz ist schlecht, weil es Bürgerrechte und Verfas- sung missachtet. Und so hat es dann auch das Bundesverfassungsgericht geurteilt: Zi- tat aus der Entscheidung „Sie [die Vorschriften] ermöglichen schwerwiegende Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen, […]. Paragraf 184 Ab- satz 5 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.“

Seite 1 von 2 Und Paragraf 184 Abs. 5 LVwG war nicht nur verfassungswidrig, er war auch unnötig. Innerhalb von siebe Monaten wurde kein einziger Fahndungserfolg bezüglich gestohle- ner Fahrzeuge erzielt. Dafür wurden aber die Grundrechte von 131.323 FahrerInnen der erfassten Fahrzeuge verletzt.
Dies zeigt mehr als deutlich: Ein „Mehr an Überwachung“ führt häufig eben nicht zu je- nem „Mehr an Sicherheit“, das Sicherheitspolitiker versprechen. Deswegen hätte es zum Vorschlag der Streichung der Vorschrift auch eine Alternative gegeben. Wir haben jetzt vor dem Landtag ein Stück der Berliner Mauer stehen. Als Mahnmal. Vielleicht brauchen auch Gesetze diese Mahnmale. Paragraf 184 Abs. 5 LVwG hätte so ein Mahnmal sein können. Als Erinnerung an den Überschwang der Sicherheitsgesetzge- bung in der Folge des Anschlags vom 11. September 2001. Und als Erinnerung daran, dass es wieder und wieder die Gerichte waren, die der Mehrheit der Abgeordneten auf- schreiben müssten, was die Grundrechte in Wahrheit wert sind. Sehr geehrte Damen und Herren, es stünde sehr schlecht um die Bürgerrechte in diesem Land, wenn das Bundesverfassungsgericht nicht beharrlich der Freiheit der Menschen den notwendigen Stellenwert eingeräumt hätte.
Wir Abgeordnete müssen durch unsere Gesetzgebung Bürgerinnen und Bürger schüt- zen und zugleich die Freiheit bewahren. Auch wenn einige das bequem finden würden: Diese Abwägung ist keine Aufgabe, die wir auf das Verfassungsgericht delegieren kön- nen.
Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger ist eine staatliche Kernaufgabe. Freiheit und Sicherheit sind gleichzeitig möglich. Sie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt wer- den. Wir wollen selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger – ohne Angst vor ständiger Überwachung und staatlicher Allmacht. Innere Sicherheit basiert auch auf dem Vertrau- en der Bürgerinnen und Bürger in ihren Staat und des Staates in seine Bürgerinnen und Bürger. Dies gilt es zu stärken.
Dass die damalige große Koalition aber sehenden Auges trotz der Warnungen ein ver- fassungswidriges Gesetz beschlossen hat, finde ich – auch nach eineinhalb Jahren – noch immer beschämend. Ich hoffe, die damaligen Akteure haben etwas für die Zukunft gelernt. Ich sehe in diesem Vorstoß auch eine Art Abbitte für eine falsche Politik. Meine Fraktion wird diesem Gesetzesentwurf selbstverständlich zustimmen.



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