Serpil Midyatli zu TOP 4: Kfz-Scanning: Nutzlose und verfassungswidrige Regelung korrigieren
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 16.12.2009 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 4, Änderung des Landesverwaltungsgesetzes (Drucksache 17/94)Serpil Midyatli:Kfz-Scanning: Nutzlose und verfassungswidrige Regelung korrigierenBei dieser Änderung des Landesverwaltungsgesetzes geht es um eine Korrektur einer Regelung, die nach Auffassung der SPD von Anfang an überflüssig war, jedoch auf Druck unseres damaligen – und Ihres heutigen, Herr Kubicki! – Koalitionspartners in das Gesetz aufgenommen werden musste.Die CDU war damals der Auffassung, mit der elektronischen Erkennung von Kraftfahr- zeugkennzeichen – dem sog. Kennzeichen-Scanning - und dem Abgleich des Fahn- dungsbestandes eine Stärkung der Inneren Sicherheit zu erlangen. Sie hatte dies ne- ben vielen anderen Einschränkungen von Bürgerrechten in ihrem Wahlprogramm gefordert. Falls Sie mir nicht glauben, sehen sie doch mal auf Seite 73 nach, da finden Sie noch Begriffe wie „Unterbindungsgewahrsam“, „Finaler Rettungsschuss“ und „Wiedereinführung der öffentlichen Ordnung“.Vieles davon konnte die SPD in den damaligen Koalitionsverhandlungen verhindern, jedoch leider nicht die Forderungen der CDU nach Einführung der Schleierfahn- dung, der Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung und der Auswei- tung weiterer technischer Überwachungsmaßnahmen, darunter auch des Kennzei- chen-Scannings. Da es jedoch neben den grundrechtlichen Bedenken gegen gerade diese Maßnahme auch erhebliche Zweifel an ihrer Geeignetheit zur GefahrenabwehrHerausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-gab, konnten wir die CDU zumindest davon überzeugen, dieses vor Schaffung einer endgültigen Regelung zunächst erst einmal auszuprobieren.So ist damals das Modellvorhaben gestartet. Das Bundesverfassungsgericht hat je- doch am 11. März 2008 die Schleswig-Holsteinische Regelung für verfassungswidrig erklärt. An gleichen Tag wurde der Modellversuch beendet. Nach dessen Auswertun- gen können wir heute sagen, dass von den über 130.000 automatisch erfassten Kenn- zeichen kein einziger Fahndungserfolg wegen gestohlener Fahrzeuge oder schwe- rer Straftaten erzielt werden konnte. Diese Maßnahme hat sich damit auch in der Pra- xis als ein ungeeignetes Instrument für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Si- cherheit erwiesen.Um hier einer Legendenbildung vorzubeugen: Die CDU-Landtagsfraktion hat dem Ge- setzentwurf des damaligen Innenministers Ralf Stegner aus dem Jahr 2007, mit dem das Landesverwaltungsgesetz in diesem und anderen Punkten geändert wurde, nicht nur zugestimmt, sie hatte im Vorwege noch weitere Forderungen nach Ausweitung polizeilicher Eingriffsbefugnisse und Einschränkungen von Freiheitsrechten erho- ben, die Gegenstand eines Koalitionsausschusses im Dezember 2006 waren.Leider hat die CDU in der letzten Wahlperiode nicht die Kraft gefunden, mit uns ge- meinsam die notwendige Korrektur im Gesetz vorzunehmen. Sie hat vielmehr von uns verlangt, einem neuen Gesetzentwurf zuzustimmen, der die erwiesenermaßen nutzlo- se Maßnahme des Kennzeichen-Scannings dauerhaft im Landesverwaltungsgesetz festschreiben wollte. Dies haben wir unter Hinweis auf die fehlende Grundlage im Koa- litionsvertrag abgelehnt. Vielleicht können Sie ja Ihren neuen Koalitionspartner noch für dieses Vorhaben begeistern, die FDP ist schließlich für ihre Flexibilität bekannt.Wir waren damals und wir sind auch noch der Meinung, dass eine Regelung, die nicht nur verfassungswidrig, sondern auch obendrein noch ohne praktischen -3-Nutzen ist, in einem Landesgesetz nichts mehr zu suchen hat. Dies ist nicht nur ein redaktionelles Problem. Ein Polizeigesetz, das wie kaum ein anderes Landesgesetz Eingriffe in die Bürgerrechte erlaubt, ist nicht nur für die Anwender dieses Rechts da. Auch die „einfachen“ Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass dieses Gesetz vollständig und abschließend das beschreibt, was der Staat darf und was nicht. Dies gilt insbesondere für das Verständnis von Menschen mit Migrati- onshintergrund, von denen ja häufig in besonderer Weise Rechtstreue verlangt wird.Und Journalisten, die sehr kritisch über die Einschränkungen von Bürgerrechten be- richten, sollten es eigentlich als Erfolg ansehen, wenn eine falsche Regel nicht klamm- heimlich beerdigt, sondern öffentlich wahrnehmbar korrigiert wird. Es wird oft über die Unfähigkeit der Politik geschrieben, auch Fehler einzugestehen. Hier bietet sich einmal die Gelegenheit, das Gegenteil zu erleben.Wir, die SPD-Fraktion, möchten mit Ihnen gemeinsam diese notwendige Korrektur vollziehen. Daher bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Langer Rede kurzer Sinn: Ganz einfach zusammengefasst könnten wir auch sagen: Außer Spesen nix gewesen.