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16.12.09
10:52 Uhr
SSW

Flemming Meyer zu TOP 14 - Europäisches Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung

Presseinformation
Kiel, den 16. Dezember 2009 Es gilt das gesprochene Wort



Flemming Meyer
TOP 14 Europäisches Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung Drs. 17/44

Seit dem Europäischen Jahr für kleine und mittlere Unternehmen und Handwerk im
Jahre 1983 hat es immer wieder mehr oder weniger bekannte Initiativen gegeben,
bestimmte Anliegen oder Personengruppen ein Jahr lang in den Mittelpunkt zu stellen.
Die Intention der EU ist dabei durchweg ehrenhaft und gut, aber in der Regel völlig
wirkungslos.
Was dagegen wir brauchen, ist eine andere Politik. Eine Politik, die den gesellschaftlichen
Reichtum besser verteilt, den Armen bessere Teilhabechancen eröffnet und
existenzsichernde Beschäftigung ermöglicht.
Doch gerade davon sind wir in Deutschland weiter denn je entfernt. Immer wieder rügen
internationale Organisationen Deutschland für seine hohe Kinderarmut, zuletzt im
September die OECD. Deutschland gebe zwar für Kinder 20 Prozent mehr aus als die
meisten anderen Industriestaaten, trotzdem lebt fast jedes sechste Kind in relativer 2
Armut, also mit weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens; in Dänemark
dagegen nur jedes 37. Kind. Die Gründe sind schnell aufgezählt: Gießkannenprinzip,
mangelnde strukturelle Hilfen und kein Gesamtkonzept der Familienförderung.
Ganztagsbetreuung in Krippe, Kita und der Schule, damit auch Alleinerziehende arbeiten
können – und von Hartz IV wegkommen, findet man auf dem Land zu wenig, oder gar
nicht. Andererseits gibt es für Hartz IV Kinder zu wenig Geld, so dass sie zu Außenseitern
werden. Das ist ein Teufelskreis der Armut, der zu einem gandenlosen Abwärtsstrudel
wird!
Wer es mit dem Europäischen Jahr ernst meint, muss die Sätze für Kinder aus HartzIV-
Familien erhöhen und die Einrichtungen, also Kita und Schule besser ausstatten:
finanziell und personell. Stattdessen macht die neue Bundesregierung genau dort
weiter, wo die alte aufgehört hat: mit Betreuungsgeld und 20 Euro mehr Kindergeld.
Wir müssen dagegen weg von den individuellen Leistungen und die Neigungen und
Talente der Kinder gezielt fördern; und zwar in professionellen Institutionen. Nur so
werden später aus ihnen Erwachsene, die auf eigenen Beinen stehen können und eben
keine dauersubventionierten Schulabbrecher.
In Schleswig-Holstein haben wir zu viele private Schuldenhaushalte, zu viele junge
Erwachsene ohne Qualifikationsperspektive und immer noch viel zu wenig Plätze in
Kinderkrippen. An diesen Tatsachen gibt es nichts zu deuteln. Genau das versucht aber
der Änderungsantrag, indem er auf bestehende Maßnahmen abhebt. Diese Maßnahmen
beheben aber weder die Kinderarmut noch deren Folgen. Dazu sind sie völlig
unterfinanziert.
Dazu kommt, dass das viel beschworene Netzwerk bereits jetzt völlig überlastet ist. Viele
Profis leisten in diesem Bereich gewohnheitsmäßig Überstunden, von denen sie wissen,
dass sie niemals vergolten werden. 3
Die Regierungsfraktionen wollen offensichtlich nur ihr Image polieren - der SSW will
dagegen Armut wirkungsvoll, nachhaltig und dauerhaft bekämpfen. Darum lehnen wir
den Änderungsantrag ab. Wir fordern einen Politikwechsel; allerdings fehlt es an
politischen Mehrheiten, diesen auch umzusetzen.