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19.11.09
17:47 Uhr
B 90/Grüne

Bernd Voß zum Landesfischereigesetz

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 3 – Landesfischereigesetz Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt der agrarpolitische Sprecher Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53 Bernd Voss: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 519.09 / 19.11.2009 Fischerei muss nachhaltig sein
Küsten-, Binnen- und Freizeitfischerei sind in Schleswig-Holstein nicht wegzudenken. Es geht nicht allein um die Zahl der direkt in diesem Bereich Arbeitenden und der vielen, die hier im Nebenerwerb tätig sind. Ihre Existenz, ihr Wirtschaften ist an den Küsten auch von herausragender Bedeutung für den Tourismus. Im Binnenland gehören Teichwirtschaften seit Jahrhunderten zu integrierten Bestandteilen unseres vielfältigen Natur- und Wirtschafts- raum. Ähnlich die Situation entlang unserer Flüsse.

Die wirtschaftliche Situation der Fischerei ist sehr schwierig. Dies gilt besonders auch für die Erwerbsfischerei. Das, obwohl der Fischkonsum bei uns kontinuierlich steigt (16 kg pro Kopf und Jahr). Der Ruf von Fisch ist hervorragend, auch ernährungsphysiologisch. Dabei wird nur ein kleiner Teil in Nord- und Ostsee gefangen und in deutschen Häfen angelandet oder kommt aus unseren Binnengewässern. 80 Prozent des Fisches, der in Deutschland verzerrt wird, ist Importware. Oft auf verschlungenen Wegen, aus den Weiten der Ozeane in unsere Supermärkte gekommen.

70 Prozent der kommerziellen Fischbestände weltweit sind nach Einschätzung der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) erschöpft oder überfischt. Die EU, getragen von den Entscheidungen der europäischen Regierungen, ist mit ihrer gemein- samen Fischereipolitik intensiv daran beteiligt. Fangrechte, z.B. vor Westafrika, werden er- gattert. Die Gewässer leer gefischt und damit die lokale Bevölkerung ihrer Erwerbsmöglich-
Seite 1 von 3 keiten beraubt. Wirtschaftsflüchtlinge, die dann an den Grenzen der EU ankommen, haben auch ihre Ursache in einer Politik, die von der Kurzsichtigkeit getragen ist: Fisch ich den Fisch nicht weg, fischt ihn ein anderer.

Kommen wir zurück auf unsere Fischerei. Ein Bestandteil ihres Rechtsrahmens ist das Lan- desfischereigesetz. Die Präambel dieses Gesetzes liest sich erst mal einleuchtend. „Die Fi- scherei in den Küsten- und Binnengewässern Schleswig-Holsteins bildet einen wichtigen wirtschaftlichen und sozialkulturellen Bestandteil der schleswig-holsteinischen Gesellschaft. Ihr Erhalt ist notwendig.“

Über viele Jahrzehnte gewachsen und in einer historischen Diktion gefangen zu sein, ist ein grundsätzliches Problem der Reform dieses Landesfischereigesetzes. Wir würden es be- grüßen, wenn mit der Reform des Gesetzes die Fischerei stärker mit anderen gesellschaftli- chen Anliegen vernetzt wird.

Uns fehlt bei den Zielen die heimische, artenreiche und gesunde Fischfauna, die Wiederan- siedlung verschwundener heimischer Fischarten. Wir können nicht erkennen, welche Maß- nahmen für die Erreichung dieser Ziele ergriffen werden sollen: Für die ungehinderte Fisch- wanderung zwischen Meer- und Süßwasser, für die die Bestandserholung großer und alt werdender Meeresfische, für die Lösung der Beifangproblematik, für ein Verbot der Einbrin- gung gebietsfremder und nicht-heimischer Populationen?

Die Gradwanderung von Aquakulturen von sehr nachhaltigen Systemen und Systemen, die gravierend negative Auswirkungen haben, ist sehr schmal. Wir haben hier eine rasante Entwicklung. 50 Prozent des weltweiten Fischkonsums entstammt bereits Aquakulturen.

Mit der Aufnahme von Aquakulturen in die EU- Bioverordnung haben wir ein Stück weit ein Leitbild der Nachhaltigkeit für diese Wirtschaftsform bekommen. Es ist uns völlig unver- ständlich, dass in diesen Gesetzesreformvorschlag nicht aufgenommen wurde, wann und von wem neue Aquakulturanlagen genehmigt werden.

Zahlreiche Unternehmen der Fischerei sind bereits dabei, sich nach Systemen wie dem MSC (Marine Stewardship Council) zertifizieren zulassen, um in der Vermarktung eine er- träglichere Position zu finden. An welcher Stelle wird der Gesetzentwurf dieser Entwicklung gerecht? Fischerei kann sich nur dann zu einer win-win Situation entwickeln, wenn das Gleichgewicht 2 zwischen Nutzung und Schutz wieder hergestellt wird. Die Debatte am Dienstag, um die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, hat dies auch deutlich gemacht.

Wir wollen ja nicht die Spaßbremse für diesen Gesetzesvorschlag sein. Schnupperangeln ohne Angelschein unter fachlicher Begleitung mag ja möglich werden. Wir lehnen aber ein weitgehendes Abschaffen der Voraussetzung „Angelscheinprüfung“ ab.

Gerade viele Jugendliche machen den Angelschein. Es handelt sich um eine freiwillige Ausbildung und Umweltbildung, die mit viel Engagement von allen Beteiligten gestaltet wird. Fachkunde beim Angeln und auch beim Töten der Tiere sind unverzichtbare Elemente des Tierschutzes.

Der Entwurf liegt uns erst wenige Tage vor. Wir werden ihn einer intensiven weiteren Prü- fung unterziehen und freuen uns auf die Beratung im Ausschuss.

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