Birgit Herdejürgen zu TOP 15+16: Die Landesregierung muss den Willen des Parlaments umsetzen
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 18.11.2009 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 15 + 16, Zukunft der HSH Nordbank + Vergütung der Vorstandsmitglieder der HSH Nord- bank, (Drucksachen 17/23 + 17/24)Birgit Herdejürgen:Die Landesregierung muss den Willen des Parlaments umsetzenMit der Entscheidung des Parlaments, der HSH Nordbank zusätzliche Mittel und Ga- rantien zur Verfügung zu stellen, sollten die Voraussetzungen dafür geschaffen wer- den, dass die Situation der Bank stabil bleibt, führt die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Birgit Herdejürgen, aus. Das Parlament erwarte, dass seine Beschlüsse und Bedingungen an die weitere Entwicklung respektiert und umgesetzt werden. Die Fraktionen wollten ganz klar eine Beschränkung der Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder. Dies habe die Landesregierung nicht durchgesetzt, kritisiert die Abgeordnete mit deutlichen Worten.Die Rede im Wortlaut: Ich beginne mit einem Zitat: „Ich halte dieses Geschäftsmodell – auch nach der Befas- sung mit diesem Modell – für alternativlos, und zwar bezogen auf die Investitionen der Träger, (…) bezogen auf das Know-how, das die Bank verkörpert und das sonst zer- stört würde, und auch bezogen auf die Kundenbeziehungen, weil ansonsten das In- vestment zerstört würde“, sagte Dr. Rehm, SoFFin, am 19. März 2009 in der gemein- samen Sitzung von Finanz-, Wirtschafts- und Innenausschuss.Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-Optimistisch ist etwas anderes, und so nimmt nicht Wunder, dass Herr Sanio von der BaFin in derselben Sitzung mit Bezug auf seine 68er Wurzeln lakonisch bemerkte: „Nimm das schlechteste an und bereite dich darauf vor, enttäuscht zu sein. - Das dürf- te die richtige Einstellung für die Zukunft sein.“Das Land kann es sich nicht leisten, enttäuscht zu werden. Wir müssen davon ausge- hen, dass mit den Personalwechseln auf der Führungsebene und mit der Restrukturie- rung der Bank die wesentlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Situation der HSH Nordbank stabil bleibt, dass das aufs Kerngeschäft reduzierte Ge- schäftsmodell greift, dass die Bank bald Gewinne macht, dass mittelfristig die Dividen- denfähigkeit wieder hergestellt wird.Das war die Grundlage für unsere Entscheidung vom März dieses Jahres, trotz mas- siver Bedenken zusätzliche Mittel und Garantien zur Verfügung zu stellen, und das sind unsere Erwartungen.So finden wir es, um ein Beispiel zu nennen, richtig, dass nun auch Bank und Anteils- eigner auf unsere Forderung eingeschwenkt sind, bei Pflichtverletzungen des Spit- zenpersonals Schadenersatzforderungen zu prüfen. Wir finden es richtig, dass die Defizite in der Steuerung und der Kontrolle - deren Ausprägungen, folgt man den Presseberichten, teils so absurd anmuten, dass ein Fernsehfilm-Drehbuch selben In- halts kaum Chancen auf Realisierung hätte -, dass diese Defizite nun, wo sie endlich aufgedeckt sind, aufgearbeitet werden.Unsere Fraktion wird das auch sehr ernsthaft im Untersuchungsausschuss betreiben. Inwieweit CDU und FDP dies tun, wird sich zeigen. Die CDU hat aber offenbar weniger Angst vor dem Aufklärungseifer der FDP als in der alten Koalition gegenüber der SPD: Getrennte Beweisanträge wollte die CDU in der Vereinbarung mit uns nicht zulassen. -3-Bezogen auf die Rahmenbedingungen, die wir als Anteilseigner politisch gestalten, erwarten wir, dass unsere Beschlüsse und unsere Bedingungen an die weitere Entwicklung respektiert und umgesetzt werden.Und, diese Zwischenbemerkung sei mir gestattet, es nimmt schon Wunder, wenn der neue Wirtschaftsminister ausdrücklich als Fachmann in Sachen HSH bezeichnet wird mit der Begründung, er sei bislang Wirtschafts-Staatssekretär gewesen, während sein früherer Chef, Wirtschaftsminister Marnette, in nichts einbezogen worden sein will. Da fragt man sich durchaus, ob die Kommunikationsstrukturen der Bank Vorbild waren für die innerhalb der Landesregierung oder umgekehrt und ob das eine für das andere spricht.Die Landesregierung muss den Willen des Parlaments umsetzen und sie muss aufhören, die Abgeordneten mit schönen Formulierungen in die Irre führen zu wollen, zu täuschen und mit geschickt verpackten Halbwahrheiten zu arbeiten. Die Landesre- gierung ist dem Landtag gegenüber verantwortlich.Ihnen ist bekannt, wir haben das ja verschiedentlich gesagt, dass die SPD dagegen war, die Regierungsmitglieder aus dem Aufsichtsrat der Bank abzuziehen. Wir halten diese Entscheidung nach wie vor für falsch. Bereits bisher war es ausgesprochen schwierig, die Anforderungen des Landtags durchzusetzen.Drei Resolutionen hat der schleswig-holsteinische Landtag verabschiedet: am 25. Februar 2009, am 25. März 2009 und am 3. April 2009. -4-Zwei dieser Resolutionen bezogen sich auch auf die Vorstandsvergütungen, und es wurde sowohl im Landtag als auch in den Sitzungen des Finanzausschusses über- deutlich, was die Fraktionen wollten: Eine Beschränkung der Gesamtvergütung auf maximal 500.000 Euro pro Person und Jahr.Der damalige Finanzminister Wiegard beschied uns im Finanzausschuss: „Ein Be- schluss des Landtages ist für den Vorstand der Bank nicht verbindlich.“ Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen Rechtsverbindlichkeit und klugem Verhalten gegenüber einem Haupt-Anteilseigner.Unsere Aussagen sind und waren deutlich: ► keine Abfindungen und Halteprämien, ► keine zusätzlichen Leistungen, mögen sie noch so „üblich“ sein, ► und Boni allerfrühestens dann, wenn das Land Schleswig-Holstein keine Ver- pflichtungen aus den gegebenen Garantien mehr zu erfüllen hat.Landtag und Finanzausschuss haben dies schon vorher gefordert, mit Unterschieden in Details, aber im Grundsatz eindeutig. Ich zitiere aus dem Protokoll der Finanzausschusssitzung vom 3. September 2009: „Abg. Herdejürgen nimmt auf die Resolution des Landtages Bezug und legt Wert dar- auf, dass die Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder unabhängig von der Frage der Dividendenfähigkeit generell die Summe von 500.000 € nicht überschreiten dürfe.“„Abg. Kubicki erwartet, dass es, solange die Gesamtdividendenfähigkeit der Bank (Bad Bank und Good Bank) nicht wieder hergestellt sei, keine zusätzliche Vergütung über die Grenze von 500.000 € hinaus gebe.“„Abg. Heinold beantragt, (…) dass die monetäre Gesamtvergütung der Vorstandsmit- glieder und anderen Mitarbeiter der HSH Nordbank AG - einschließlich aller Prämien -5-und Vergütungen (…) den Gesamtbetrag von 500.000 € pro Person und Jahr nicht übersteige (…). Es solle ausgeschlossen sein, dass Bonuszahlungen oder variable Vergütungen (…) im Nachhinein gezahlt würden.“Viel deutlicher kann man den Willen des Parlaments nicht machen. Minister Wiegard hat in dieser Sitzung des Finanzausschusses ziemlich rumgeeiert. Herausgekommen ist, dass die Regierung nicht die Absicht hat, das, was immer wieder und über- deutlich betont wurde, durchzusetzen.Gegen die Missachtung dieses Willens wenden wir uns aufs Schärfste. Es kann nicht angehen, dass der Wille des Parlaments durch kreative Interpretation und Selektion verändert wird.In einer Situation, in der Banken durch unsere Steuern beschirmt werden, sind über- schießende Vorstandsvergütungen nicht hinzunehmen. Das ist eine Frage der Ver- hältnismäßigkeit. Wir finden sie unverantwortlich gegenüber den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, die letztlich für die Risiken, die die Bank eingegangen ist, einste- hen müssen.► Ein wirtschaftlicher Zustand, der – soweit bisher öffentlich bekannt – durch erheb- liche Mängel in Management und Organisation der Bank zumindest mitverschul- det wurde,► ein Geschäftsmodell, das durchgezogen werden muss, weil es keine Alternativen dazu gibt,► jahrelanges Laissez Faire im Vorstand, so dass sogar Schadenersatz gefordert wird -6-- all das schreit nicht gerade danach, es auch noch durch Extras und Boni zu beloh- nen, gleich, ob sie jetzt oder später gezahlt werden.Und wenn der Ministerpräsident, wie im Sommer geschehen, bei Herrn Nonnenma- cher anruft, um ihn zu bewegen, freiwillig auf seinen Bonus zu verzichten, ist das zwar niedlich, zeugt aber keineswegs von Souveränität: Hätte er sich doch nur ein gutes halbes Jahr zuvor genau der Vertragsgestaltung verweigern müssen, die die Prämien- zahlung erst möglich gemacht hat.Der SSW fordert nun abermals klipp und klar: „Die Gesamtvergütung für Vorstandsmitglieder unter Einschluss aller geldwerten Vor- teile, Versorgungsleistungen und sonstigen Zahlungen darf 500.000 Euro im Jahr nicht überschreiten.“ Wir werden diesem Antrag zustimmen.