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16.09.09
12:47 Uhr
SPD

Klaus-Peter Puls zu TOP 8, 32, 33: SPD für Schuldenbremse in der Landesverfassung

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 16.09.2009 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 8, 32 und 33, Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (Drucksache 16/2746 und 16/2836) sowie Anträge zur Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Verankerung der Schuldenregelung (Drucksache 16/2747 und 16/2844) und zum Be- schluss des Landtages zu dem Thema „Haushalt konsolidieren – Neuverschuldung auf Null re- duzieren“ (Drucksache 16/2771 und 16/2845)

Klaus-Peter Puls:

SPD für Schuldenbremse in der Landesverfassung

Die SPD-Landtagsfraktion ist für die Aufnahme einer Schuldenbegrenzung in die Lan- desverfassung – allerdings nach sorgfältiger Prüfung und Beratung; eine solch schwerwiegende Änderung der Verfassung sollte nicht rasch durchgewinkt werden, er- läutert der innen- und rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Klaus-Peter Puls. Des- halb haben die Sozialdemokraten in der heutigen Plenartagung dafür gestimmt, die Landesregierung zu beauftragen, eine konkrete Verfassungsänderung vorzubereiten. Gleichzeitig soll eine Verfassungsklage gegen die Aufnahme einer Schuldenbremse für die Länder in das Grundgesetz in die Wege geleitet werden, da diese die Rechte der Länderparlamente in unzulässiger Weise einschränkt.



Die Rede im Wortlaut: Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt die von Landtagspräsident Kayenburg beantrag- te Verfassungsklage gegen die bundesgesetzliche Festschreibung einer Schul- dengrenze für die Länder und spricht sich für ein Verbot struktureller Neuver- schuldung in der Landesverfassung aus. Wir stimmen der Verfassungsklage zu,



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



weil es nicht angehen kann, dass sich der Bund in die grundgesetzlich garantierte Haushaltsautonomie und Budgethoheit der Länder einmischt. Und wir befürworten ei- ne landesverfassungsrechtliche Regelung, weil eine Schuldenbremse für Schleswig- Holstein nicht in das Grundgesetz des Bundes gehört, sondern der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers überlassen sein und bleiben muss.

Um klar zu stellen, dass mit der Klage nicht eine Schuldenbegrenzung in der Sache für Schleswig-Holstein verhindert werden soll, wollen wir die Landesregierung auffordern, den Entwurf einer Landesverfassungsänderung vorzulegen, der die Neuverschul- dung des Landes in wirtschaftlichen Normallagen künftig ausschließt. Wir wür- den das gern mit Ihnen allen gemeinsam hier im Landtag heute beschließen. Einen entsprechenden Antragsentwurf haben wir in die Fachausschussberatungen einge- führt. Konstruktive Antragsänderungen und Ergänzungen der FDP und der Grünen sind von uns übernommen worden und in die Ausschussempfehlungen eingeflossen. Der – in den Ausschüssen nicht stimmberechtigte – SSW hat das von uns vorgeschla- gene Verfahren ausdrücklich befürwortet.

Der konkrete Gesetzentwurf unseres Landtagspräsidenten zur Änderung der Lan- desverfassung bedürfte nach unserer Auffassung noch näherer Prüfung und Bera- tung, bevor er in dieser oder vergleichbar guter Form, vielleicht sogar inhaltlich ver- bessert, im Landtag verabschiedet wird. Er kann selbstverständlich dem von uns bean- tragten Gesetzentwurf der neuen Landesregierung zu Grunde gelegt werden. Heute sollte er noch nicht verabschiedet werden. In der Abstimmung dazu werden wir uns enthalten. Für die Zukunft des Landes und nachfolgende Generationen derart sub- stanzielle Verfassungsänderungen sollten wir nicht im Schnellverfahren auf den Weg bringen. Schon für einfache und wesentlich weniger einschneidende und komplexe Gesetzentwürfe nehmen wir uns üblicherweise Zeit zur Beratung in den Fachaus- schüssen mit schriftlichen und vertiefenden mündlichen Anhörungen sachver- ständiger Einzelpersonen, Einrichtungen und Institute. Für den Gesetzentwurf des -3-



Landtagspräsidenten war die verfügbare Beratungszeit unseres Erachtens nicht aus- reichend: Der Gesetzentwurf ist am 15. Juli in den Landtag eingebracht worden. Am 16. Juli war die Koalitions-, Regierungs- und Landtagswahlzeit absehbar beendet. Um- fassende intensive Beratungen zu dem komplexen Gesetzgebungsvorhaben waren damit faktisch für den Rest der Wahlzeit ausgeschlossen.

Der Verfassungsklage können wir hier und heute unsere Zustimmung geben, weil die Argumente des Lorenz-von-Stein-Instituts für Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel uns überzeugen:

- Wir teilen die fachliche Meinung des Instituts in der eingeholten schriftlichen Stel- lungnahme, dass der neue Artikel 109 des Grundgesetzes mit der Schuldenbremse verfassungswidrig ist, soweit er die Länder betrifft.

- Wir teilen die Rechtsauffassung des Instituts, dass die grundgesetzliche Fixierung ei- ner Länder-Schuldenbremse gegen unveränderliche Verfassungsgrundsätze des Grundgesetzes selbst verstößt.

- Verletzt wird nicht nur das Bundesstaatsprinzip, dass den Ländern als Kernbestand ihrer Eigenstaatlichkeit ihre Haushaltsautonomie und Budgethoheit garantiert.

- Und verletzt wird auch und sogar das Demokratieprinzip, weil es – verfassungsrecht- lich ebenfalls unabdingbar – verlangt, dass den Ländern als echte Gestaltungsmög- lichkeit das Budgetrecht ihrer mit dieser Kompetenz ja gewählten Landesparlamente erhalten bleibt.

Keinen Zweifel haben wir deshalb auch an der hier und da skeptisch gesehenen Kla- gebefugnis der Landesparlamente „zur Wahrung ihrer ureigenen Rechte“. Die konkrete Wahrnehmung dieser Rechte durch Einführung einer Schuldenbremse in die Schles- -4-



wig-Holsteinische Landesverfassung muss nicht heute geschehen. Die grundsätzli- che Entscheidung für ein strukturelles Neuverschuldungsverbot ab 2020 ist be- reits getroffen: Am 15. Juli hat der Landtag beschlossen, - dass die Neuverschuldung ab 2011 jährlich um 10 % gesenkt wird und - dass spätestens ab 2020 auch ohne bundesgesetzlichen Zwang jeder Landeshaus- halt in wirtschaftlichen Normallagen ohne die Aufnahme neuer Schulden auskommen soll.

Genau das in einer Änderung der Landesverfassung zu verankern und die Landesre- gierung mit einem entsprechenden Gesetzentwurf zu beauftragen, wird uns heute in den Beschlussempfehlungen des Innen- und Rechtsausschusses und des Finanzaus- schusses vorgeschlagen. Wir sollten dieser Beschlussempfehlung folgen. Zeitdruck besteht nicht:

Der Kollege Kubicki hat für die FDP-Fraktion in der Sitzung des Landtages am 15. Juli zutreffend erklärt, dass man mit der Klage „keinen ausgefeilten Gesetzentwurf“ vorle- gen müsse, es reiche die „Absichtserklärung“ (Seite 8684). Die FDP sei bereit, „auch noch in der Dezember-Tagung des Landtages eine Verfassungsänderung zu verab- schieden, die dem Gestaltungsspielraum des Landtages von Schleswig-Holstein ge- recht wird. Danach könne dann eine Klage eingereicht werden“ „Kein Problem“ (Seite 8691). Auch hinsichtlich der „konkreten Regelung“ im Gesetzentwurf des Kollegen Kayenburg, so Herr Kubicki am 15. Juli, hätte die FDP „eine andere Variante bevor- zugt oder bevorzuge eine andere Variante“ (Seite 8684). Diese einzubringen, ist wei- terhin Gelegenheit, wenn wir der Ausschussempfehlung zustimmen, und wir als SPD- Landtagsfraktion ermuntern Herrn Kubicki ausdrücklich dazu, die von der FDP bevor- zugte Variante dann auch vorzulegen.

Der Kollege Hentschel hat in derselben Landtagssitzung am 15. Juli für die grüne Fraktion vorgetragen, dass der Gesetzentwurf des Präsidenten ihm „nicht präzise ge- -5-



nug“ erscheine, weil er dem Landtag durch einen einfachen Beschluss erlaube, „auf- grund einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung noch Kre- dite aufzunehmen“, das finde er „problematisch“. Er würde „gern noch einmal im Aus- schuss darüber reden, wenn wir dazu kommen“ (Seite 8687). Dazu bestünde (nicht mehr für uns beide, Herr Kollege Hentschel, aber für unsere parlamentarischen Nach- fahren) in der neuen Wahlzeit des Landtages auf Grund des dann vorzulegenden Ge- setzentwurfs der neuen Landesregierung die ungehinderte und ausgiebige Möglich- keit.

Die Kollegin Spoorendonk hat am 15. Juli für den SSW zwar gemahnt, „dass das Zeit- fenster für eine Klage (gegen die grundgesetzliche Regelung einer Länder- Schuldenbremse) nicht ewig offen steht“ sie hat aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass nach Inkrafttreten der grundgesetzlichen Regelung (heute wissen wir, dass das der 01. August war) noch sechs Monate bleiben (Seite 8689). Fristablauf wäre danach der 01. Februar für eine konkrete Landesverfassungsänderung im unmittelbaren Zu- sammenhang mit der Verfassungsklage: Zeit genug, um etwas Vernünftiges, Durch- dachtes, Dauerhaftes im Sinne des Kollegen Kayenburg und gegebenenfalls modifi- ziert auf den Weg zu bringen.

Auch der Kollege Wadephul hat sich in der Landtagssitzung am 15. Juli geäußert, und ich zitiere seinen für die CDU-Fraktion formulierten Schlusssatz (Seite 8681): „Deswe- gen glaube ich, dass es in diesem Landtag Zeit und Gelegenheit gibt, noch einmal sehr ernsthaft darüber zu diskutieren, ob wir es nicht doch schaffen, gemeinsam eine verfassungsgemäße Schuldenbremse in der Verfassung des Landes Schleswig- Holstein zu verankern. Es ist die Mühe und Anstrengung aller Parlamentarier wert.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Es wäre schön, wenn auch die CDU-Fraktion sich an den Appell ihres Fraktionsvorsitzenden halten und nicht schon heute übereilt einer Landes- verfassungsänderung zustimmen würde, die das ganze Haus nach sorgfältiger Bera- -6-



tung in der Sache ein paar Wochen oder Monate später genauso gut oder besser ver- abschieden könnte.