Monika Heinold zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 28 – Erster Parlamentarischer Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank 24105 Kiel Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt die finanzpolitische Sprecherin Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53Monika Heinold: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 429.09 / 16.09.2009Statt fähige Minister wie Eierdiebe aus dem Amt zu jagen, hätte der Ministerpräsident seinen Finanzminister schon vor Monaten nach Hause schicken müssen!Der Untersuchungsausschuss legt dem Landtag heute einen von allen Fraktionen ge- tragenen Zwischenbericht vor. Der Bericht ist knapp und nüchtern und beschreibt den derzeitigen Sachstand der Untersuchung – stehen wir doch erst am Anfang der Ermitt- lungen.Über die Fraktionsgrenzen hinweg haben wir uns darauf geeinigt, keinen Abschluss- bericht vorzulegen, damit bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Landtags weiter- gearbeitet werden kann. Wir wollen die Verzögerung, die bereits durch die vorgezogene Neuwahl eintreten ist, so gering wie möglich halten.Die Ermittlungen müssen im neuen Landtag zügig fortgesetzt werden, denn schon jetzt zeichnet sich ab, wie schlecht die Bank gemanagt wurde, wie dramatisch der Aufsichts- rat bei der Kontrolle des Vorstands versagt hat und wie dilettantisch die Landesregie- rung in den letzen Monaten der Krise gehandelt hat.In aller Deutlichkeit hat Herr Gößmann, der Chefjustiziar der HSH Nordbank, in seiner Stellungnahme letzte Woche vor dem Untersuchungsausschuss klargemacht, dass die Bank ihren Geschäften nicht gewachsen war. Seite 1 von 4 Das Kreditersatzgeschäft sei zu riskant und zu groß gewesen, in der Geschäftsorgani- sation, dem Risikomanagement und der Rechnungslegung habe es Mängel gegeben, das Risikobewusstsein sei zu wenig ausgeprägt, die Marktfolge personell, organisato- risch und technisch nicht hinreichend ausgestattet gewesen.Im Klartext heißt das: Die Bank hat ohne Netz und doppelten Boden das Geld der Schleswig-Holsteinischen SteuerzahlerInnen auf den Weltmärkten verzockt. Das war unverantwortlich.2008 machte die Bank einen Verlust von 2,8 Milliarden Euro, wobei allein die Spekulati- onsverluste in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt über 2,9 Milliarden Euro betrugen.Und über diese bereits realisierten Spekulationsverluste hinaus, schlummern in den Bü- chern der Bank weitere stille Lasten in Milliardenhöhe. Und ohne die Milliarden schwere Hilfe des Steuerzahlers wäre die Bank im November 2008 von der Bankenaufsicht ge- schlossen worden.Und da stellen Sie sich hin, Herr Wiegard, und tönen - gemeinsam mit dem Vorstands- vorsitzenden Nonnenmacher - es sei doch alles bestens, die Bank und das Rettungs- paket hätten den Steuerzahler bislang keinen Cent gekostet.Herr Finanzminister: Für wie blöd halten sie die WählerInnen eigentlich? Sie wissen doch ganz genau, dass Schleswig-Holstein schon Milliarden Euro an Eigenkapital in die Bank gesteckt hat und dafür zurzeit wegen fehlenden Dividenden keine Gegenleistung erhält.Sie wissen doch, dass durch Spekulationsverluste und durch Investitionen in US- Schrottimmobilien Vermögen der Bank – und damit auch Landesvermögen – vernichtet wurde.Und Sie wissen doch auch ganz genau, dass das jetzige Geschäftsmodell der Bank auf tönernen Füßen steht und es noch völlig offen ist, ob Schleswig-Holstein von den inves- tierten Milliarden auch nur einen Cent wieder zurückbekommt.Nein, Herr Wiegard, es ist nicht die böse Opposition die die Zukunft der Bank schlecht redet. Es sind ihre eigenen ehemaligen Kabinettskollegen Döring und Marnette, die jetzt erklären, dass schon zum Jahresende hin eine erneute existenzielle Bedrohung der HSH Nordbank zu befürchten sei.Kein Verlust für den Steuerzahler? Herr Wiegard – wer soll Ihnen dieses Märchen ei- gentlich glauben?Meine Damen und Herren, es ist sicherlich richtig, dass die HSH Nordbank durch die in- ternationalen Marktverwerfungen hart getroffen wurde. Es ist aber falsch, Herr Wiegard, wenn behauptet wird, dass vor dem Zusammenbruch von Lehman alles in bester Ord- 2 nung gewesen sei.Es war nicht in Ordnung, dass die chronisch unterkapitalisierte Bank Geschäfte betrieb, als wäre sie hochkapitalisiert, und dass sie daneben sogar noch Zweckgesellschaften im Ausland gründete, um außerhalb der Bilanz noch mehr Geschäfte machen zu kön- nen.Es war nicht in Ordnung, dass im Kreditersatzgeschäft immer waaghalsiger spekuliert und dass das Kontrollsystem parallel dazu ausgedünnt wurde.Während ein Häuslebauer mehrere Wochen warten und bangen muss, ob ihm seine Bank einen kleinen Baukredit gewährt, kaufte die HSH Nordbank unter der Aufsicht, un- ter der Kontrolle und mit dem Wissen von Finanzminister Wiegard, in großem Stile und im Schnellverfahren US-amerikanische Schrottkredite und andere Wertpapiere auf, die der Bank und den BügerInnen Schleswig-Holsteins heute um die Ohren fliegen.Die BürgerInnen erwarten nun zu Recht, dass alle, die für dieses unverantwortliche Handeln der Bank mitverantwortlich sind, zu ihrer Verantwortung stehen und erklären, warum die Aufsichtsratmitglieder ihrer Kontroll- und Aufsichtspflicht nicht gerecht ge- worden sind: Die Vertreter der Sparkassen, der Wirtschaft und der Politik. Es geht nicht an, dass Aufsichtsräte im Nachhinein abtauchen und so tun, als hätten sie mit der Bank nichts zu tun.Und es ist eine Unverschämtheit, wenn Sie, Herr Wiegard, als verantwortlicher Finanz- minister für dieses Schlamassel, kurz vor der Wahl noch Unwahrheiten verbreiten und so versuchen, von eigenen Fehlern abzulenken.Herr Wiegard, wenn sie in einer Presseerklärung behaupten, dass sie bei der HSH Nordbank die „nachweislich unter rot-grüner Verantwortung begangenen Fehler bewäl- tigen“ mussten, dann handelt es sich dabei um eine ebenso plumpe, wie durchsichtige WählerInnentäuschung. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, und dass werden ihnen auch die BürgerInnen nicht durchgehen lassen.Der ehemalige Vorstand der HSH Nordbank, und heutige Vorstandsvorsitzende der DEKA-Bank, Franz Waas, hat im Ausschuss zu Protokoll gegeben, dass die Bank bis Ende 2005 kerngesund war. Das Kreditersatzgeschäft war unter rot-grün risikoarm, das Kontrollsystem hat funktioniert.Glaubt man Herrn Waas, so hat der Strategiewechsel der Bank - hin zu mehr Risiko, um die Ertragskraft zu optimieren -erst unter Ihrer Verantwortung stattgefunden, Herr Wiegard, in den Jahren 2006 und 2007.Oder wussten Sie als Mitglied des Prüfungs- und des Risikoausschusses etwa nicht, welche gewaltigen Risiken die Bank unter ihrer Aufsicht eingegangen ist? Wussten Sie nichts von den hochkomplexen Wertpapieren, die im „Schnellankaufverfahren“ erwor- ben wurden und die zu Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe geführt haben? 3 Herr Wiegard, haben Sie in Ihrer Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender Einspruch eingelegt, als es um den Erwerb von riskanten US-Krediten in Milliardenhöhe ging?Bekennen Sie sich endlich zu ihrer Verantwortung für die hoch riskante Geschäftspolitik der Bank. Ziehen sie die Konsequenzen aus ihrem katastrophalen Missmanagement der letzten Monate.Wie formuliert ihr Parteifreund Marnette doch gleich? „Spätestens im November 2008 war weitläufig bekannt, dass die Bank am Ende war und ihre Liquidität verbraucht hatte. Dies hielt Finanzminister Rainer Wiegard nicht davon ab, wider besseren Wissens die Bank weiterhin schönzureden und damit notwendige Lösungskonzepte zu blockieren… Da wird Missmanagement in allerhöchster Perfektion betrieben!“Herr Ministerpräsident, statt fähige Minister wie Eierdiebe aus dem Amt zu jagen, hätten sie lieber ihren komplett überforderten Finanzminister schon vor Monaten nach Hause schicken müssen.Einen Finanzminister, der sich vom Vorstand der Bank alles in die Feder diktieren lässt und alles abnickt, ohne kritisch nachzufragen – vom neuen Geschäftsmodell der Bank, bis zu den unverschämt hohen Sondervergütungen für den Vorstandsvorsitzenden.Meine Damen und Herren, mit dem heutigen Zwischenbericht übergeben wir dem neu- en Landtag einen ersten Eindruck davon, wie viel Aufklärungsarbeit vor dem neu ins Leben zu rufenden Untersuchungsausschuss liegt.Aus unserer Sicht wäre es notwendig, dass sich das neue Parlament nicht nur mit den gemachten Fehlern der vergangenen Jahre beschäftigt, sondern auch mit der Frage, wie solche Fehler zukünftig vermieden werden können. Ob der Untersuchungsaus- schuss aber in diese Richtung erweitert werden soll, muss das neue Parlament ent- scheiden. *** 4