Jürgen Weber zu TOP 28: Für eine zügige Aufklärung in der nächsten Legislaturperiode
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 16.09.2009 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 28: Sachstandsbericht PUA (Drucksache 16/2829)Jürgen Weber:Für eine zügige Aufklärung in der nächsten LegislaturperiodeWir haben hier heute zum 1. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss lediglich ei- nen Sachstandsbericht statt eines Abschlussberichts. Der Bericht als solcher bedarf keiner Debatte.Trotz Anlaufschwierigkeiten konnten die wesentlichen Akten weitgehend beigeholt werden. Ich danke dafür dem Ausschussvorsitzenden, den Mitarbeitern und Sachver- ständigenAuch wenn sich mittlerweile in unseren Büros die Akten stapeln, sind wir an neuen Er- kenntnissen nur wenig schlauer. Wegen der vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode kann eine Beweisaufnahme erst in der neuen Legislaturperiode stattfinden. Das ist natürlich bedauerlich. Weniger wegen der zeitlichen Verzögerung; diese wird man in überschaubarem Rahmen halten können, wenn nach der Konstituierung des neuen Landtages zügig ein neuer PUA eingesetzt wird. Und dafür haben sich ja alle Fraktio- nen dieses Landtages ausgesprochen.Nein, bedauerlich ist natürlich, dass Klarheit und Ergebnisse zum Untersuchungsauf- trag nicht vor, sondern erst nach der Wahlentscheidung der Bürger auf den Tisch kommen. Und dabei geht es um nicht weniger alsHerausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2- - die Aufklärung der Ursachen der krisenhaften Entwicklung bei der HSH- Nordbank, - natürlich auch um Verantwortlichkeiten handelnder Personen, - schließlich aber – und das ist uns besonders wichtig – auch darum, Erkenntnis- se darüber zu gewinnen, wie künftig solche Fehlentwicklungen verhindert werden können.Einen Tag nach dem Jahrestag des Zusammenbruchs von Lehman Brothers will ich für die SPD-Fraktion noch einmal unterstreichen: Am Ende der Aufarbeitung der Fi- nanzkrise – auch und gerade hier in unserem Landtag – muss ein klares Signal ge- gen ein „Weiter so“ an den Finanzmärkten stehen. Es geht nicht mehr um das Ob, sondern allenfalls um das Wie von mehr Finanzmarktkontrolle. Dazu kann und wird auch das Ergebnis des Untersuchungsausschusses einen Beitrag leisten.Wir haben bisher im PUA nur die HSH Nordbank selbst, vertreten durch den Leiter der Rechtsabteilung, Herrn Gößmann, und das ehemalige Mitglied des Vorstandes der Bank, Herrn Waas, als Betroffene mit einer zusammenfassenden Darstellung hören können.Auch wenn vertiefte Beratungen, Nachfragen und Zeugenbefragungen ausstehen, so ist mit den Stellungnahmen zumindest bestätigt worden, was uns die bisher schon öf- fentlich zugänglichen Quellen vorher offenbart hatten: Bis 2006 wurde das Geschäft der Bank von allen Beteiligten – Vorstand, Aufsichtsrat, Rating-Agenturen etc - als kerngesund eingestuft. Außergewöhnliche Risiken seien nicht erkennbar gewesen, so die Ausführungen von Herrn Waas, das CIP–Profil sei günstig gewesen, ein mehrstufiges Entscheidungsverfahren hätte funktioniert und sei von der Bankenaufsicht nicht beanstandet worden. Investmententscheidungen hätten transparent mit ausreichend Liquidität getätigt werden können. -3-Die HSH-Nordbank hatte in ihrer Stellungnahme selbst Probleme in die Jahre 2007 und 2008 datiert. Z.B. die Notwendigkeit von Wertberichtigungen in erheblichen Um- fang, z.B. die Probleme mit der Refinanzierung der Tätigkeit der Zweckgesellschaften.Im besonderen Maße wurden Hinweise darauf formuliert, dass mit dem Ziel „Kapital- marktfähigkeit und Börsengang“ 2006 und mit dem Weg der „Teilprivatisierung“ durch den Eintritt von Herrn Flowers in den Aktionärskreis eine Neuausrichtung der Bank verbunden war, die dann im Gefolge der internationalen Finanzmarktkrise sich als – ich formuliere mal so – nicht erfolgreich erwiesen hat.Interessante Hinweise haben wir auch dahingehend gehört, dass die Bank erst im September 2008 entschieden hat, das CIP offensiv, „aber markt- und ergebnisscho- nend“ abzubauen. Seit Oktober 2008 wird der Kreditentscheidungsprozess durch den Unternehmensbereich Kreditrisikomanagement wesentlich umstrukturiert.Bemerkenswerte Daten - gerade im Hinblick auf den Fragenkomplex zur Reaktion auf die Finanzmarktkrise.An dieser Stelle möchte ich eines klarstellen: Presseveröffentlichungen von angebli- chen vertraulichen Unterlagen und Gutachten aus anonymen Quellen und dunklen Kanälen stellen für die SPD-Fraktion keine verlässliche Basis für die Bewertung der Vorgänge dar. Und ich füge hinzu: Auch die wenigen uns bisher zu Gehör gebrachten Darstellungen bedürfen – wie alle künftigen Einlassungen auch – der kritischen Nachprüfung. Die von dem Vertreter der Bank und von Herrn Waas vorgetragenen Darstellungen, die Probleme und Fehlentwicklungen in erkennbarem Maße erst für die Jahre 2006 ff. konzediert, ist erst einmal eine Darlegung, die wir mit Interesse zur Kenntnis nehmen. Zum Politikum wird sie allein dadurch, dass aus leicht durchschau- barem parteipolitischem Kalkül seit Wochen von Herrn Kollegen Koch einfach mal so das genaue Gegenteil behauptet wird. -4-Da wegen der vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode keine Beweisaufnahme stattfinden konnte, konnte logischerweise auch keine Verantwortlichkeit für die Vor- gänge in der HSH-Nordbank festgestellt werden. Wobei ich den Begriff Vorgänge beziehe auf den gesamten Untersuchungsgegenstand - den Aufbau des Kreditersatzgeschäfts, - die Risikokontrolle, - den Aufbau der Zweckgesellschaften, - die Schritte zur Krisenbewältigung - und die Information des Parlaments. Ohne sachliche Ermittlungen bleibt somit nur Raum für Vorwürfe, Verdächtigungen und Spekulationen.Ehrlich gesagt, hat es uns nicht wirklich überrascht, dass Kollege Koch für die CDU der Versuchung nicht widerstehen konnte, Wahlkampfgetöse mit seinen Stellung- nahmen anzustimmen. Die ungelenken Unterstellungen, Heide Simonis und Ralf Stegner seien die eigentlichen Verantwortlichen für die Krise der HSH-Nordbank, ent- behren jeder Grundlage. Und die Unterstellungen sind dreist, weil auch Sie, Herr Koch, es besser wissen.Und an dieser Stelle füge ich hinzu, was wir nun auch schon x-mal erklärt haben. Un- geachtet der Ergebnisse des PUA im einzelnen steht außer Frage, dass alle 11 Mit- glieder des Vorstandes, alle 40 Mitglieder des Aufsichtsrats, alle 14 Mitglieder des Ri- sikoausschusses seit 2003 grundsätzlich in der Verantwortung stehen. Keiner weniger, keiner mehr. Jeder im Hinblick auf seine Zuständigkeiten.Natürlich stellt sich die Frage, wie sich Aufsichtsrat und Risikoausschuss hier verhalten haben und wer hier welche Entscheidung getroffen oder zumindest mitgetragen hat. Auch müssen wir wissen, ob und wie das Parlament informiert wurde. Diese Fra- -5-gen werden wir auch stellen. Für uns ist aber z.B. auch von Interesse, wie denn die Mitglieder von Aufsichtsrat und Risikoausschuss überhaupt informiert wurden und was ihnen zur Entscheidung oder Kenntnisnahme in welcher Form vorgelegt wurde und was nicht!Und weil Herr Koch sich in Pressemitteilungen mehrfach dazu geäußert hat, Herr Stegner möge umgehend im Ausschuss Rede und Antwort stehen - im Ausschuss selbst hat Herr Koch dazu bisher kein Wort gesagt - will ich noch einmal in Erinnerung rufen: Kollege Stegner hat mehrfach öffentlich und in einem Schreiben an den Unter- suchungsausschuss erklärt, vor dem Ausschuss als Betroffener Stellung nehmen zu wollen. Dieses Schreiben, es ist der Umdruck 16/4537, werden alle Mitglieder des Ausschusses gelesen haben. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Koch, will ich nicht verges- sen zu erwähnen, dass Herr Minister Wiegard eine solche Bereitschaft bisher nicht er- klärt hat.Dass ein Auftritt Ralf Stegners vor dem PUA vor der Wahl nicht möglich ist, liegt nicht an Herrn Stegner, sondern daran, dass durch den von Ihnen herbeigeführten Wahl- termin der Untersuchungsausschuss seine Arbeit gar nicht richtig aufnehmen konnte. So liegen noch nicht einmal alle Akten vor, auf deren Einsicht die Rechtsbeistände der Betroffenen aber vor ihrer Stellungnahme grundsätzlich Anspruch haben. Die entspre- chenden Beschlüsse hierfür können wir aber wohl wegen der notwendigen Anhörun- gen der Eigentümer der privaten Akten in dieser Wahlperiode gar nicht mehr fassen können.Wir setzen auf eine sachliche, aber zügige Aufklärung in der nächsten Legislatur- periode. Alle sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass es nicht nur ein hohes Inte- resse der Menschen in unserem Land an Aufklärung gibt. Die ernsthafte Arbeit eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist auch ein wichtiger Bestandteil der politischen demokratischen Kultur. Daran muss sich jeder messen lassen.