Tobias Koch zu TOP 28: Der parlamentarische Untersuchungsausschuss wird fortgesetzt
FinanzpolitikNr. 294/09 vom 16. September 2009Tobias Koch zu TOP 28: Der parlamentarische Untersuchungsausschuss wird fortgesetztEs gilt das gesprochene Wort Sperrfrist RedebeginnWir haben den Ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Juni einstimmig eingesetzt, weil wir ein gemeinsames Interesse daran haben, die Vorkommnisse bei der HSH Nordbank vollständig aufzuklären. Von diesem gemeinsamen Anliegen ist auch die bisherige Arbeit des Untersuchungsausschusses gekennzeichnet: Alle bisherigen Entscheidungen wurden einstimmig getroffen.Mittlerweile füllen die angeforderten Unterlagen dutzende Aktenordner und umfassen mehrere tausend Seiten Papier. In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit hat der Untersuchungsausschuss die entscheidende Basis für die weitere Aufklärungsarbeit gelegt. Ich stelle für meine Fraktion fest: Die Arbeit des Untersuchungsausschusses wird nach der Wahl fortgesetzt. Mein besonderer Dank gilt heute dem Ausschussvorsitzenden Hans Jörn Arp sowie seinem Stellvertreter Wolfgang Kubicki. Beide haben mit besonderem Einsatz und Engagement bis hin zur Androhung von Zwangsmitteln dafür gesorgt, dass die vom Ausschuss angeforderten Unterlagen fast vollständig vorliegen.Wir haben aber nicht nur Akten gesichtet, sondern auch die Betroffenen, also die Bank selbst sowie die Vorstandsmitglieder und Aufsichtsräte hatten die Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de Seite 1/4 Möglichkeit zu einer Stellungnahme vor dem Ausschuss. Das Schuldeingeständnis der HSH Nordbank, das am vorletzten Montag abgelegt wurde, ist ein erstes wichtiges Ergebnis des Untersuchungsausschusses. Vieles, was sonst erst mühsam hätte ermittelt werden müssen, liegt jetzt offen auf dem Tisch. Insofern kann man glaube ich schon jetzt sagen: Der Untersuchungsausschuss hat wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen.Der Untersuchungsausschuss soll und wird allerdings nicht nur den Sachverhalt klären, sondern auch das Handeln der Mitglieder unserer Landesregierung daraufhin untersuchen, ob ihr Handeln darauf abzielte, die Interessen des Landes zu vertreten und Schleswig-Holstein vor finanziellem Schaden zu bewahren. Wenn man die Finanzkrise aus heutiger Sicht betrachtet, dann sind die Fehlentwicklungen allzu offensichtlich. Wie konnte es dazu kommen? Die Antwort ist schlicht: Die Risiken wurden damals nicht erkannt. Wie der Justiziar der HSH Nordbank erklärte, betrachtete man insbesondere das Kreditersatzgeschäft als risikoarmen Ertragsbringer. Ein folgenschwerer Fehler, wie wir heute wissen.Heide Simonis hat es im Rückblick auf ihre Zeit als damalige Aufsichtsratsvorsitzende so formuliert: „Wir waren wie besoffen vom Erfolg“.Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach dem jetzt vorliegenden Kenntnisstand wird deutlich, dass die entscheidenden Weichenstellungen bereits im Anschluss an die Fusion im Jahre 2003 vollzogen wurden. Damals wurde entschieden, die Restlaufzeit der Gewährträgerhaftung zum Aufbau zusätzlicher Liquidität zu nutzen, damals wurde entschieden das Kreditersatzgeschäft aktiv zu managen und damals wurde entschieden, Zweckgesellschaften im Ausland zu gründen, um die in Deutschland geltenden Eigenkapitalanforderungen gezielt zu umgehen.2004 wurde das Schnellankaufverfahren eingeführt, um Investitionsentscheidungen unter hohem Zeitdruck treffen zu können. Der Aufsichtsrat wurde erst im März 2005 darüber informiert. Dies war leider durch die 2003 beschlossene Zuständigkeitsrichtlinie möglich.Die Untersuchungen der KPMG haben eindeutig aufgedeckt, dass dieses Verfahren einen entscheidenden Anteil an den Milliarden-Verlusten der HSH Nordbank hatte. Wohlgemerkt, ich behaupte nicht, dass die unverantwortlichen Risiken aus damaliger Sicht offenkundig waren. Unbestreitbar ist jedoch: Sie waren ursächlich dafür, dass die Bank stärker als andere von der Krise getroffen wurde. Denn ohne die Ausnutzung der Gewährträgerhaftung, die Gründung von Zweckgesellschaften im Ausland und die Einführung des Seite 2/4 Schnellankaufverfahrens hätte es die spätere Krise der HSH Nordbank so nicht gegeben.Wenn nun das damalige Mitglied des Risikoausschusses Ralf Stegner sagt, zu seiner Zeit im Aufsichtsrat sei bei der HSH alles in Ordnung gewesen, so ist das eine unglaubwürdige Flucht aus der Verantwortung. Es kann nicht sein, dass sich diejenigen aus der Verantwortung stehlen, die die wesentlichen Entscheidungen mit getroffen haben.Es ist deshalb absolut unverständlich, dass die damaligen Mitglieder der Landesregierung bislang von ihrem Recht zur Stellungnahme im Untersuchungsausschuss keinen Gebrauch gemacht haben. In ihrem jüngsten Interview in den Lübecker Nachrichten hat Frau Simonis erklärt, sie habe sich als Aufsichtsratsvorsitzende voll und ganz darauf verlassen, dass das was der Risikoausschuss sagt, richtig ist.Derjenige auf den sich Frau Simonis dabei aber offenbar ganz besonders verlassen hat, nämlich ihr eigener Finanzminister, lehnt es jedoch bis heute ab, noch vor der Landtagswahl eine Stellungnahme im Untersuchungsausschuss abzugeben. Grundsätzlich will Herr Stegner gerne eine Stellungnahme als Betroffener abgeben, aber eben nicht am 29. August und auch nicht am 07. September, und überhaupt müsse er erst noch die Akten studieren und könne deshalb erst nach der Wahl im Untersuchungsausschuss erscheinen.Da steht man doch fassungslos davor, angesichts dieser Dreistigkeit. Natürlich geht es hier um die Rechte von Betroffenen. Aber wer in diesem Land mit dem Slogan „kompetent, durchsetzungsstark, glaubwürdig“ wirbt, dem darf man so etwas nicht durchgehen lassen.Herr Stegner: Entweder waren Sie nicht kompetent genug, die Risiken zu erkennen, oder nicht durchsetzungsstark genug, unser Land davor zu bewahren. In jedem Fall sind Sie nicht glaubwürdig in der Behauptung, mit der Schieflage nichts zu tun zu haben. Und der Kollege Weber erklärt auch noch, die unternehmerischen Fehlentscheidungen seien erst nach 2005 getroffen wurden. Ich frage mich, welche Aussagen des Risikoausschusses meint Frau Simonis denn, wenn damals gar keine falschen Entscheidungen gefallen sein sollen?Eine kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln und ein öffentliches Bekenntnis zu der eigenen Rolle in der Vergangenheit der HSH Nordbank ist doch das mindeste, was man erwarten kann. Wenn schon nicht von einem Bankvorstand wie Herrn Waas, dann doch zumindest von einem Seite 3/4 Spitzenpolitiker dieses Landes. Sich geschickt an die Spitze der Kritiker zu setzen, wie es der Fokus über Ralf Stegner schreibt, reicht dafür einfach nicht aus. Auch das floskelhafte Einräumen von eigenen Fehlern in vergangenen Landtagssitzungen ist wenig glaubhaft, wenn man gleichzeitig argumentiert, die Bank habe während der eigenen Tätigkeit bis einschließlich 2007 immer nur Gewinne erwirtschaftet.Meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits heute steht fest, dass sich auch in der kommenden Wahlperiode ein Untersuchungsausschuss mit der HSH Nordbank beschäftigen wird. Ich sehe deshalb mit Spannung der Erklärung von Ralf Stegner entgegen, die er nach der Landtagswahl zu seiner Rolle bei der HSH Nordbank abgeben wird. Seite 4/4