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21.06.09
16:14 Uhr
SPD

Beschlüsse des Koalitionsausschusses von CDU und SPD

21. Juni 2009
Koalitionsausschuss zweiter Teil am 21. Juni 2009
Beschlussübersicht: 1. Sicherung von Beschäftigung, Qualifizierung und Wachstum 2. Stärkung der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Schleswig- Holstein 3. Konsolidierung des Haushaltes, Schuldenbremse

1. Sicherung von Beschäftigung, Qualifizierung und Wachstum und die Stärkung der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Schleswig- Holstein (TO 2 und 6) Die Koalition sieht die Sicherung und Schaffung von Beschäftigung, Qualifizierung und Wachstum als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben.

Pakt für Beschäftigung, Qualifizierung und Wachstum Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat Schleswig-Holstein erreicht und der Tiefpunkt ist noch nicht in Sicht. Wir sehen in diesen Tagen Einbrüche in nahezu allen wirtschaftlichen Bereichen – darunter Schlüsselindustrien wie Werften und Logistik. Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Lande, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden, haben zum Teil schon massiv mit den Folgen der Krise zu kämpfen. Vor diesem Hintergrund, der eine landesspezifische Herangehensweise erfordert, hat die Politik die Pflicht, nicht nur eine herausragende Moderatorenrolle anzunehmen, sondern auch mit all den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen. Diese Aufgaben muss die Regierung noch vor der Sommerpause angehen. Die Verantwortung der Politik ist es daher, alle Beteiligten aus diesem landesspezifischen Wirtschafts- und Arbeitsmarkt an einen Tisch zu bringen um einen Pakt für Beschäftigung, Qualifizierung und Wachstum zu schließen Beteiligte sind dabei: Die Landesregierung der DGB der UV-Nord die IHK Schleswig-Holstein die Handwerkskammern die Regionaldirektion Nord der BA der Landesverband der Freien Berufe die dem Land nahen Förderinstitute

Die Zeit drängt. Mittel und Wege zur Bekämpfung der Krise müssen vor ihrem Gipfelpunkt gefunden und eingesetzt werden. Ziel des Paktes für Beschäftigung, Qualifizierung und Wachstum ist der Erhalt der Beschäftigung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die gleichzeitige Stärkung der regionalen Wirtschaft. Die Landesregierung wird in diesem Sinne ihre eigenen Förderinstrumente überprüfen und gegebenenfalls passgenau neu ausrichten. Dazu zählen beispielsweise: die Wirtschaftsförderung, insbesondere Existenzgründungen (Start-up und Seed-up) das Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein (z.B. Stärkung des Mitteleinsatzes bei der Weiterbildung) Bürgschaften der Förderinstitute (dabei sind auch in eng begrenzten Ausnahmefällen Rückbürgschaften des Landes einzubeziehen). Darüber hinaus sind konzeptionelle Überlegungen für die Weiterbildung erforderlich.

Als ersten Schritt werden die zuständigen Ressorts aufgefordert, umgehend eine Liste der Förderprogramme vorzulegen, mit denen Beschäftigung gesichert und geschaffen und Qualifizierung gefördert und die Wirtschaft gestärkt werden sollen. Dabei ist darzulegen, welche konkreten Hilfen in welcher Höhe in der jetzigen Situation geleistet werden können. Weiter ist aufzuzeigen, ob Programme umgesteuert oder eingestellt werden sollen. Außerdem muss die Landesregierung darauf hinwirken, das Förderinstrumentarium des Bundes optimal für die Belange des Landes Schleswig-Holstein auszurichten. Dabei sind u.a. folgende Themen relevant: Die Nutzung der Kurzarbeit Die passgenaue Weiterqualifizierung in der Kurzarbeit; hierbei sind zusammen mit den Bildungsträgern neue Modelle zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse der Betriebe und die konkrete künftige Arbeit der Beschäftigten abgestellt sind. Die Nutzung von Transfergesellschaften Die Landesregierung wird regionale Pakte für Beschäftigung, Qualifizierung und Wachstum anregen und unterstützen (z.B. Region Flensburg). Die Landesregierung wird den Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Verkehr und den Minister für Justiz, Arbeit und Europa beauftragen, eine „tasc-force“ zur gezielten und abgestimmten Hilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten zu bilden.

2. Stärkung der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Schleswig- Holstein Die Rahmenbedingungen werden für die kleinen und mittleren Betriebe verbessert. Grundlage sind der Entwurf der CDU-Landtagsfraktion und die Änderungsvorschläge des AK Wirtschaft der SPD. Entsprechend der Beschlüsse der Koalitionspartner werden die Landtagsfraktionen aufgefordert, sich auf einen Antrag zu einigen, der die gefassten Beschlüsse der Koalition bekräftigt. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein gerade auch vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzkrise sollen weiter verbessert werden, um ihnen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben und Arbeitsplätze in den KMU zu sichern und zu schaffen. Der Mittelstand in Schleswig-Holstein hat eine große Bedeutung. Die mittelständischen, meist familiengeführten Unternehmen haben eine hohe wirtschaftliche Verantwortung in Schleswig-Holstein. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein sollen insbesondere mit folgenden Maßnahmen gestärkt werden. 1. Durch eine weitere Optimierung der bestehenden Fördermöglichkeiten gerade mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen soll die Finanzierung des Mittelstandes, die Steigerung der Innovationsfähigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit sowie die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen weiter verbessert werden. 2. Die Koalition begrüßt, dass die so genannte Bundesregelung Kleinbeihilfen zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland während der Finanz- und Wirtschaftskrise auch in Schleswig-Holstein Anwendung finden wird. 3. Die Landesregierung wird prüfen, ob als ergänzende Maßnahme ein gegenüber den bestehenden Förderprogrammen des Landes und der Kurzarbeiter-Regelung des Bundes nachrangiges Förderprogramm zur Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe bei akuten Finanzierungsproblemen in Folge der weltweiten Finanzmarktkrise durch Umschichtungen aus dem Zukunftsprogramm Wirtschaft und dem Zukunftsprogramm Arbeit notwendig und realisierbar ist. 4. Die Koalition sieht die Gewährung von einzelbetrieblichen Förderungen als eine bewährte Möglichkeit, um kleinen und mittelständischen Unternehmen in Schleswig- Holstein Hilfsmöglichkeiten bei Finanzierungsproblemen und bei Innovationen zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu gewähren. 5. Die Koalition unterstützt die Landesregierung darin, die Fördermöglichkeiten gerade in der Finanz- und Wirtschaftskrise so zu gestalten, dass mittelständische Betriebe in allen Regionen des Landes davon profitieren können und die Förderung nicht auf einzelne Schwerpunkträume oder Schwerpunktbranchen begrenzt wird. 6. Die Koalition begrüßt die Bemühungen der Landesregierung zum weiteren flächendeckenden Ausbau des Breitbandnetzes (DSL) als einen wesentlichen Standortfaktor für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung in Schleswig-Holstein. 7. Die Landesregierung wird im Bereich der Verwaltungsverfahren (z.B. Baurecht) für weitere bürokratische Entlastungen für die mittelständischen Betriebe in Schleswig- Holstein sorgen, damit die Entwicklung von Betrieben nicht an bürokratischen Hürden scheitert. An der Erarbeitung der Vorschläge sollen die Kammern, die Gewerkschaften und die Wirtschaftsverbände beteiligt werden. 8. Die Koalition unterstützt und begrüßt den Investitionsschwerpunkt der Landesregierung im Bereich der Verkehrsinfrastruktur zur nachhaltigen Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein. 3. Konsolidierung des Haushaltes, Schuldenbremse Die Konsolidierung des Haushaltes ist vordringliche Aufgabe der großen Koalition. Es müssen bereits jetzt Strukturveränderungen eingeleitet oder vorbereitet werden und Konsolidierungspfade festgelegt werden. Dabei muss es auch um eine Entlastung der Kommunen gehen.

Die Koalition ist weiterhin der Meinung, dass die Schleswig-Holstein dafür gewährten Hilfen nicht ausreichen. Sie wird sich daher weiterhin für einen Altschuldenfonds einsetzen und darüber hinaus aber eigene Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung treffen.

Die Koalition verabredet, keine Klage gegen die Grundgesetzänderung einzulegen, die den Ländern eine Neuverschuldung ab 2020 verbietet.

Die Vereinbarungen zur Haushaltskonsolidierung werden sich im Nachtrag und seiner Begründung wiederfinden, der im Juli beschlossen werden soll, und auch in der zu schließenden Verwaltungsvereinbarung über Konsolidierungshilfen festgehalten werden.

Mit Inkrafttreten des 2. Nachtragshaushalts wird das Land Schleswig-Holstein im Hinblick auf - die konjunkturelle Situation und - das Verbot der Neuverschuldung ab 2020 auch strukturelle Maßnahmen ergreifen, um das Land aus der Schuldenfalle herauszuführen und nachhaltig zu stärken. Voraussetzung hierzu ist ein strukturell ausgeglichener Haushalt. Dieser wird nur über einen konsequenten Personalabbau und einen entsprechenden Aufgabenverzicht zu erreichen sein.

Entsprechend der Regelungen des GG Art. 109 Abs. 3 (neu) soll der Landeshaushalt in wirtschaftlichen Normallagen strukturell ausgeglichen sein und ohne die Aufnahme neuer Schulden auskommen.

1. Für die landesspezifischen Regelungen der Schuldenbremse wird folgendes vereinbart:

a. Zur Vermeidung pro-zyklischen Verhaltens und zur Verhinderung des weiteren Anstiegs der Schulden wird eine symmetrisch wirkende Konjunkturkomponente eingeführt. Ziel ist, dass sich konjunkturell bedingte Überschüsse und Kreditaufnahmen über einen Konjunkturzyklus hinweg ausgleichen.

b. Es wird ein Kontrollkonto installiert, auf dem Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der nach dem Konjunkturverlauf zulässigen Kreditaufnahme verbucht werden. Fehlbeträge müssen konjunkturgerecht innerhalb des Finanzplanungszeitraums ausgeglichen werden. c. Eine Kreditaufnahme zur Bewältigung von außergewöhnlichen Notsituationen und von Naturkatastrophen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigen, wird erlaubt. Der Beschluss über die Inanspruchnahme dieser Ausnahmeregel ist mit der Mehrheit des Landtages zu fassen und mit einem Tilgungsplan zu verbinden. Die Tilgung hat binnen eines angemessenen Zeitraums zu erfolgen.

2. Zur Anpassung an einen strukturell ausgeglichenen Haushalt bis zum Jahr 2020 wird vereinbart:

a. Das für das Jahr 2010 festgestellte strukturelle Defizit wird jährlich um 10 Prozent des Ausgangswertes zurückgeführt. Hierzu wird mit dem Bund eine Verwaltungsvereinbarung abgeschlossen, um die Auszahlung der Konsolidierungshilfen sicherzustellen.

b. Dieses Ziel erfordert es, den Wachstumspfad der Ausgaben auf Werte deutlich unterhalb des Wachstumspfades der Einnahmen zu begrenzen, um spätestens 2020 den strukturellen Haushaltsausgleich zu erreichen.

3. Entlastungsmaßnahmen für die Kommunen Durch eine Reduzierung der Aufgaben im kommunalen Bereich in Form von Aufgabenverzicht, Deregulierung und Umwandlung von pflichtigen Aufgaben in freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben soll die kommunale Ebene nachhaltig von Kosten entlastet werden, um die Investitionskraft zu erhalten und zu stärken. Die Entlastung der kommunalen Ebene ist eine Daueraufgabe der Landesregierung.

Dabei werden die Standards in den Kindertagesstätten und die Regelungen zur Gleichstellung und Mitbestimmung nicht eingeschränkt.

4. Personalwirtschaftliche Maßnahmen Der Stellenbestand des Landes (einschließlich Wirtschaftsbetriebe) wird ausgehend vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2020 um rd. 4.800 Stellen zusätzlich zum bereits bestehenden Personalkosteneinsparkonzept 2010 reduziert. Grundlage für die Berechnung ist der Stellenplan 2009. Hierzu werden bis zum Jahr 2015 • etwa 15 Prozent, d.h. rd. 1.100 der Stellen in allen Verwaltungsbereichen außerhalb von „Polizei“, „Justiz“, „Steuern“ und „Schulen“ und • bei den Verwaltungsaufgaben Polizei 150, Justiz 141 und „Steuerverwaltung“ 155 Stellen abgebaut. o Die Zahl der im operativen Dienst tätigen Polizeivollzugsbeamten wird dadurch nicht verringert. Im Bereich der Polizei wird dies durch strukturelle und organisatorische Maßnahmen erreicht. o Im Bereich der Justiz wird der Personalabbau durch strukturelle und organisatorische Maßnahmen auch im Bereich der Gerichtsorganisation erreicht. Die Stellen im unmittelbaren Justizvollzug sind davon nicht betroffen. • Aufgrund der rückläufigen Schülerzahlen werden nach den Verabredungen des Bildungspakts bis 2015 844 Stellen erwirtschaftet. • Die vom Landtag 183 zusätzlich beschlossenen Lehrerstellen sind bereits für 2014/2015 „kw“ gestellt.

Die Verbesserung von Unterrichtsversorgung und Unterrichtsqualität durch den Bildungspakt bleibt davon unberührt. Entgegen der demographischen Entwicklung verbleiben zusätzlich 1.300 Stellen zur Verbesserung der Qualität des Unterrichts an den Schulen. In den Jahren 2016 bis 2020 werden rd 2.000 Stellen erwirtschaftet. • Im Schulbereich werden durch organisatorische Maßnahmen (u. a. durch Entlastung von Verwaltungstätigkeiten) 200 Stellen erwirtschaftet. Mit der Maßnahme ist keine Reduzierung der Lehrerstellen für die Erfüllung der Unterrichtsverpflichtung verbunden.

Die Personalbudgets werden im Umfang der Stellenreduzierung abgesenkt. Es wird für jeden Einzelplan für Verwaltung sowie für Polizei, Justiz, Steuer und Schulen ein zu Grunde zu liegender Durchschnittswert ermittelt.

Die Landesregierung wird dem Finanzausschuss des Landtages im 1. Quartal 2010 ein Umsetzungskonzept in Form eines Personalabbauplans vorlegen. Hierzu werden die Ressorts dem Finanzministerium bis zum 01.12.2009 ihre Vorschläge zuleiten. Zudem wird jährlich ein Personalabbaubericht erstellt.

Betriebsbedingte Kündigungen werden ausgeschlossen.

5. Zentrales Personalmanagement Alle Personalverwaltungsaufgaben, die ressortübergreifend zentral erledigt werden können, werden beim Finanzverwaltungsamt angegliedert. Beim Finanzministerium wird ein ressortübergreifendes zentrales Personalmanagement eingerichtet. Es steuert den Prozess der natürlichen Fluktuation, um den Personalbestand des Landes zu reduzieren. Wesentlicher Bestandteil des zentralen Personalmanagements ist die Bildung eines IT-gestützten Personalpools mit eigenen personalrechtlichen Befugnissen. Diesem werden die Überhangkräfte zugeordnet.

Zur Umsetzung dieses Konzepts wird eine Kabinettsentscheidung unmittelbar nach der Sommerpause herbeigeführt.

6. Belastungen durch bundespolitische Vorgaben Die Landesregierung wird ihr Abstimmungsverhalten im Bundesrat und in länderübergreifenden Gremien grundsätzlich danach ausrichten, in wie weit durch bundespolitische Maßnahmen und Entscheidungen zusätzliche finanzielle Lasten auf das Land zukommen.

7. Überprüfung von Leistungen des Landes Gesetzliche und nicht gesetzliche Leistungen des Landes werden unter Federführung des Finanzministeriums überprüft. Verpflichtungen für Folgejahre werden auf das finanzpolitisch vertretbare und verfassungsrechtlich gebotene Maß beschränkt.

8. Finanzierung neuer Aufgaben Unvermeidbare neue Aufgaben und notwendige Kofinanzierungen müssen durch zusätzlichen Aufgabenverzicht erwirtschaftet werden.

Die Landesregierung wird künftig finanzwirksame Entscheidungen nur bei einer entsprechenden Gegenfinanzierung grundsätzlich nur aus den bestehenden Haushaltsansätzen treffen.

II. Die Koalitionsparteien vereinbaren, die unter I. beschlossenen Strukturmaßnahmen in die Kabinettsvorlage einschließlich der Begründung zum Nachtragshaushalt zu übernehmen sowie im Rahmen eines Antrages zusammen mit dem Nachtragshaushalt in der Juli-Sitzung im Landtag zu beschließen.