Wolfgang Kubicki: "Die Vorratsdatenspeicherung gehört nicht ins Bundesrecht vor allem aber nicht ins Landesrecht!"
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 196/2009 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Kiel, Donnerstag, 18. Juni 2009 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Sperrfrist: Redebeginn Parlamentarischer Geschäftsführer Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort!Innen/PolizeirechtWolfgang Kubicki: „Die Vorratsdatenspeicherung gehört nicht ins Bundesrecht vor allem aber nicht ins Landesrecht!“ In seinem Redebeitrag zu TOP 10 (Gesetz zur Anpassung des Landesverwaltungsgesetzes an § 113 b des Telekommunikationsgesetzes) erklärte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:„Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses hält die Vorratsdatenspeicherung Einzug in das schleswig-holsteinische Landesrecht.Das Beeindruckende hieran ist, dass durch diese Beschlussempfehlung Regelungen in das Landesverwaltungsgesetz aufgenommen werden, die aktuell vor dem Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsgemäßheit überprüft werden – ein bisher einmaliger Vorgang in der schleswig- holsteinischen Gesetzgebung.CDU und SPD haben sich nicht einmal die Zeit gelassen, um abzuwarten, ob die Vorratsdatenspeicherung in der Strafverfolgung vor dem Grundgesetz standhält. Sie haben sie vielmehr sogar in das schleswig-holsteinische Polizeirecht eingebracht. Nur zur Erinnerung für die, die es vergessen haben.Die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsverbindungen dient der Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten für sechs Monate auf Vorrat und ohne konkreten Anlass.Wir hatten bereits in diversen Debatten in diesem Hause diskutiert, wie die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung durch die Möglichkeit der Erstellung von Bewegungs- und Kontaktprofilen unter anderem die Vertrauensverhältnisse von Arzt und Patienten, Anwalt und Mandant aber auch die Tätigkeit von Abgeordneten und der Presse beeinflussen kann.Nun scheint es für CDU und SPD doch einen Anlass gegeben zu haben, die Speicherung von Telekommunikationsdaten im Polizeirecht zu rechtfertigen.Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Am Tag vor der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf von CDU und SPD ging den Fraktionen eine Entscheidung des Landgerichts Lübeck zu. In dem Fall ging es um einen Anrufer bei einer Frau aus Lübeck, der am Telefon vorspielte, unter Atemnot zu leiden, sodass bei dieser Frau und später bei der Polizei der berechtigte Verdacht bestand, dass für den Anrufer Lebensgefahr bestand.Es handelte sich zwar letztendlich um einen Scherzanruf, dennoch hätte auch eine konkrete Gefahr für Leib und Leben bestehen können. Das Landgericht verwies in seiner Beschwerdeentscheidung darauf, dass der Landesgesetzgeber derzeit durch den Nichtverweis auf die Vorschriften der Vorratsdatenspeicherung keine Handhabe hätte, vom Telekommunikationsanbieter die Herausgabe der Telefonnummer des Anrufers zu verlangen.In diesem Fall gab es also einen konkreten Anlass, aber keine rechtliche Handhabe, um zu helfen. Man kann also von einer Regelungslücke sprechen, die der Landesgesetzgeber durch eine neue Regelung schließen müsste. Der Griff nach den Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz geht allerdings in die falsche Richtung. Es wird niemand erklären können, dass eine Regelung notwendig ist, die den Zugriff auf bis zu sechs Monate alte Telekommunikationsverbindungsdaten ermöglicht, um eine derzeit gegenwärtige Gefahr abzuwehren.CDU und SPD hätten sich die Mühe machen müssen, eine eigene Regelung vorzuschlagen, die geeignet ist, in Fällen wie dem des Anrufers, die aktuellen Telekommunikationsverbindungsdaten zu erlangen. Einer Regelung, die bei einem konkreten Verdacht einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben einen Zugriff auf aktuelle Telekommunikationsverbindungsdaten im Einzelfall erlaubt hätte, hätten wir uns nicht verschlossen.Zur Gefahrenabwehr aber auch auf anlassunabhängige erfasste Daten von bis zu sechs Monaten zugreifen zu können, wäre das aus unserer Sicht schlicht verfassungs- widrig. Sie ist nicht notwendig, nicht verhältnismäßig und nicht das mildeste Mittel.Das gilt erst recht, da das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung zur Strafverfolgung bereits in seinem Eilbeschluss vom Herbst 2008 äußerst skeptisch beurteilt.Ich zitiere gern noch einmal eine Passage aus dieser Eilentscheidung: „Die Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten der bevorrateten Verkehrsdaten verstärkt zugleich die durch §§ 113a und 113b TKG begründete Beeinträchtigung der allgemeinen Unbefangenheit des elektronischen Informations- und Gedankenaustauschs sowie des Vertrauens in den durch Art. 10 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz der Telekommunikation in erheblichem Maße.“Eine freie Gesellschaft setzt aber das Vertrauen der Bürger in eine vertrauliche Kommunikation voraus, bei der er weiß oder selbst bestimmen kann, wer von ihr Kenntnis erlangt.Dieses Recht wird nicht im Interesse eigenbrötlerischer Individualisten gefordert. Eine Einschränkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn ein konkreter Anlass vorliegt, der einen Eingriff durch die Ermittlungsbehörden rechtfertigt. Dies wird bei der Vorratsdatenspeicherung jedoch nicht verlangt. Die Vorratsdatenspeicherung ermöglicht nicht nur eine Ermittlung ins Blaue hinein.Sie ist die Errichtung einer ganzen Infrastruktur für solche Ermittlungen.Das gehört weder in ein Bundesgesetz, vor allem aber nicht ins Landesrecht.“ Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/