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17.06.09
11:58 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 21 - Sozialstaffel für Kindertageseinrichtungen

Presseinformation
Kiel, den 17. Juni 2009 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 21 Sozialstaffel für Kindertageseinrichtungen Drs. 16/2669

Eine Studie im Auftrag der Zeitschrift „Eltern“ stellte bei einer bundesweiten
Untersuchung fest, dass Eltern mit einem Jahreseinkommen von unter €25.000,00 für
den Besuch ihrer Kinder einer Kindertagesstätten in Schleswig-Holstein am meisten
bezahlen. Das ist das absolut verkehrte Signal.


Geringverdiener sollen in den Genuss der so genannten Sozialstaffel kommen. Die legt
nach den Bedarfsgrenzen des SGB XII der jeweilige örtliche Träger der öffentlichen
Jugendhilfe fest. In acht Kreisen müssen die Betroffenen überhaupt keine Kita-
Gebühren bezahlen. Ohne Bürokratie und umständliches Verfahren sind die Eltern von
der Zahlung befreit. In anderen Landkreisen hört man immer wieder Beschwerden über
intransparente Antrags-, Bewilligungs- und Ermäßigungsverfahren; wenn Eltern
beispielsweise nur mittels eines Neuantrags in den Genuss von zwischenzeitlich
bewilligten Ermäßigungen kommen. 2



Die Bürgerbeauftragte hat ebenfalls auf dieses Problem hingewiesen; sie schreibt in
ihrem Bericht: Im Teilbereich Kindertagesstättengesetz ergab sich eine gewisse
Häufung von Anfragen zum Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz sowie zur
Kostenbeteiligung. Dabei erläutert sie, dass neben der Sozialstaffelregelung eben auch
eine Regelung in unserem Kindertagesstättengesetz dazu führt, dass bei Hartz-IV-
Empfängern nur 85% der Regelsätze der Sozialhilfe für die Ermittlung von
Belastungsgrenzen herangezogen werden können. Mehrere Kreise haben diese
Möglichkeit angewandt, was dazu geführt hat, dass betroffene Eltern mit einem
geringen Einkommen oder ausschließlichen Hartz-IV-Leistungen trotzdem noch
Kindergartenbeiträge zahlen mussten. So schließt man Kinder von der adäquaten
Betreuung und von einem guten Einstieg ins Bildungssystem aus. Das können wir uns
nun wirklich nicht leisten.


Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert ebenfalls die rigorose
Handhabung der Zuzahlungsregelungen in Schleswig-Holstein. So müsse eine
berufstätige Mutter, die 540 Euro monatlich verdient und zusätzlich Hartz IV erhält, in
einem nicht genannten Kreis 60 Euro Kita-Beitrag zahlen. An diesem Einzelfall zeigt
sich die ganze Kurzsichtigkeit bürokratischer Regelungen. Würde die Mutter nämlich
auf ihre Berufstätigkeit verzichten, würde sie auch die 60 Euro sparen. Genau das soll
aber nicht das Ziel sein.


Das sind unhaltbare Zustände, die dazu führen, dass Armut weitervererbt wird. Da
arme Eltern sich den Kita-Besuch mit den entsprechenden fördernden Angeboten nicht
leisten können, hat ihr Kind bereits bei der Einschulung schlechtere Karten. Das könnte 3
der Beginn einer Armutskarriere sein. Dieser Kreislauf muss endlich unterbrochen
werden. Familien mit geringem Einkommen können nicht warten, bis der Besuch der
Kindergärten, Kinderkrippen und Horte beitragsfrei ist; sie sind jetzt, 2009, darauf
angewiesen.


Einen fast gleich lautenden Antrag zur landesweit einheitlichen Sozialstaffel hatten wir
bereits vor einem Jahr debattiert. Die Kollegen der FDP hatten damals einheitliche
Kriterien für die Sozialstaffel gefordert – bislang wurde das nicht umgesetzt. Sie
forderten die Landesregierung auf, bei den örtlichen Trägern für einheitliche Kriterien
bei der Sozialstaffel zu werben. Es stellt sich schon die Frage, warum die Große
Koalition bislang dieses Gesprächsangebot nicht gemacht hat.


Ausdrücklich möchte ich darauf hinweisen, dass es nicht darum gehen sollte, in die
örtlichen Zuständigkeiten von Kiel aus hinein zu regieren. Der SSW will die Argumente
der Sozialhilfeträger zunächst anhören und dann bewerten. Keineswegs sollten wir uns
aber mit dem derzeitigen Zustand zufrieden geben, sondern alles in Bewegung setzen,
damit Geringverdiener und Arbeitslose die Angebote der hiesigen Kindertagesstätten
für ihre Kinder nutzen können und nicht an undurchsichtigen Verfahren scheitern.
Hierbei müssen wir dann auch den § 25 des Kindertagesstättengesetzes hinterfragen,
in dem die Höhe der Belastungsgrenze für Betroffene auf 85 % gesenkt wurde. Dafür
sollten wir dann auch die Sozialverbände hören.


Was die Betroffenen benötigen, ist eine transparente, überall gültige Lösung. Und
deshalb muss es hier schnell zu einer Initiative kommen,. die das Land gemeinsam mit
der Trägern der Sozialstaffel in Gang setzen muss.