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17.06.09
10:33 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss HSH Nordbank

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 1 – Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 zur HSH Nordbank 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt die finanzpolitische Sprecherin Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
Monika Heinold: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 248.09 / 17.06.2009

Verluste der HSH Nordbank: Verantwortlichkeiten müssen geklärt werden!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss kostet Zeit und Geld, bindet viel Kraft, und beschäftigt sich über Monate mit der Vergangenheit statt mit den drängenden Fra- gen der Zukunft! Deshalb muss seine Einsetzung gut begründet sein.
Der heute von der Opposition gemeinsam beantragte Untersuchungsausschuss ist nicht nur gut begründet, sondern zwingend notwendig! Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass es verantwortungslos wäre, diesen Untersuchungsausschuss nicht zu einzusetzen!
Durch Missmanagement und hoch riskante Kreditgeschäfte ist aus dem größten Ver- mögen des Landes das größte Haushaltsrisiko aller Zeiten geworden. Unsere ehemals gut aufgestellte Landesbank ist nur haarscharf an einem desaströsen Bankrott vorbei geschlittert, und im Worst Case sieht das Land keinen Cent der in die Rettung der Bank gepumpten Milliarden wieder.
Der Untersuchungsausschuss muss klären, wer dafür verantwortlich ist. Ganz offen- sichtlich sind die Mitglieder des Aufsichtsrates ihrer Aufsichts- und Kontrollpflicht in keinster Weise angemessen nachgekommen und haben sich stattdessen von phantas- tischen Gewinnmargen und hohen Dividenden blenden lassen.
Wie sonst konnte es passieren, dass die HSH Nordbank im Verhältnis zu ihrer Bilanz- summe so viele Risikoaktiva angehäuft hat, wie es sonst keine andere deutsche Bank in den vergangenen Jahren gemacht hat?
„Wir waren alle mehr oder minder besoffen von der Idee, dass die HSH Nordbank als Seite 1 von 4 Global Player immer satte Gewinne einfährt,“ offenbarte die Aufsichtsratsvorsitzende und ehemalige Ministerpräsidentin Heide Simonis. Was für eine Goldgräberstimmung muss im Aufsichtsrat geherrscht haben, dass Frau Simonis solch deutliche Worte fand.
Deshalb werde ich mich im Untersuchungsausschuss dafür einsetzen, dass nicht nur die Verantwortung der jetzigen Regierung sondern auch die unter Rot-Grün schonungs- los aufgeklärt wird.
Der Ausschuss muss die Geschäftspolitik der HSH Nordbank in Gänze beleuchten: von ihrer Gründung als privatrechtliche Aktiengesellschaft im Jahr 2003, bis zur Verab- schiedung des Rettungspaketes in Höhe von dreizehn Milliarden Euro im Frühjahr 2009.
Das Desaster begann mit der Gründung der HSH Nordbank, als die EU-Kommission auf Druck der Privatbanken die Gewährträgerhaftung als Wettbewerbsverzerrung ein- stufte und eine Übergangsfrist für die Inanspruchnahme der staatlichen Haftung bis Juli 2005 setzte. Dies führte zu einer Art Torschlusspanik bei allen Landesbanken, die die Übergangszeit nutzten, um sich mit günstigen Krediten gnadenlos voll zu saugen. So auch die HSH Nordbank.
Bei den Stammkunden gab es aber gar keinen Bedarf für diese Kredite und so wurde das frische Geld zu großen Teilen für hoch riskante Wertpapierspekulationen einge- setzt.
An dieser Stelle hätte der Aufsichtsrat die Pflicht gehabt einzuschreiten. Er hätte die Spekulationsgeschäfte rigoros untersagen und das staatliche Haftungsrisiko in der Hö- he begrenzen müssen. Nichts dergleichen ist geschehen. Und so wurde ein Risikoport- folio in Höhe von 30 Milliarden Euro aufgebaut, welches jetzt der Bank das Genick zu brechen droht.
Der Untersuchungsausschuss muss die Verantwortung für diese hoch riskante Ge- schäftspolitik der Bank in den Jahren 2003-2008 klären. Es wird immer deutlicher, dass es durchaus Warnungen gab, dass aus den Expansionsträumen schnell horrende Ver- luste werden können.
Erst vor wenigern Tagen hat der Europa-Chef von Flowers den unglaublichen Vorwurf erhoben, dass er bereits im Sommer 2007 auf eine Reduzierung des riskanten Krediter- satzgeschäftes gedrängt hat und bei den MiteigentümerInnen der Bank auf taube Ohren gestoßen ist.
Warum hat der Aufsichtsrat diese und andere Warnungen komplett ignoriert? Warum hat der Aufsichtsrat nicht spätestens jetzt darauf gedrungen, das schon damals bekannt mangelhafte Risikomanagement der Bank schnellstmöglich nachzubessern?
Warum hat der Aufsichtrat nicht bemerkt, dass sich in der Bank immer mehr Klumpenri- siken anhäuften?
Warum hat der Aufsichtsrat nicht bemerkt, dass die Immobilienblase in den USA zu platzen drohte, obwohl ExpertInnen dieses bereist wie die Spatzen von den Dächern pfiffen?
Es ist kaum zu glauben, aber hat tatsächlich niemand der Verantwortlichen das Markt- geschehen verfolgt?
2 Waren die Verantwortlichen in der New Yorker Außenstelle mit anderen Dingen be- schäftigt als mit einem konsequenten Risikomanagement?
Wer zeichnete dafür verantwortlich, dass die Geschäfte der Bank zunehmend in Steuer- und Regulierungsoasen verlagert wurden und dass das Kerngeschäft der Bank, die Versorgung der regionalen Wirtschaft mit Krediten, eine immer kleinere Rolle spielte?
Wer ist für die Vorgabe der hohen Gewinnmargen von über 15 Prozent verantwortlich?
Es ist doch ungeheuerlich, wenn Aufsichtsratsmitglieder jetzt behaupten, sie hätten gar nicht gewusst, dass die Bank 160 ausländische Zweckgesellschaften und Beteiligungen in Steuer- und Regulierungsoasen hat!
Bei der Frage nach den Verantwortlichen werden wir uns nicht damit abspeisen lassen, dass auch andere Banken eine derart unverantwortliche Geschäftspolitik mit den glei- chen katastrophalen Auswirkungen betrieben haben.
Schließlich kann sich ein Falschparker auch nicht damit herausreden, dass schon An- dere vor ihm im Halteverbot geparkt haben!
Der Untersuchungsausschuss muss sich außerdem mit dem dilettantischen Vorgehen der Landesregierung in den Jahren 2007-2009 beschäftigen. Dem Parlament wurde die desaströse Lage der Bank über Monate verschwiegen. Statt einer transparenten Infor- mationspolitik gab es Schönfärberei und Falschaussagen, es wurde getrickst und ge- täuscht.
Im Glauben, es müsse lediglich die Eigenkapitalquote der Bank verbessert werden, bil- ligte das Parlament noch im Frühjahr 2008 eine weitere Kapitalspritze in Höhe von 1 Mrd. Euro.
Sogar im Herbst 2008 wurde dem Parlament noch ein rosiges Bild von der finanziellen Situation der HSH Nordbank vorgegaukelt, obwohl schon damals klar war, dass die Ge- schäfte der Bank hoch risikobehaftet waren und die Finanzmarktkrise dramatische Fol- gen für die HSH Nordbank haben würde.
Diese skrupellose Desinformationspolitik des Bankenvorstandes und der Landesregie- rung - gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit - war der Auftakt für eine lange Serie von Fehlinformationen.
Es ist doch unsäglich, dass das Parlament aus der Presse erfahren musste, dass der eigenen Landesbank die Schließung durch die Bundesbankenaufsicht gedroht hatte!
Herr Finanzminister, warum haben Sie das Parlament nicht sofort darüber informiert, sondern in Geheimverhandlungen mit dem SoFFin freimütig die Zusage gegeben, dass das Land das Rettungspaket ohne Hilfe des Bundes schultern würde?
Wie kann es angehen, dass die Landesregierung die von der Bank erarbeiteten über 20 Geschäftsmodelle selbst gar nicht kannte und sich blind das für die Bank vorteilhafteste Modell hat in die Feder diktieren lassen?
Die Landesregierung hat schon lange die Rolle des Kellners übernommen, Küchenchef ist der Vorstand der HSH Nordbank, der unerbittlich den Takt vorgibt!
3 Dementsprechend heftig fiel auch die Kritik von Ex-Wirtschaftsminister Marnette aus, der das amateurhafte Handeln der Landesregierung nicht mehr mit verantworten wollte und sein Ministeramt unter lautstarkem Protest hinschmiss.
Herr Marnette hat Finanzminister Wiegard und Ministerpräsident Carstensen vorgewor- fen, dass sie ihn massiv daran gehindert hätten, das neue Geschäftsmodell der Bank gründlich und gewissenhaft zu prüfen und dass alle seine Warnungen ignoriert wurden. Dieser Vorwurf wiegt schwer!
Der Untersuchungsausschuss muss nun klären, ob die Landesregierung ihre Sorgfalts- pflicht tatsächlich so sträflich vernachlässigt hat.
Und er muss klären, warum sich die Landesregierung bis heute beharrlich weigert, eine Sonderprüfung der HSH Nordbank nach Aktiengesetz einzuleiten obwohl diese längst überfällig ist. Was gibt es zu vertuschen?
Meine Damen und Herren, in diesem Untersuchungsausschuss geht es nicht um Pea- nuts sondern um Milliarden. Diejenigen, die den SteuerzahlerInnen diese kostspielige Suppe eingebrockt haben, müssen zur Verantwortung gezogen werden.

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