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17.06.09
10:26 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP01 - Erster Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

Presseinformation Kiel, den 17. Juni 2009 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 1 Erster Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Drs. 16/2703
Gemeinsam stellt die Opposition heute einen Antrag zur Einrichtung eines Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses zur HSH Nordbank. Um zu verstehen, wie es soweit kommen
konnte und warum die Opposition dieses scharfe Schwert zieht, muss man sich anschauen,
was eigentlich die letzten Monate geschehen ist. Der Landesregierung sei nämlich versichert,
es hätte nicht zu einem PUA kommen müssen - aber sie hat es herausgefordert.


Ein PUA ist nicht nur ein unentbehrliches Instrument der parlamentarischen Kontrolle, sondern
auch ein Instrument, um sich mit politischen Geschehnissen im Fokus der Öffentlichkeit
auseinanderzusetzen. Den Sinn und die Notwendigkeit eines PUA zur HSH Nordbank sieht der
SSW nicht darin, die Mitglieder der Landesregierung in den verschiedenen Gremien der HSH
Nordbank vorzuführen und ihren Rücktritt zu fordern. Es geht uns stattdessen erstens darum
aufzuklären, wie es dazu kommen konnte, dass die HSH Nordbank ohne erhebliche staatliche
Kapitalaufstockungen und Garantiegewährungen heute mitten in einem Insolvenzverfahren
stecken würde. Und zweitens geht es uns darum aufzuklären, wieso die Mitglieder der
Landesregierung in den verschiedenen Gremien nicht frühzeitig gemerkt haben, dass diese 2
Bank völlig aus dem Ruder läuft und so lange gewartet haben zu handeln, bis die schlechteste
Lösung für Schleswig-Holstein laut Landesregierung die einzige Lösung war.


Um Ihnen allen die Dimensionen noch einmal klar zu machen: Wie reden hier nicht über
Peanuts! Wir reden über 2 Milliarden Euro Kapitalaufstockung durch Hamburg und Schleswig-
Holstein im Frühjahr 2008. Wir reden über 3 Milliarden Euro Kapitalaufstockung durch die
beiden Länder genau ein Jahr später. Und wir reden über 10 Milliarden Euro Garantien durch
die beiden Länder und dann noch einmal 30 Milliarden Euro Garantien durch den SoFFin des
Bundes. Und als wenn diese Summen nicht schon längst unsere gesamte Vorstellungskraft und
unser Verständnis sprengen, kann noch niemand sagen, welche weiteren Summen noch auf
unser Land zukommen, um der HSH Nordbank in Zukunft ihre miserable Geschäftspolitik zu
finanzieren. Die Landesregierung hat in den letzten Monaten nämlich sehr deutlich gemacht,
dass sie auch bei weiteren Verlusten der HSH Nordbank kein Interesse daran hat, die
Hilfsangebote des Bundes in Anspruch zu nehmen.


Schon frühzeitig wurde vor verschiedenen Geschäften der HSH Nordbank und ihren
Auswirkungen gewarnt. Nicht nur der ehemalige Wirtschaftsminister Herr Marnette hat zeitig
kritische Nachfragen gestellt und Informationen eingefordert. Wie am Montag im Flensburger
Tageblatt nachzulesen war, hat auch die Investorengruppe um J. C. Flowers frühzeitig auf
Probleme hingewiesen und immer wieder einen Kurswechsel angemahnt. Trotzdem hat dem
Anschein nach in den entscheidenden Gremien niemand verstehen wollen, was eigentlich
passiert. Mit der Finanzkrise ließen sich die Gefahren der riskanten Geschäftspolitik der HSH
Nordbank aber nicht mehr verhehlen und sind völlig außer Kontrolle geraten.


Die Landesregierung trägt die Verantwortung für das Land Schleswig-Holstein in den
verschiedenen Gremien der Bank. Ihre Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass diese private
Geschäftsbank in überwiegend öffentlicher Trägerschaft ihre besondere Verpflichtung
wahrnimmt und dementsprechend handelt. Von dieser Verantwortung hat man in den letzten 3
Monaten allerdings reichlich wenig gemerkt. Und auch die HSH Nordbank ist kaum daran
interessiert, dass sie eine öffentliche Verantwortung trägt.


Was uns stattdessen geboten wurde, lässt jegliche Distanz zwischen Landesregierung und HSH
Nordbank vermissen. Die Landesregierung und insbesondere Herr Wiegard haben
eindrucksvoll bewiesen, dass sie ihre Interessen von einer Bank leiten lassen und am Wohl des
Landes Schleswig-Holstein nicht interessiert sind.


Da ist zum einen die geplante Auszahlung der Dividenden für 2008 zu nennen, die bei allen
Interessierten nur noch Kopfschütteln erzeugte. Da ist der Umgang mit den verabschiedeten
Resolutionen der Großen Koalition zu nennen, die gutgläubig mit „sollte“, „könnte“, „müsste“
versucht zum Ziel zu kommen und nicht verstehen will, dass weder Landesregierung noch HSH
Nordbank daran interessiert sind, was sich die Parlamentarier so alles wünschen. Und dann ist
da natürlich das Wichtigste zu nennen, die Kapitalaufstockung und Garantiegewährung sowie
die damit verbundene strategische Neuausrichtung der HSH. Seit November letzten Jahres
haben sich die Parlamentarier um Kopf und Kragen diskutiert, um herauszufinden, welche
Handlungsspielräume und welche Alternativen es gibt, damit Schleswig-Holstein nicht für die
Rettung der Bank aufkommen muss.


Die Landesregierung und ebenso die Vertreter der Bank haben mit nebulösen Darstellungen
und einer katastrophalen Informationspolitik geglänzt, so dass erst nach einer ganzen Weile
deutlich wurde, was hier gespielt wird. Die Entscheidung für einen Mini-SoFFin durch die
Länder Schleswig-Holstein und Hamburg war schön längst gefällt, die strategische
Neuausrichtung der Bank längst geplant. Der Landesregierung ging es jetzt nur noch darum,
diesen Alleingang möglichst unauffällig allen Entscheidungsträgern unterzujubeln. Hat ja auch
geklappt - könnte man denken. Stimmt aber nicht, hat nicht geklappt - vor allem die
Opposition hat es gemerkt und sich gewehrt. 4
In den Ausschüssen hat die Opposition wiederholt dafür gesorgt, dass das Thema HSH
Nordbank auf der Tagesordnung stand und dass ganz langsam Licht ins dunkle Handeln der
Landesregierung kam. Wir haben Kleine Anfragen gestellt, Unterlagen eingefordert, den
verantwortlichen Personen Fragen gestellt und mit ihnen gestritten. Spätestens mit dem
Steinbrück-Papier wurde deutlich, dass sich die Landesregierung frühzeitig gegen eine
Rekapitalisierung über den SoFFin entschieden hat und damit völlig unverantwortlich und
ohne Rücksicht auf Verluste die finanzielle Zukunft dieses Landes aufs Spiel setzt. Für dieses
Handeln muss die politische Verantwortung festgenagelt werden.


Wir brauchen daher vor allem einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, um zu
klären, ob die Mitglieder der Landesregierung in den Gremien der HSH Nordbank im Interesse
des Landes Schleswig-Holstein gehandelt und alles getan haben, um Schaden vom Land
abzuweisen. Um dies zu klären, müssen wir nachvollziehen können, was in den Jahren 2003 bis
2009 in der HSH Nordbank passiert ist. Dabei steht das Kreditersatzgeschäft neben der
Gründung von Zweckgesellschaften und dem Risikocontrolling der Bank im Fokus des
Untersuchungsausschusses. Hierzu ergeben sich zahlreiche Fragen. So zum Beispiel, wieso das
Kreditersatzgeschäft von einem Tochterunternehmen in Luxemburg aufgebaut wurde, fernab
von jeglicher Aufsicht durch die Zentrale. Oder ob die Mitglieder der Landesregierung ihre
Kontrollpflicht in den Gremien der Bank überhaupt wahrgenommen haben. Auch die Frage, ob
es notwendig war, in verschiedensten Regionen der Erde Geschäfte zu machen und ob wir es
bei der HSH noch mit einer Landesbank mit öffentlichem Auftrag oder längst mit einer
internationalen Geschäftsbank zu tun haben, ist von Bedeutung.


Für den SSW ist außerdem der vierte Punkt des Antrags zu den Informationspflichten der
Landesregierung gegenüber dem Parlament und den zuständigen Ausschüssen am
wichtigsten. Aus Sicht des SSW besteht der Verdacht, dass die Landesregierung nicht alles
getan hat, um Schaden vom Land abzuweisen und dass viel mehr die Interessen der Bank als
des Landes vertreten wurden. Teilweise hat man den Eindruck bekommen, dass die 5
Landesregierung nicht komplett informiert war oder Informationen vorenthalten hat.
Außerdem besteht der Verdacht, dass Landesregierung und Bankenvorstand ein
Rettungsmodell favorisiert und selbstgefällig durchgedrückt haben. Ganz egal, welcher
Verdacht sich im Untersuchungsausschuss verhärten wird, spricht all dies nicht gerade für
diese Regierung.


Die Landesregierung muss offen legen, wie ihre Informations- und Entscheidungswege
ausgesehen haben. Dies gilt sowohl für Finanzminister Wiegard und seine lückenhafte
Information des Parlaments. Und dies gilt auch für Ministerpräsident Peter Harry Carstensen,
der sich den Vorwurf gefallen lassen muss, kritische Stimmen innerhalb der Landesregierung
zum Schweigen gebracht zu haben.


Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss in Schleswig-Holstein wird aufgrund der
kommenden Landtagswahl zügiger arbeiten müssen, als der Hamburger PUA. Aber lassen Sie
sich gesagt sein, wenn die Untersuchungen behindert und Ergebnisse herausgezögert werden,
wird es in der neuen Legislaturperiode einen neuen Parlamentarischen
Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank geben. Wir lassen uns nicht mehr mit
undurchsichtigen Darstellungen abspeisen.


Das Parlament trägt im Endeffekt die finanzielle Verantwortung für das Modell 3 + 10. Da darf
es nicht sein, dass die Landesregierung das Parlament hintergeht und weder ausreichend über
die Alternativen informiert noch in die Entscheidungsprozesse mit einbezieht.
Auch mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss können wir das Modell 3 + 10
nicht rückgängig machen. Aber wir können unabhängig und selbständig die Sachverhalte
prüfen, begangene Fehler aufdecken und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. So
bleibt uns die Hoffnung, dass aus den Fehlern gelernt wird und das Land Schleswig-Holstein in
Zukunft nicht noch einmal in eine solche Situation gerät.