Heiner Garg zu den Bedarfsgemeinschaften
FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 072/2009 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Kiel, Freitag, 27. Februar 2009 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Sperrfrist: Redebeginn Parlamentarischer Geschäftsführer Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort!SGB II/Bedarfsgemeinschaften/KlagenHeiner Garg zu den Bedarfsgemeinschaften In seinem Redebeitrag zu TOP 22 (Abschaffung der Bedarfs- gemeinschaften) sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Dr. Heiner Garg:„Der von Bündnis90/Die Grünen vorgelegt Antrag greift die sehr plakativ geäußerten Ansichten des Arbeitsministers zur Abschaffung der Bedarfgemeinschaften auf.Allerdings wird nicht so ganz deutlich, welche Zielrichtung der Antrag hat: Sollen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft künftig individuelle Ansprüche erhalten? Oder soll der in den letzten Jahren explosionsartig gestiegene Eingang von Klagen vor den Sozialgerichten eingedämmt werden? Wenn man die Begründung des Antrages heranzieht, könnte man leicht den Eindruck erhalten, es geht den Antragstellern mit ihrer Initiative vordergründig vor allem um die Eindämmung der festgestellten Klageflut. Beiden Zielrichtungen wird der Antrag nicht ganz gerecht:1. Das SGB II kennt keinen Anspruch einer Bedarfsgemeinschaft. Denn auch im SGB II hat jeder Mensch ein eigenständiges Anrecht auf die Sicherung des persönlichen Lebensunterhalts. Das bedeutet nichts anderes, als dass in einer Bedarfsgemeinschaft jede Person als hilfsbedürftig gilt, wenn „nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist“1. Die Leistungsbescheide der Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen müssen deshalb deutlich machen, welche Leistungsbeträge auf die jeweiligen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entfallen.2. Ein individueller Bedarf führt nicht zwangsläufig zu weniger Klagen – die derzeitige Praxis zeigt aber, dass die uneinheitliche Handhabung der individuellen Bedarfe durch Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen zur Klageflut mit beigetragen haben.1 § 9 Abs. 2 SGB IIChristian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Was ist das eigentliche Problem?Das Problem ist, dass viele Klagen vor Gericht verhandelt werden, die im Vorwege viel einfacher durch die Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen selbst hätten geklärt werden können. Stattdessen werden die Betroffenen mit einem Bescheid voller Zahlen konfrontiert, den sie oft nicht verstehen und der ihnen auch nicht ausreichend erläutert wird. Da geht es um Anrechnungsfragen, Bedarfsfragen, Sanktionsfragen, Rückzahlungen und Vermögensberechnungen. Wie diese Berechnungen zustande gekommen sind – bleibt den Betroffenen häufig verschlossen.Ein weiterer Grund für viele Klagen ist, dass in den Bescheiden bereits von den Sozialgerichten geklärte Rechtsfragen nur zum Teil oder gar nicht berücksichtigt werden. Deutlich wird dies an einem ganz konkreten Beispiel aus Kiel2: Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil ausdrücklich festgestellt, dass mehrtägige Klassenfahrten als Sonderbedarf anerkannt sind und die Kosten komplett übernommen werden müssen3. Dennoch wurde in einigen Fällen vom Jobcenter Kiel lediglich ein Zuschuss zur Klassenfahrt bewilligt oder nur ein Teilbetrag gewährt. Die betroffenen Eltern waren gezwungen, Widerspruch einzulegen und entsprechende Klage zu erheben, um ihre Rechte einzufordern. Damit werden Gerichte zu einer Korrekturinstanz von Fragen, die sich eigentlich nicht mehr stellen. Man darf sich dann nicht wundern, wenn sehr viele Klagen dann auch erfolgreich sind.Ich habe die Forderung von Minister Döring nach weiteren Gesetzesänderungen so verstanden, dass vieles noch zu umständlich, zu wenig praxisgerecht und immer noch nicht einheitlich geregelt ist. Diese Ansicht teile ich.Eine bundeseinheitlich geltende Verordnung, die die Angemessenheit von Wohnraum definiert, würde zu mehr Rechtssicherheit beitragen – ganz besonders in Ballungsgebieten, in denen unter Verweis auf die „gängige Praxis“ aus Kostengründen immer wieder versucht wird, die zulässige Wohnungsgröße abzusenken4.Dazu gehört auch eine Klarstellung, was den durch das SGB II neu eingeführten Begriff der „Bedarfsgemeinschaft“ ausmacht und wie in der Praxis damit umgegangen werden soll. Nicht verschwiegen werden darf in diesem Zusammenhang, dass die letzte Gesetzesänderung der Großen Koalition zur „Bedarfsgemeinschaft“ neue Rechtsunsicherheiten geschaffen hat, anstatt sie zu beseitigen.Die Zuordnung erwachsener Arbeitsloser unter 25 Jahren zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern ist so ein Fall5. Auch diese Neuregelung hat sicherlich nicht zur Abnahme der eingereichten Klagen geführt.“ 2 Kieler Nachrichten vom 17.02.2009, „Klassenfahrt muss bezahlt werden“ – Anwälte kritisieren Hartz IV-Bescheide 3 Urteil Bundessozialgericht, Az.: B 14 AS 36/07 R 4 Urteil Bundessozialgericht, Az.: B 4 AS 30/08 R, „Hartz IV-Empfänger haben auch in München einen Anspruch auf eine übliche Wohnung“ 5 Eltern sind gegenüber ihren volljährigen Kindern nur eingeschränkt unterhaltspflichtig (vgl. § 1603 BGB). § 1601 BGB sieht eine Unterhaltspflicht nur zwischen Verwandten vor und nicht gegenüber Kindern von Ehegatten oder gar des jeweiligen nichtehelichen Partners, mit dem eine Bedarfsgemeinschaft gebildet wird.Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/