Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
27.02.09
10:14 Uhr
SPD

Detlef Buder zu TOP 12: Küstenschutz dynamisch auf neue Herausforderungen ausrichten

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 27.02.2009 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 12, Große Anfrage Bilanz und Zukunft des Küstenschutzes in Schleswig-Holstein an Nord- und Ostsee (Drucksache 16/2403)

Detlef Buder:

Küstenschutz dynamisch auf neue Herausforderungen ausrichten

Küstenschutz hatte und hat oberste Priorität, so der für Küstenschutz zuständige SPD- Landtagsabgeordnete Detlef Buder. Alle notwendigen Maßnahmen des Küstenschut- zes wurden nach Prioritäten umgesetzt. Wegen des drohenden Rückgangs der Biodi- versität auf beiden Seiten des Deiches müssen wir den Küstenschutz auch hierauf ausrichten und weiter entwickeln. Das Ziel, den Verlust an biologischer Vielfalt bis 2010 signifikant zu reduzieren, kann über Freiwilligkeit allein jedoch nicht erreicht wer- den. Küstenschutz ist mehr als die reine technische Durchführung von Deichneubau- ten und -verstärkungen. Moderne Ansätze wie das integrierte Küstenzonenmanage- ment (IKZM) sind weiter zu entwickeln. Küstenschutz ist eine ständige und existenziel- le Aufgabe aller Anrainerstaaten an Nord- und Ostsee.



Die Rede im Wortlaut:
Der Küstenschutz hat für Schleswig-Holstein als Land zwischen zwei Meeren und mit rund 1.200 Kilometern Küste parteiübergreifend und unabhängig von der politischen Farbe der Landesregierung oberste Priorität gehabt und wird es weiter haben. Alle notwendigen Maßnahmen des Küstenschutzes wurden durchfinanziert und nach Prio-



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



ritäten abgeschichtet umgesetzt. Ich kann mich noch gut an die merkwürdige Situation in Neufeld erinnern, in der gezielt Misstrauen gegen die SPD-geführte Landesregie- rung und ihren Willen zum Küstenschutz gestreut wurde. Selbst die Durchführung au- genscheinlich begonnener Maßnahmen wurde bestritten. Der Regierung wurde unter- stellt, die Sicherheit der Küstenbewohner hintan zu stellen.
Auch in Neufeld hat inzwischen ein Umschwung stattgefunden, der Landesdeich wur- de wie geplant mit einem Aufwand von 40 Mio. € ertüchtigt, im Sommer letzten Jahres eingeweiht und schützt heute besser denn je die Menschen vor gefährlichen Einflüs- sen des Meeres. Ein ehrliches „Dankeschön“ oder gar eine Entschuldigung für das frühere Verhalten habe ich allerdings bisher aus der Gegend nicht vernommen.
Für die SPD hat die Verlässlichkeit im Küstenschutz weiter eine hohe Bedeutung. Angesichts der neuen Herausforderungen durch den eintretenden Klimawandel mit zu erwartendem Anstieg des Meeresspiegels weltweit und auch vor unseren Deichen so- wie dem festzustellenden Rückgang der Biodiversität auf beiden Seiten des Dei- ches müssen wir den Küstenschutz auch hierauf ausrichten und weiter entwickeln.
Gerade das Thema Biodiversität ist nicht nur für Schleswig-Holstein von hoher Bedeu- tung. Die Angaben in der Großen Anfrage weisen hier eine beeindruckende Zahl an Lebensräumen aus; einige sind einmalig, wie das Watt an der Nordsee oder Küsten- überflutungsmoore der Ostsee. Dies verpflichtet zum entsprechenden Schutz in ganz Schleswig-Holstein.
In der Anhörung zur Umsetzung der von Berlin aus beispielhaft vorbereiteten nationa- len Biodiversitätsstrategie haben uns die Naturschutzverbände deutliche Kritik mit auf den Weg gegeben. Das Ziel, den Verlust an biologischer Vielfalt bis 2010 signifikant zu reduzieren, kann über den in Schleswig-Holstein gewählten Weg, nur auf Freiwilligkeit zu setzen, nicht erreicht werden. Interessenskonflikte mit den Landnutzern müssen auch im Interesse der auf Dauer lebenswerten Umwelt und Natur in Schleswig- Holstein ausgetragen werden. Umwelt- und Naturschutz darf nicht nur dort stattfinden, -3-



wo er gewollt ist, sondern über das vorhandene Ordnungsrecht auch da, wo er sinnvoll ist. Sonst stehen wir dem Verlust der Biodiversität hilflos gegenüber.
Küstenschutz ist längst mehr als die reine technische Durchführung von Deich- neubauten und -verstärkungen. Nur durch eine nachhaltige Entwicklung können auch zukünftige Generationen die Möglichkeit haben, die Küsten in der gleichen Art und Weise zu erleben und zu nutzen.
Daher haben wir als SPD eine Große Anfrage zu diesem Thema an die Landesregie- rung gestellt. Die Antwort der Landesregierung liegt uns nun vor. Ich bedanke mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume für die hervorragende Arbeit und die so vorliegende Diskussions- grundlage.
Fast 350.000 Menschen und fast 50 Mrd. € an Sachwerten sind durch Sturmfluten ge- fährdet. Anforderungen durch den Klimawandel und die Entwicklung des Landes müs- sen immer wieder neu bewertet werden und in Maßnahmen zum Küstenschutz einflie- ßen.
Zu unserer Frage der künftigen Anforderungen an den Klimawandel ist festzustellen, dass die Meeresspiegelszenarien noch keine abschließende Bewertung zu den erfor- derlichen Küstenschutzmaßnahmen bis zum Jahr 2100 erlauben. Die diversen, unter- schiedlich belastbaren Szenarien verschiedener Wissenschaftler zeigen eine Schwankung des zu erwartenden Meeresspiegelanstiegs zwischen 18 cm und 1,4 m auf. Aus meiner Sicht realistische Prognosen gehen davon aus, dass der Meeresspie- gel vor unseren Küsten in diesem Jahrhundert um 30 bis 60 Zentimeter ansteigen wird – wenn nicht das Grönland-Eis schneller als bisher abschmilzt.
Im Generalplan Küstenschutz von 2001 wurde ein „Klimazuschlag“ von 50 cm für Nordsee und Elbe bzw. 30 cm für die Ostsee festgelegt. Zusammen mit den festge- schriebenen regelmäßigen Überprüfungen der Deichsicherheit etwa alle zehn -4-



Jahre ist hier aus meiner Sicht eine realistische Grundlage geschaffen, um flexibel und zeitnah auf künftige Entwicklungen und Erkenntnisse reagieren zu können.
Maßnahmen des Küstenschutzes sind auch immer ein finanzieller Kraftakt. Seit der Sturmflutkatastrophe von 1962 wurden für den Küstenschutz in Schleswig-Holstein rund 2,4 Milliarden Euro ausgegeben – im Jahr 2008 allein rund 50 Millionen Euro. Es kommt entscheidend darauf an, auch in Zukunft die vom Bund und der EU für den Küstenschutz bereitgestellten Gelder vom Land vollständig zu kofinanzieren und so sinnvoll und effektiv in den Küstenschutz für Schleswig-Holstein einzubringen.
In diesem Zusammenhang werden immer wieder die kostenintensiven Sandaufspü- lungen vor z.B. Sylt thematisiert und Alternativen gefordert. Der Umweltausschuss hat sich lange Zeit und intensiv - teilweise vor Ort in Dänemark - über Alternativen zu Sandaufspülungen informiert. Für mich bleibt festzuhalten, dass nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine wirksamen Techniken und Maßnahmen ersichtlich sind, die Sandaufspülungen ersetzen oder wirksam ergänzen können.
Ein wichtiges Thema im Küstenschutz ist die nationale und internationale Abstimmung und Zusammenarbeit, die fortgesetzt und intensiviert werden muss. Moderne Ansätze wie das integrierte Küstenzonenmanagement (IKZM) sind weiter zu entwickeln. Küs- tenschutz ist eine ständige und existenzielle Aufgabe aller Anrainerstaaten an Nord- und Ostsee. In diesem Zusammenhang begrüße ich, dass die Bundesregie- rung aktuell durch verschiedene Maßnahmen intensiv die Umsetzung eines integrier- ten Küstenzonenmanagements entsprechend der Nationalen IKZM-Strategie fördern will. Entscheidend sind dabei die Freiwilligkeit des IKZM-Prozesses und die Nutzung als unbürokratisches Instrument zur Konfliktlösung. Eine bessere sektorübergreifende Integration, Kommunikation und Partizipation sowie abgestimmte Koordination von Maßnahmen können dazu beitragen, den Küstenbereich als ökologisch intakten und wirtschaftlich prosperierenden Lebensraum zu entwickeln. -5-



Küstenschutz und Tourismus schließen sich nicht aus, sondern bedingen sich gegen- seitig.
Die Neuorganisation im Bereich des Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums mit dem neuen Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz bietet ange- sichts der finanziellen Lage des Landes die Garantie, trotz erforderlicher Personalan- passung weiter effektiven Küstenschutz für die Menschen und die Natur in Schleswig- Holstein zu leisten.
Der Küstenschutz in all seinen Facetten ist nicht nur Aufgabe der Landesregierung. Er betrifft auch die Kreise, die Wasser- und Bodenverbände, die Schäfer und viele andere mehr. Hier möchte ich auch meinen Dank sagen, dass viele Menschen inzwi- schen in der Bürgerstiftung Küstenschutz ihren Teil beitragen wollen. Diese zusätzli- che Finanzquelle kann zusätzliche Sicherheit bieten und da zum Einsatz kommen, wo die Landesmittel begrenzt sind. Dezentral und bürgernah besteht hier die Möglichkeit, sich aktiv in den Küstenschutz einzubringen. Dieser Ansatz verdient die Unterstützung und sollte Beispiel – nicht nur auf Sylt - geben.
Wie Sie meinen Worten und der vorliegenden Unterlage entnehmen können, gibt es im Küstenschutz für Schleswig-Holstein noch viel zu tun. Allein nach dem Generalplan Küstenschutz sind noch 26 km Landesschutzdeiche auf Pellworm, Nordstrand, Föhr und Sylt, aber auch an der Ostsee vor Falshöft und Dahme vordringlich zu verstärken, dafür sind Gesamtkosten in Höhe von über 140 Mio. € erforderlich. Diesen Kraftakt können wir nur gemeinsam angehen, dafür werbe ich ausdrücklich von dieser Stelle.
Ich freue mich auf die Beratung der Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage im Umwelt- und Agrarausschuss.