Karl-Martin Hentschel zum E-Government
Presseinformation Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 7 E-Government Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt der Vorsitzende der Grünen Landtagsfraktion, Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Karl-Martin Hentschel: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 069.09 / 25.02.2009Ein Bürokratie-Monster des EntbürokratisierersWir sind ja schon einiges von dem Entbürokratisierungsspezialsekretär gewohnt. Seit drei Jahren bekommen wir regelmäßig Personaleinsparkonzepte vorgelegt, ohne dass sich die Zahl der Verwaltungsbeamten irgendwie reduziert. Die einzig große Reform war die Zusammenlegung aller Umwelt- und Landwirtschaftsbehörden zu einem einzi- gen Amt, aber bei Beibehaltung aller Aufgaben und aller Standorte. Ändern werden sich dadurch vermutlich nur die Türschilder.Und nun kommt das E-Government-Gesetz. Da staunen wir alle. Leider verging mir das Staunen relativ rasch. Worum geht es? Es geht darum, dass das Land 40 Jahre nach der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung auf die Idee kommt, dass wir ein- heitliche Schnittstellen zwischen Land und Kommunen und zwischen den Landesbe- hörden brauchen. Soweit okay.Da hätte man dann ein Gesetz vorschlagen können, dass festlegt, dass das Land fol- gendes regeln kann: Für den Fall, dass Land und Kommunen sich nicht auf eine Schnittstelle beim Austausch von Daten einigen, kann das Land eine Verordnung erlas- sen, in der der Datenaustausch geregelt wird. Das ist übrigens das, was millionenfach in der Wirtschaft und zwischen Wirtschaft und Staat längst praktiziert wird. Das hätte gereicht.Was macht Herr Schlie aber? Erst mal beglückt er uns mit tollen Definitionen: „Daten sind Zeichen oder Zeichenketten, die aufgrund von bekannten oder unterstellten Ver- einbarungen Informationen darstellen und zum Zwecke der Verarbeitung im Computer gespeichert werden.“ Seite 1 von 2 Diese Definition ist erstens abstrus – denn was sind „unterstellte Vereinbarungen“ – wo haben Sie das denn definiert? Zweitens ist sie falsch, denn nach allgemeiner Konventi- on werden zum Beispiel auch gedruckte Dokumente als Daten bezeichnet – und nicht nur im Computer gespeicherte. Da hätten Sie einfach mal den Datenschutzbeauftragten fragen sollen.Und drittens ist die Definition völlig überflüssig. Denn wenn sie 60 Jahren nach der E- tablierung der Informatik als Wissenschaft anfangen, im Gesetz zu definieren, was Da- ten sind, dann ist das etwa so, also würden sie im Energiewirtschaftsgesetz erst mal de- finieren, was ein Atom und was ein Elektron ist. So weit kann man über dieses Kon- strukt nur lachen.Aber was dann drin steht, ist ernster zu nehmen. Anstatt, dass sich das Gesetz darauf beschränkt, den Datenaustausch zu regeln, ermächtigt es das Land auch gleich, durch Verordnung vorzusehen, „dass bestimmte Fachanwendungen einzusetzen sind.“ Zu Deutsch: Das Land kann in Zukunft den Kommunen oder anderen Trägern von Aufga- ben vorschreiben, welche Programme sie einzusetzen haben. Das ist ungefähr so un- sinnig und fortschrittsfeindlich, als wenn das Land anfangen würde, per Gesetz festzu- schreiben, mit welchen Baumaschinen in Zukunft Landesstraßen geteert werden müs- sen.Der Höhepunkt des Gesetzes ist dann, dass das Land für die Zukunft enumerativ fest- schreibt, welche neun Basisdienste das Land einrichten will. Zum Glück ist diese Liste anscheinend nicht abschließend. Sonst hätte man befürchten müssen, dass die Wei- terentwicklung der Informationsverarbeitung in Schleswig-Holstein per Gesetz beendet werden soll.Dieses neue Bürokratie-Monster des Entbürokratisierungsspezialsekretärs brauchen wir nicht. Lassen sie uns einfach regeln, dass das Land per Verordnung regeln kann, wel- che Daten in welcher Form wann ausgetauscht werden sollen.Diesen einfachen Satz würde jedeR InformatikerIn und wahrscheinlich auch fast jeder normale Computernutzer verstehen, und es wäre alles geregelt, was nötig ist.So wie das Gesetz formuliert ist, verstärkt es lediglich den Verdacht, dass Ihre Abtei- lung unterbeschäftigt ist, Herr Schlie. Die Konsequenzen daraus zu ziehen, überlasse ich heute mal Ihnen. *** 2