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29.01.09
12:30 Uhr
SPD

Rede Dr. Ralf Stegner zu TOP 17: Allgemeine Situation der Sparkassen in Schleswig-Holstein (Drucksache 16/2391)

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion
Kiel, 29.01.2009 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 17, Allgemeine Situation der Sparkassen in Schleswig-Holstein (Drucksache 16/2391)

Ralf Stegner:

Sparkassen sind wichtiger Bestandteil von Wirtschaft und Gesellschaft

Die Lage der Sparkassen ist nicht einfach; sie haben selbst Fehler gemacht, so der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Ralf Stegner. Doch die Sparkassen sind ein enorm stabilisierender und vertrauensbildender Faktor, sie sind für 45 % der Un- ternehmensfinanzierung in Deutschland zuständig. Stegner beruft sich auf die Aussa- ge des DSGV, nach der mögliche Probleme einzelner Sparkassen, die außerhalb der Landesbanken liegen, innerhalb der Sparkassenfamilie gelöst werden. Zusammenar- beit mit der Hamburger Sparkasse ist sinnvoll, z. B. eine Beteiligung an der HSH Nordbank. Wenn eine Änderung des Sparkassengesetzes europarechtlich eine Priva- tisierungsgefahr birgt, wird es mit der Sozialdemokratie nicht zu machen sein. Die Sparkassen sind ein nicht zu überschätzendes Element in unserer Wirtschaft und un- serer Gesellschaft, deshalb sind sie unabdingbar.



Die Rede im Wortlaut: Sie haben vielleicht am Dienstag in der Financial Times Deutschland den vertraulichen Bericht des europäischen Ratspräsidenten gelesen, in dem - so heißt es - für Europa eine Kreditklemme festgestellt wird. Dies kann zumindest die Europäische Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe jedenfalls für die Staaten Europas, die über einen dezentralen Bankenmarkt verfügen, nicht feststellen. In einer entsprechen-



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



den Umfrage aus dem vorigen Monat gibt es keine Unterschiede der Kreditvergabe zu der im davorliegenden Jahr.

Schwierigkeiten gibt es für große Unternehmen und in den Ländern, die aus- schließlich große private Banken haben. Die Generaldirektion Wettbewerb berichtet von einem Zulauf auf die Sparbücher als eine sichere mögliche Anlageform.

Wenn die Lage nicht so ernst wäre, wäre dies wirklich ein Treppenwitz der Geschichte, dass jetzt jene zu den Sparkassen und Genossenschaftsbanken kommen, die vorher mit erhobener Nase eben jene Institute in Richtung aberwitziger Renditeverheißungen verlassen haben.

Dennoch ist die Lage auch für die Sparkassen nicht einfach. Sie haben selbst Fehler gemacht, indem sich einzelne ein wenig zu sehr an den Privaten orientierten – wo- bei der öffentliche Druck auf die Sparkassen nach dem Motto, „wenn die Deutsche Bank 25% Rendite erwirtschaftet, warum dann Ihr nicht auch?“, groß gewesen sein dürfte. Sie geraten in die prozyklische Wirkung von Basel II, die bei den nun risikorei- cher gewordenen Krediten eine stärkere Eigenkapitalquote erfordert, sie merken den Rückgang der Konjunktur und sie müssen mit den Anforderungen umgehen, die die Anteilseignerschaft an der HSH Nordbank mit sich bringt.

Was ist zu tun bzw. ist etwas zu tun? Die Sparkassen sind ein enorm stabilisieren- der und vertrauensbildender Faktor, sie sind für 45 % der Unternehmensfinanzie- rung in Deutschland zuständig – zum Vergleich: Die Commerzbank hat hier gerade mal einen Anteil von 7 Prozent. Wir stehen alle in der Verantwortung, dafür zu sorgen dass es so bleibt, wir müssen aber auch bedenken, was für langfristige Auswirkungen unser Handeln haben würde. -3-



Ich habe die Aussage des DSGV, nach der sie mögliche Probleme einzelner Sparkas- sen, die außerhalb der Landesbanken liegen, innerhalb der Sparkassenfamilie lö- sen werden. Dazu greift ggf. zunächst der Sicherungsfonds in Schleswig-Holstein und im Falle, dass der nicht reichen würde, der Überlauffonds des Bundesverbandes. Das ist nun keine rein altruistische Aussage, sondern von der klaren Prämisse getragen, dass sie alles vermeiden wollen, was Brüssel alarmieren könnte. Dies bezieht sich auf fast alle Änderungen im Sparkassengesetz, die ja mit unterschiedlicher Tiefe zur Dis- kussion stehen.

Dies ist insofern erfreulich, weil wir somit zumindest in diesem Bereich keine fragwür- digen Schnellschüsse zu machen brauchen. Meine Skepsis ist gewachsen, inwieweit wir durch eine Gesetzesänderung eine europafeste Einstiegsmöglichkeit für ein Institut machen können, und auch deshalb prüfen wir alle vernünftigen Alternativen. Wenn Zweifel bleiben, dass eine Änderung des Sparkassengesetzes europarechtlichen Deichschutz gegen jedwede Privatisierungsgefahr bietet, wird es sie mit der Sozi- aldemokratie nicht geben.

Es gibt das klare Angebot des DSGV, einzelne Sparkassen beratend zu unterstützen. Es gibt intensive Gespräche – der Innenminister hat davon berichtet, um mit den Ver- waltungsratsmitgliedern Informationen auszutauschen und Lösungswege zu erörtern. Ich wünsche mir, dass die Verbandsverantwortlichen das alles beherzt und mit Kom- petenz angehen!

Ich glaube auch nicht daran, dass Zusammenschlüsse immer helfen werden, da sich gezeigt hat, wie wichtig eine regionale Verankerung ist. Wobei ich den Hinweis inte- ressant fand, dass nach ihrem internen Benchmarking die Größe von Sparkassen kei- ne Rolle für ihre Ertragssituation spielt. Es sei allein eine Frage der Qualität. -4-



Was die Hamburger Sparkasse angeht, so ist diese weder eine feindliche noch eine altruistische Organisation. Zusammenarbeit ist sinnvoll, Blauäugigkeit nicht. Eine Be- teiligung z. B. an der HSH Nordbank wäre sehr schön, in diesen Zeiten aber schwer zu erreichen. Um seriös über notwendig werdende Maßnahmen im Zusammenhang mit der HSH Nordbank zu reden und zu entscheiden, brauchen wir eine seriöse, umfang- reiche Grundlage an Informationen. Diese bekommen wir mit dem Gutachten der KPMG und dem Jahresabschluss der HSH Ende Februar. Solange das nicht vorliegt, wird es mit der SPD-Fraktion keine Entscheidung über irgendeinen Schirm, irgendein Umstrukturierungsmodell oder sonst was geben.

Wir haben Entscheidungen zu fällen, die viele Arbeitsplätze in der Region betreffen und die für das Wohl und Wehe unseres Landes entscheidend sein könnten. Das kön- nen und wollen wir nicht über das Knie brechen. Wir werden aber, da bin ich sicher, eine gemeinsame Lösung finden mit den Kommunen, mit den Sparkassen, mit der Landesregierung, der HSH Nordbank und dem Bund, bei der jeder das macht, was er machen kann. Auf jeden Fall dürfen wir nichts tun, was die Gefahr erhöht, dass Brüs- sel dann doch zu der Überzeugung gelangt, dass das deutsche Sparkassensystem eu- roparechtswidrig wäre und das bewährte drei-Säulen-Modell in Gefahr gerät.

Trotz aller Probleme, die die Sparkassen sicher haben – wozu eigene Anlage- und Managementfehler genauso gehören wie der Wert ihrer Anteile an der HSH Nordbank - trotz all dem sind sie ein kaum zu überschätzendes Element in unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft: Als regionaler Kreditgeber, als regionaler Förderer von Kul- tur, Sport, Wissenschaft und sozialen Projekten, als sicherer Anlageort und mit der von ihnen sichergestellten Möglichkeit für jede und jeden, ein Konto zu führen.

Und da komme ich zu dem wirklichen Treppenwitz, dass die FDP ausgerechnet in die- ser Zeit eine Privatisierung der Sparkassen via Aktiengesellschaften fordert, die just jene Elemente, die heute stabilisierend wirken, abschaffen würde: Wir hätten dann -5-



auch dort Renditeorientierung statt Gemeinwohlorientierung, Kundenselektion statt Konto für Jedermann und krisenanfällige internationale Abhängigkeit statt einen siche- ren Anlagehafen. Die FDP musste zusammen mit der CDU bereits in NRW einsehen, dass sie die Sparkassen nicht ihrer eigenen Gestaltungsmacht berauben und sie mit- telfristig privatisieren sollte – vielleicht können Sie da ja von Ihren Parteifreunden ler- nen.

Statt sie ihrer spezifischen Grundlage zu berauben, müssen wir sie erhalten. Wir soll- ten doch aus der jetzigen Krise lernen, wie wichtig Institutionen sind, die sich dem ren- ditefixierten Verwertungsinteresse entziehen, wir sollten aber auch darauf achten, dass diese Institutionen das auch tatsächlich tun. Gegner hatten und haben unsere so schön rot leuchtenden Sparkassen viele. Fragwürdige und ganz illiberale Zwangsbe- glücker gibt es auch. Wahre politische Freunde sind da schon rarer gesät. Ich sage ganz bewusst und gerade in diesen Zeiten: In Sachen Sparkassen bleiben die Sozial- demokraten eine sichere Bank.