Regina Poersch zu TOP 44: Kurs der Kooperation und Konzentration im Tourismus halten
Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion Kiel, 11.12.2008 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuellTOP 44, Förderpolitik in der Tourismuswirtschaft (Drucksache 16/2246)Regina Poersch:Kurs der Kooperation und Konzentration im Tourismus haltenWer wenig Geld hat, muss besonders pfiffig sein, meint die tourismuspolitische Spre- cherin der SPD-Landtagsfraktion, Regina Poersch, angesichts der Förderzahlen für Schleswig-Holstein im Vergleich z. B. zu Mecklenburg-Vorpommern. Das Engagement in Tourismusförderung lohnt sich, wie die Zahlen beweisen, die Förderpolitik – ausge- richtet auf drei Zielgruppen – zeigt Wirkung. Doch neben den neu definierten Zielgrup- pen sollen auch Jugend und Natur, Gesundheits- und Kulturtourismus sowie der länd- liche Raum nach wie vor ihren Platz im Schleswig-Holstein-Tourismus haben. Ge- schäftsreisetourismus und Förderung jenseits von Geld sind zwei Anregungen, um den Tourismus auch außerhalb der Hauptsaison bzw. durch mehr Service für die Anbieter zu unterstützen. Tourismus ist da, wo Gäste sind, deshalb gibt es auch im Binnenland Schwerpunkträume für Tourismus. Jeder einzelne Ort kann viel tun, und im landeswei- ten Konzept ist genügend Platz für regionale Schwerpunkte und örtliche Besonderhei- ten.Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-Die Rede im Wortlaut:Urlaub in Schleswig-Holstein, so weit das Auge reicht und nicht nur an Nord- und Ost- see – dazu eine zielgerichtete, konzentrierte Förderung durch das Land: Das ist die Quintessenz dieses Berichtes. Stolze 173 Millionen Euro, davon 23,6 Millionen Euro Landesmittel, beträgt das Fördervolumen 2007 und 2008. 3,5 Millionen Euro allein für das Marketing.Ich muss sagen: Eine ansehnliche Summe. Aber: Verglichen mit der Förderung à la Mecklenburg-Vorpommern ist das nicht eben viel – dort spendiert man allein der neu- en Marina Boltenhagen stolze 46 Millionen Euro. Nun, Schleswig-Holstein ist ein ar- mes Land, der Doppelhaushalt 2009/2010 ist alles andere als ein Kinderspiel.Ich will nun nicht einen Ausspruch von Berlins Regierendem Bürgermeister dahinge- hend abwandeln, Schleswig-Holstein sei „arm, aber sexy“. Trotzdem gilt gerade für unser Land: Wer wenig Geld hat, muss besonders pfiffig sein. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint: Genau davon – vom Pfiffig-sein - handelt der vor- liegende Bericht über die Förderpolitik in der Tourismuswirtschaft.Herzlichen Dank an Sie, Herr Minister Dr. Marnette und Frau Staatssekretärin Wiede- mann und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für diesen detaillierten Bericht.Wir haben für die Neuausrichtung des Tourismus der TASH in einem finanziellen Kraftakt mehr Haushaltsmittel als bislang zur Verfügung gestellt. Es kommt in den nächsten Jahren entscheidend darauf an, dass diese Mittel nicht ab 2010 verpuffen!Das Engagement lohnt sich: 23,6 Millionen Übernachtungen 2007 in Beherbergungs- betrieben mit mehr als 8 Betten, im ganzen Land zusammen stolze 75 Millionen Über- nachtungen, dazu über 100 Millionen Tagesausflüge Schleswig-Holstein-weit. 5,4 Mil- -3-liarden Euro Umsatz jedes Jahr und 130.000 Beschäftigte, die direkt oder indirekt vom Tourismus leben und mit ihm ihr Geld verdienen. Das sind die beeindruckenden Zah- len, die die Bedeutung des Wirtschaftszweiges Tourismus für unser Land einmal mehr unterstreichen.Seit 2006 diskutieren wir auf allen Ebenen die Neuausrichtung des Tourismus in Schleswig-Holstein. Im kommenden Jahr werden erstmals alle drei Zielgruppen- Konzepte greifen. Bundesweit neugierig beobachtet, verfolgen wir seit zwei Jahren die konsequente Zielgruppenausrichtung und fördern vor Ort nur das, was sich unter das landespolitische Dach einfügt. Ich spreche bewusst von einem Dach, denn unsere Ostsee wie auch unsere Nordsee sind tragende Säulen dieses „Hauses“.Diese Förderpolitik zeigt Wirkung, das bestätigen das Sparkassen- Tourismusbarometer genauso wie der Tourismusverband. Apropos Tourismusver- band: Ich denke, es ist an der Zeit, einmal auch denen zu danken, die mit viel Mühe, Zeit und Aufwand den Weg der Landesregierung mitgegangen sind und sich in man- cher Diskussion auch einmal eine „blutige Nase“ geholt haben – die Rede ist von den Akteuren der Landesebene in Tourismusverband und Tourismusagentur. Mein Dank gilt Volker Popp und Armin Dellnitz, die gerade auch für uns Politikerinnen und Politi- ker immer ansprechbar waren und sind und auf deren Urteil und Einschätzung stets Verlass ist.Wir sollten den Weg der Neuausrichtung gemeinsam und konsequent weiterge- hen und auch die Zeit danach, nämlich nach 2009, im Blick haben. Sonst haben wir uns vergeblich bemüht! Der frische Wind, den wir durch die neue Tourismuskonzeption in Schleswig-Holstein ins Land wehen lassen, darf nicht abflauen und dazu führen, dass die Tourismusakteure wieder ohne Ziel und unabgestimmt nebeneinander ihre Arbeit machen. -4-Ich freue mich, dass aus dem Bericht klar hervor geht, was wir Tourismuspolitiker von Anfang an betont haben: Wir tun das eine, ohne das andere zu lassen. Jugend und Natur, Gesundheits- und Kulturtourismus sowie der ländliche Raum haben nach wie vor ihren Platz im Schleswig-Holstein-Tourismus. Und das soll auch so bleiben.Der Schwerpunkt liegt aber mit der neu ausgerichteten Tourismuspolitik auf den be- kannten drei Zielgruppen. An den Bedürfnissen und Urlaubserwartungen von Famili- en mit kleinen Kindern, Menschen in den besten Jahren und anspruchsvollen Genie- ßern richten unsere Destinationen erfolgreich ihre Angebote aus. Wir hören grundsätz- liche Zustimmung in Gesprächen mit Touristikern aller Ebenen. Dies erfuhr im Spät- sommer auch mein Fraktionsvorsitzender Dr. Stegner auf unserer Bereisung der nord- friesischen Inseln.Wir haben Anerkennung für die mit allen Beteiligten abgestimmte und zielgerichtete Förderpolitik des Landes gehört. Zu dem, was wir hören, gehören natürlich auch kon- struktive Anregungen, von denen ich zwei hier aufgreifen und in die Debatte einspei- sen möchte: den Geschäftsreisetourismus und Möglichkeiten der Förderung jenseits des Geldes.Zum Geschäftsreisetourismus. Dieser findet vorwiegend in den Städten statt. Das ist eine Tatsache. Die Städte weisen zusammen mit dem Campingtourismus die größten Zuwachsraten aus, sie sind zurzeit der Motor für den gesamten Tourismus in Schles- wig-Holstein, ohne sie sähe unsere Statistik mit den 75 Millionen Übernachtungen bei weitem ganz anders aus. Ich will hier betonen, dass uns alle Gäste willkommen sind, nicht nur die Erholungsreisenden. Das ist mitnichten ein Widerspruch zu den umwor- benen Zielgruppen. -5-Schleswig-Holstein muss ganzjährig Saison haben, und der Geschäftsreisetouris- mus kann uns dabei unterstützen. Keine Sorge, es geht mir nicht um große Kongres- se. Aber kleine Tagungen, Incentives oder auch das verlängerte Wochenende mit Partner oder Partnerin im Anschluss an eine Geschäftsreise können hier einen ganz wichtigen Beitrag leisten. Wir dürfen diesen Bereich keineswegs vernachlässigen oder gar ignorieren. Und auch wenn es schon heute gut läuft: Diese Stärke im Schleswig- Holstein-Tourismus gehört gestärkt!Was wir außerdem zu hören bekommen, und das gehört zur heutigen Aussprache da- zu, ist der Wunsch nach Förderung jenseits des Geldes. Das beginnt mit dem Wunsch nach erreichbaren Ansprechpartnern, die in Zweifelsfällen in der Lage sind zu erklären, unter welchen Voraussetzungen eine Maßnahme förderfähig sein könnte. Einen ab- lehnenden Bescheid oder einen Bescheid mit Auflagen schreiben kann jeder. Ich wün- sche mir an dieser Stelle, dass das Tourismusreferat wie in der Vergangenheit gut aufgestellt bleibt und sich als Teil des Tourismus versteht. Wir müssen unsere Touris- musorte so unterstützen und beraten, dass geplante Maßnahmen auf die neuen För- derrichtlinien ausgerichtet werden können.Dabei heißt für mich Konzentration auch, gegebenenfalls auch einmal „Nein“ zu sagen, spätestens dann, wenn wir zwischen den Orten Kannibalismus vermeiden müssen. Ich sage nur: Keitum-Therme!Für mich bedeutet Unterstützung, auch in anderen Politikfeldern darauf zu achten, dem Tourismus nicht nur keine Steine in den Weg zu legen, sondern alle politischen Entscheidungen im Hinblick auf die touristischen Folgen zu treffen.Tourismuspolitik ist Querschnittspolitik. Als Beispiele will ich die Verkehrs- und hier vor allem die Bahnpolitik nennen – die Erreichbarkeit unserer Urlaubsziele an Nord- und Ostsee ist von entscheidender Bedeutung in der nationalen und zunehmend -6-auch internationalen Konkurrenz. Der Entwurf des neuen Landesnahverkehrsplans liegt vor – wir sollten auch mit „touristischer Brille“ einen Blick darauf werfen.Weitere Beispiele sind der Küstenschutz, der Lärmschutz in Kurgebieten – hier ge- ben wir mit dem Landesimmissionsschutzgesetz den Tourismusorten ein neues In- strument in die eigene Verantwortung - und natürlich auch der Nichtraucherschutz, wo wir Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden haben, oder die Inhalte des Landesent- wicklungsplans, die sich auf den Tourismus in unserem Land auswirken.Wir wollen weiter Tourismusprojekte nicht nur vorrangig in den Schwerpunkträumen für Tourismus und Erholung entlang der Küsten fördern, sondern bei Erfüllung der För- derkriterien auch im Binnenland. Tourismus ist da, wo Gäste sind. Für mich sind des- halb auch die Holsteinische Schweiz in Gänze und die Schlei Schwerpunkträume für Tourismus. Auch hier muss die Weiterentwicklung touristischer Angebote genauso möglich sein wie die Ansiedlung von Hotels im Vier-Sterne-Segment, bei der wir im Lande noch immer Nachholbedarf haben.Die Förderpolitik soll bewirken, dass bei Tourismusorten, die es vielleicht noch nicht wissen, endlich ankommt, dass auch sie mit ihren täglichen Beschlüssen und Arbeiten ihren Beitrag leisten können und müssen, wenn sie den Tourismus stärken wollen. Angefangen bei viel zu kleinteiligen Strukturen bis hin zur Ortsbildgestaltung, von der personellen Besetzung der Touristinformationen bis zur telefonischen oder persönli- chen Ansprache des Gastes: Jeder einzelne Ort kann so viel tun! Im landesweiten Konzept ist genügend Platz für regionale Schwerpunkte und örtliche Besonderheiten!Das Leitprojekt, die Strukturen auf der lokalen Ebene zu verschlanken und lokale Tou- rismusorganisationen zu bilden, findet meine ausdrückliche Zustimmung. Auf die Er- fahrungen der vier Pilotregionen dürfen wir alle gespannt sein. -7-Inzwischen dürfte nicht nur den Tourismuspolitikern die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für unser Land bekannt sein. Die beeindruckenden Zahlen habe ich ein- gangs genannt.Die Förderung des Landes zusammen mit dem entschlossenen Handeln jedes Tou- rismusortes ziehen, davon bin ich überzeugt, schließlich auch jene Beherbergungs- betriebe mit, die sich bislang noch vor zertifizierter Servicequalität, vor Qualitätsmana- gement und Klassifizierung gedrückt haben. Sie werden erkennen, dass sie nicht dar- um herum kommen. Erfolgreiche Positivbeispiele gibt es landauf, landab.Der Beitrag jeder Ebene, abgestimmt in Angebot und Qualität mit einer klaren Ausrich- tung auf die landespolitischen Ziele, verbunden mit zielgerichteten finanziellen Zu- schüssen aus dem Landeshaushalt: Das ist erfolgreiche Förderpolitik nicht nur in, son- dern für die Tourismuswirtschaft.Mein Fazit zum vorgelegten Bericht lautet: Wir müssen den Kurs der Kooperation und der Konzentration halten. Konzentration heißt Konzentration der Mittel, Konzentration auf das Wesentliche – und es bedeutet: sich nicht ablenken klassen, sondern den eingeschlagenen Weg konsequent auch nach 2009 weitergehen.Den Bericht sollten wir in den Wirtschaftsausschuss überweisen, um ihn dort weiter zu beraten.„Urlaub, soweit das Auge reicht“ im Urlaubsland Schleswig-Holstein - das ist unser Ziel, und davon profitiert das ganze Land, nicht nur die Tourismuswirtschaft.