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13.11.08
10:43 Uhr
B 90/Grüne

Monika Heinold zur beitragsfreien Kindertagesstätte

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 33 – Umsetzung eines beitragsfreien Claudia Jacob Kindertagesstättenjahres Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die parlamentarische Geschäftsführerin Telefon: 0431 / 988 - 1503 von Bündnis 90/Die Grünen, Fax: 0431 / 988 - 1501 Monika Heinold: Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 396.08 / 13.11.2008 Reden statt Handeln kostet Glaubwürdigkeit
Immer wieder die gleichen Absichtserklärungen abzugeben und altbekannte Thesen über Bildungsgerechtigkeit vorzutragen, nützt letztendlich niemandem. Im Gegenteil, es kostet Glaubwürdigkeit. Was jetzt folgen muss, sind die rechtlichen Rahmenbedin- gungen: Für die Beitragsfreie Kita, für mehr Betreuungsqualität und zur Absicherung des Sozialfonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“.
Meine Damen und Herren von CDU und SPD, bisher haben Sie nur eins geschafft: El- tern und Wohlfahrtsverbände maximal zu verunsichern. Aus der anfänglichen Freude über das beitragsfreie Kita-Jahr sind Skepsis und Verunsicherung geworden. Zumal der CDU- Fraktionsvorsitzende mit seiner Meinung, dass drei Jahre beitragsfreie Kita nicht finanzierbar sind, nicht hinterm Berg hält.
Enttäuschend ist auch der vorliegende Bericht. Es steht nichts drin, was wir Parlamen- tarierinnen und Parlamentarier bisher noch nicht wussten: Die Mittel für das erste bei- tragsfreie Kindertagesstättenjahr stehen im Haushalt. Dass das Land dafür 120 Euro pro Platz zur Verfügung stellt, hat die Landesregierung dem Finanzausschuss vor Wo- chen mitgeteilt. Die Vereinbarung für das zweite und dritte beitragsfreie Jahr steht im Bericht nach wie vor unter Haushaltsvorbehalt.
Dass die Gebühren und Sozialstaffeln im Land keine gleichwertigen Lebensverhältnis- se wieder spiegeln, ist auch nicht neu. Wenn ich zum dritten Mal lesen muss, dass „Kein Kind ohne Mahlzeit“ auf Dauer finanziell nicht abgesichert ist, die Sozialministe- rin vom Koalitionsausschuss aber beauftragt wurde, mit dem Finanzminister das Er- forderliche zu besprechen, dann frage ich mich: Warum tun Sie das nicht endlich, Frau Ministerin? Es wird ja wohl kein Terminproblem sein! Seite 1 von 3 Statt Lösungen also wieder nur alt Bekanntes in der heutigen Debatte: Ja, Bildung ist wichtig, deshalb müssen wir mehr Geld in die Bildung unserer Kinder investieren. Ja, die frühkindliche Bildung muss stärker gefördert werden und Bildungsbarrieren wie hohe Kita-Gebühren müssen abgeschafft werden! Der Chor aller Parteien in Kiel und in Berlin klingt gleich. Keine Partei traut sich, lautstark auszuscheren.
Aber wenn man genau hinhört, werden die Unterschiede deutlich. Die CDU im Bund glaubt, die Löcher im Bildungssystem mit einem Bildungsgipfel stopfen zu können. Die CDU in Kiel hält die Beitragsfreiheit aller drei Kindertagesstättenjahre für nicht bezahl- bar.
Meine Damen und Herren von CDU und SPD, worauf haben Sie sich denn nun tat- sächlich und verbindlich im Koalitionsausschuss verständigt? Wenn Sie wirklich drei beitragsfreie Jahre umsetzen wollen, warum machen Sie dann ein abgestuftes Verfah- ren, indem sie im Dezember nur das dritte Beitragsfreie Jahr beschließen und den Rest auf Mai vertagen? Wer hindert Sie daran, schon im Dezember alle drei Jahre im Gesetz zu verankern? Das Argument, man brauche ja ein ordentliches Anhörungsver- fahren, greift nicht. Wer soll denn bitteschön glauben, dass wir für drei beitragsfreie Jahre ein anderes Anhörungsverfahren brauchen als für ein beitragsfreies Jahr?
Ich bin mir sicher, wenn wir Grüne im Dezember drei beitragsfreie Jahre zur Abstim- mung stellen würden, dann würden Sie das gnadenlos ablehnen. Genau diese Art von Politik ist es, welche zu Unmut und Unverständnis führt. Das ist der Grund, weshalb Eltern auf die Ankündigungen der Großen Koalition skeptisch reagieren, statt sich zu freuen.
Zumindest an einem Punkt schafft der Bericht Klarheit. Die Gebührenfreiheit bezieht sich auf den Rechtsanspruch, also auf fünf Stunden Kinderbetreuung an fünf Tagen in der Woche.
Für Eltern ist es wichtig, dies zu wissen, damit sie die Kosten für darüber hinaus ge- hende Betreuung und Verpflegung weiterhin in ihre Haushaltsbudgets einplanen. Für die Kommunen ist es wichtig zu wissen, dass sie die Beitragsfreiheit vom Land pau- schal mit 120 Euro pro Kind vergütet bekommen. Für einen Teil der Kommunen mag das auskömmlich sein, für andere ist das ein Minusgeschäft.
Meine Fraktion hält diese Lösung dennoch für akzeptabel, zumal die Landesregierung zugesagt hat, die Kostenentwicklung 2011 zu überprüfen. Auch die Verteilung der Mit- tel über den kommunalen Finanzausgleich begrüßen wir. Eine Vergütung für jede ein- zelne Kommune auf Basis der tatsächlich erhobenen Elternbeiträge wäre ein sehr aufwendiges und nicht zwangsläufig gerechteres Verfahren gewesen.
Nun zum zweiten Teil des Berichtes, zum Sozialfond. Der Fonds hilft in diesem Halb- jahr bereits 3.300 Kindern und bis Ende des Jahres werden – für dann zehn Monate Laufzeit – mehr als 450.000 Euro ausgegeben sein. Die Ausgaben für 2009 werden 2 deutlich höher sein, denn Kindertagesstätten, Träger und die Stiftung „Familie in Not“ rechnen mit steigenden Antragszahlen.
Also ist schon jetzt absehbar, das Land muss für diese Aufgabe zukünftig Haushalts- mittel bereitstellen. Die zwei Millionen Euro aus der Stiftung „Familien in Not“ sind end- lich. Im vorliegenden Bericht drückt sich die Landesregierung um eine klare Aussage dazu. So ist zu vermuten, dass die Landesregierung versucht, sich bis zur Wahl mit den Stiftungsgeldern durchzuhangeln.
Aber die Kinderarmut wird sich nicht in Luft auflösen. Wir brauchen eine verbindliche Lösung über das Jahr 2010 hinaus und wir müssen die Sicherstellung einer warmen Mahlzeit für jedes Kind auf die Schulen ausdehnen. Mit knurrendem Magen lernt es sich schlecht.
Eltern, welche in der Kita das Geld für die Mittagsverpflegung ihrer Kinder nicht auf- bringen können, werden dieses Geld auch dann nicht aufbringen können, wenn aus ih- rem Kindergartenkind ein Schulkind geworden ist.
Der ergebnislose Bildungsgipfel hat das bittere Ergebnis gebracht: Der Bund lässt die Länder hängen – keine finanzielle Unterstützung für die notwendigen strukturellen Verbesserungen in Kitas und Schulen. Das ist verantwortungslos, denn gerade der Zugriff auf den Sozialfonds macht deutlich, wie notwendig die Unterstützung von Kin- dern ist. Am vergangenen Wochenende haben Experten dies auf dem bundesweiten Kinderschutzkongress in Lübeck noch einmal bestätigt. Besonders wichtig sind nied- rigschwellige Angebote im Vorschulalter, damit Armut in bildungsfernen Schichten nicht von Generation zu Generation vererbt wird.
Die Armutsquote in unserem Land ist dramatisch, in den Ballungszentren Schleswig- Holsteins liegt sie um 30 Prozent. Im Bericht heißt es zutreffend: „Die vorhandene Not- lage der Kinder zeigt, dass es darauf ankommen wird, eine grundsätzliche Sicherstel- lung der Teilhabe von Kindern in unserer Gesellschaft zu ermöglichen.“ Richtig! Kin- der, deren Familien von Transfereinkommen leben, dürfen nicht automatisch in die Armutsfalle tappen.
Neben einer Kindergrundsicherung gehört dazu eine gute Ausstattung von Kinderta- gesstätten und Schulen, ganztags und mit einer gesunden Verpflegung für alle Kinder. Wir dürfen die Debatte um die Qualität unserer Kindertagesstätten nicht vernachlässi- gen.
Meine Fraktion wird diesen Punkt immer wieder einbringen, denn die Kindertagesstät- ten mahnen zu Recht an, dass sie für ihre tägliche Arbeit, für die individuelle Förde- rung, für Elterngespräche und Fortbildung dringend mehr Geld brauchen. Mehr Bil- dungsgerechtigkeit, mehr Teilhabegerechtigkeit und weniger Armut erfordern mehr fi- nanzielle Unterstützung von Bund, Ländern und Kommunen. Dieses umzusetzen, ist die eine große Herausforderung. Dies nicht zu tun, ist fahrlässig. *** 3