Lars Harms zu TOP 13 - Hinterlandanbindung Fehmarnbelt-Querung
PresseinformationKiel, den 09.10.2008Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 13 Konzept zur Hinterlandanbindung der festen Fehmarnbelt- Fehmarnbelt-Querung Drs. 16/2249 16/2249Das politische Mammutprojekt feste Fehmarnbelt-Querung wirft seit langem seine Schattenvoraus, ohne dass das Bauwerk überhaupt steht. Wir haben uns in diesem Haus bereits mehrfachund eingehend mit dem Milliardenprojekt politisch auseinandergesetzt.Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages sind Fakten geschaffen worden, derenAuswirkungen letztendlich noch nicht absehbar sind.So wird Gebetsmühlenartig von einer Gesamtsumme von rund 5,5 Mrd. € ausgegangen - wovonDänemark den Löwenanteil übernimmt. Die Hinterlandanbindung auf deutscher Seite wirdimmer noch mit 840 Mio. € veranschlagt. Jeder von uns hat am eigenen Leibe erfahren, wie dieEnergiepreise in den letzten Jahren gestiegen sind. Ebenso ist eine Kostenexplosion seit Jahrenauf dem Rohstoffmarkt zu verzeichnen. Dass diese Preisentwicklungen bisher noch nicht in derKalkulation zur Fehmarnbelt-Querung und der Hinterlandanbindungen mit eingeflossen sind, 2halte ich finanzpolitisch für fahrlässig. Es macht aber deutlich, dass hier etwas auf politischemWege durchgedrückt werden soll - koste es was es wolle.Daher begrüßen wir den Aspekt des vorliegenden Antrages, dass ein Finanzierungsplan zurRealisierung und Finanzierung der Hinterlandanbindung vorgelegt werden soll. Hierbei erwarteich, dass aktuelle Zahlen für die Finanzierung zugrunde gelegt werden. Geschieht dies nicht,können wir am Ende von einem massiven Kostenanstieg für die Hinterlandanbindung ausgehen.Damit würde die bisherige Finanzierung von Bund und Land wie ein Kartenhauszusammenfallen. Fraglich ist bei der Finanzierung auch, ob die Förderung der EU proportionaldem Kostenanstieg angeglichen wird. Dies kann ich mir aber nicht vorstellen, denn wir wissen,dass die EU die Mittel für verkehrspolitische Großprojekte drastisch gekürzt hat. Wie steht es mitden Fördermitteln der EU?Ich halte es für finanzpolitisch äußerst relevant, dass wir uns endlich ausführlich mit aktuellenZahlen im Zusammenhang mit dem gesamten Projekt befassen. Wenn wir dies nicht tun, wirdsich jeder Bürger auf der Strasse zu recht fragen: „Wie rechnen die da oben überhaupt?“Fraglich ist auch, wie sich der Bund positionieren wird, wenn deutlich wird, dass dieHinterlandanbindung teurer wird, als bisher veranschlagt. Wird der Bund seine Zusageneinhalten und die Hinterlandanbindung finanzieren? Und welche Verkehrsprojekte fallen danndiesem Prestigeobjekt zum Opfer?Wir haben in Schleswig-Holstein genügend andere und wichtigere Verkehrsprojekte als dieFehmarnbelt-Querung. Der SSW hat immer wieder darauf hingewiesen, dass diese für Schleswig-Holstein von größerer wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Bedeutung sind und gefordert,diese voran zu bringen, bevor man eine feste Verbindung über den Fehmarnbelt baut.Wir brauchen für den nördlichen Landesteil und für die Westküste ein eigenesInfrastrukturkonzept, dass auch eine grenzüberschreitende Dimension beinhaltet.Der Ministerpräsident weist immer wieder zu recht auf die große Bedeutung dergrenzüberschreitenden Zusammenarbeit hin. Dazu gehört aber auch eine entsprechende 3Infrastruktur. Wir brauchen daher den Ausbau der A7 bis zur Grenze – denn Schleswig-Holsteinhört nicht bei Bordesholm auf. Zumal es auf dänischer Seite Überlegungen gibt, die Jylland-Autobahn auszubauen. Wenn der Norden nicht abgekoppelt werden soll, dann kommen wir umden Ausbau der A7 bis zur Grenze nicht herum.Gleiches gilt für die Bundesstrasse 5 in Nordfriesland. Da die Landesregierung angekündigt hatdie B5 zwischen Tönning und Husum nun doch bis 2015 auszubauen, erwarte ich, dass es auchwirklich gilt, was der Verkehrsminister verkündet. Die Landesregierung hat mit ihrem Hin undHer für große Unruhe in Nordfriesland gesorgt. Eine andere Entscheidung, als die B5 auszubauen,wäre auch nicht akzeptabel gewesen.Wenn wir als SSW eine Querung wollen, dann ist es die westliche Elbquerung mit der A20. Wiesieht es mit der Realisierung dieser, für Schleswig-Holstein und Hamburg wichtigen Querungaus? Immer wieder werden wir von der Landesregierung vertröstet, dass die Entscheidung beiNiedersachsen liegt. Was tut die Landesregierung, um dieses Projekt voranzubringen? Für diesesProjekt sind der Enthusiasmus und der Umsetzungswille der Landesregierung gefragt. Es darfnicht sein, dass die Elbquerung den Bach runter geht, weil sie nicht mehr finanzierbar ist, nurweil Schleswig-Holstein sein Kontingent durch die Hinterlandanbindung aufgebraucht hat.Für den Schienenverkehr in Nord-Süd-Richtung gilt das gleiche. Auch hier hat Schleswig-HolsteinProjekte, die weit aus wichtiger für das Land sind, als die Belt-Querung. Wir habenEisenbahnbrücken in Rendsburg und Hochdonn, die den Schienenverkehr nicht reibungslosfließen lassen. Da kann die Instandsetzung der Brücken, kann nur ein Anfang sein. Damit haltenwir zwar den Status-Quo, schaffen es aber nicht den Engpass über den Nord-Ostsee-Kanal zubeseitigen. Verbesserungen brauchen wir auch beim Schienen-Engpass Pinneberg-Elmshorn.Bevor wir Hamburg und Kopenhagen/Malmö miteinander verbinden, sollten wir dafür sorgen,dass Schleswig-Holstein vernünftig angebunden wird. Dies alles lässt sich aber kaum finanzieren,wenn das Geld für die Hinterlandanbindung des Milliardengrabes Fehmarn-Belt zum Fensterrausgeworfen wird. Die feste Fehmarnbelt-Querung ist die größte verkehrspolitischeFehlentscheidung des Landes Schleswig-Holstein. 4Die Finanzierung der Hinterlandanbindung ist aber nicht der einzige relevante Punkt. Ebensogibt es mehr Fragen als Antworten in Bezug auf den Ausbau der diesseitigenHinterlandanbindung. Hier gibt es aus Sicht des SSW zwei Szenarien.Entweder: die prognostizierten enormen Verkehrszuwächse, entstehen durch die Fehmarnbelt-Querung, dann ist der Ausbau der Hinterlandanbindung und hierbei insbesondere einezusätzliche Sund-Querung unabdingbar. Oder: das Verkehrsaufkommen bleibt wie es ist, miteinem geringen Zuwachs, dann brauchen wir keine zusätzliche Sund-Querung und erst rechtkeine Fehmarnbeltquerung.Eine zusätzliche Sundquerung wird von keiner offiziellen Seite befürwortet. Der Staatssekretärdes Bundesverkehrsministeriums hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine zweiteFehmarnsundbrücke aus verkehrlichen Gründen nicht erforderlich ist.Minister Marnette hat sich gegenüber dem Fehmarnschen Tageblatt diesbezüglich so geäußert,dass die Fehmarnbeltbrücke auf die langfristig zu erwartende Verkehrszunahme ausgerichtet istund deshalb mit vier Fahrspuren und zwei Bahngleisen ausgerüstet wird. Sollte sichherausstellen, dass die Fehmarnsundbrücke zu einem Nadelöhr zu werden droht, wird man zugegebener Zeit auch hierfür eine Lösung finden, etwa durch eine parallele Brücke oder einenTunnel. Mit dieser Argumentation macht Herr Marnette deutlich, dass dieses Milliardenprojektüberhaupt nicht durchdacht ist. Wenn überhaupt, wann ist denn damit zu rechnen, dass dieprognostizierten Verkehrszahlen erreicht werden? Und wann ist beabsichtigt, eine verkehrlicheEntlastung durch eine zusätzliche Sund-Querung zu schaffen? Alles ungeklärte Fragen, dieletztendlich zu Lasten der Bevölkerung vor Ort gehen. Sollten sich die Verkehrsprognosenerfüllen, dann prognostiziere ich ihnen, dass wir über Jahre hinweg erleben werden, dass sich derVerkehr auf beiden Seiten des Fehmarnsunds stauen wird. Diese Befürchtungen haben auch dieMenschen vor Ort.Es kann doch nicht sein, dass man erst zu gegebener Zeit Überlegungen anstellen will, ob eineweitere Sund-Querung berechtigt ist, wenn der Bedarf durch Staus bereits nachgewiesen ist. Wirwissen alle wie lange die Planungs- und Bauzeiten für Verkehrsprojekte sind. Dies dauert Jahre – 5Jahre, die zu Lasten der Bevölkerung vor Ort gehen. Deshalb hat die EU auch mögliche Zuschüssefür den Bau der Belt-Querung an Dänemark daran gekoppelt, dass die Sundbrücke ausgebautwird. Da kann man einmal sehen, wie dilettantisch dieses Mammutprojekt bisher auf deutscherSeite angegangen worden ist.Abschließend interessiert es mich doch noch, was Minister Marnette in dem bereitsangesprochenem Interview mit dem Fehmarnschen Tageblatt gemeint hat, als er sichdahingehend geäußert hat, dass der Ministerpräsident zugesagt hat, die Projekte aus der Regionim Rahmen der bestehenden Förderprogramme besonders zu unterstützen.Entweder es gibt Förderprogramme und dazugehörige Richtlinien, die dann auch für alle geltenoder es gibt sie nicht. Es kann aber nicht sein, dass die Landesregierung bereits jetzt ankündigt,künftig mit zweierlei Maß zu messen, wenn es darum geht, Projekte aus der Region Fehmarn undOstholstein zu fördern.Der Bau der Fehmarnbelt-Querung und der Hinterlandanbindung wird die Fördermittel fürwichtigere Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen im Land aufzehren. Und als wenn das nicht schonschlimm genug wäre, kündigt die Landesregierung an, Projekte aus der dortigen Region auchnoch besonders zu unterstützen.Es geht mir nicht darum, dass ich der Region die Projekte nicht gönne, aber wo bleibt dieWaffengleichheit der Regionen? Es kann nicht sein, dass die Landesregierung hier nachGutsherrenart entscheiden will, welche Projekte gefördert werden sollen und welche nicht.Damit würde der nördliche Landesteil aber auch andere Regionen in Schleswig-Holsteinzusätzlich von der Landesregierung geschwächt werden.