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09.10.08
12:14 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 13 - Hinterlandanbindung Fehmarnbelt-Querung

Presseinformation

Kiel, den 09.10.2008

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms



TOP 13 Konzept zur Hinterlandanbindung der festen Fehmarnbelt- Fehmarnbelt-Querung Drs. 16/2249 16/2249

Das politische Mammutprojekt feste Fehmarnbelt-Querung wirft seit langem seine Schatten
voraus, ohne dass das Bauwerk überhaupt steht. Wir haben uns in diesem Haus bereits mehrfach
und eingehend mit dem Milliardenprojekt politisch auseinandergesetzt.
Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages sind Fakten geschaffen worden, deren
Auswirkungen letztendlich noch nicht absehbar sind.
So wird Gebetsmühlenartig von einer Gesamtsumme von rund 5,5 Mrd. € ausgegangen - wovon
Dänemark den Löwenanteil übernimmt. Die Hinterlandanbindung auf deutscher Seite wird
immer noch mit 840 Mio. € veranschlagt. Jeder von uns hat am eigenen Leibe erfahren, wie die
Energiepreise in den letzten Jahren gestiegen sind. Ebenso ist eine Kostenexplosion seit Jahren
auf dem Rohstoffmarkt zu verzeichnen. Dass diese Preisentwicklungen bisher noch nicht in der
Kalkulation zur Fehmarnbelt-Querung und der Hinterlandanbindungen mit eingeflossen sind, 2
halte ich finanzpolitisch für fahrlässig. Es macht aber deutlich, dass hier etwas auf politischem
Wege durchgedrückt werden soll - koste es was es wolle.


Daher begrüßen wir den Aspekt des vorliegenden Antrages, dass ein Finanzierungsplan zur
Realisierung und Finanzierung der Hinterlandanbindung vorgelegt werden soll. Hierbei erwarte
ich, dass aktuelle Zahlen für die Finanzierung zugrunde gelegt werden. Geschieht dies nicht,
können wir am Ende von einem massiven Kostenanstieg für die Hinterlandanbindung ausgehen.
Damit würde die bisherige Finanzierung von Bund und Land wie ein Kartenhaus
zusammenfallen. Fraglich ist bei der Finanzierung auch, ob die Förderung der EU proportional
dem Kostenanstieg angeglichen wird. Dies kann ich mir aber nicht vorstellen, denn wir wissen,
dass die EU die Mittel für verkehrspolitische Großprojekte drastisch gekürzt hat. Wie steht es mit
den Fördermitteln der EU?
Ich halte es für finanzpolitisch äußerst relevant, dass wir uns endlich ausführlich mit aktuellen
Zahlen im Zusammenhang mit dem gesamten Projekt befassen. Wenn wir dies nicht tun, wird
sich jeder Bürger auf der Strasse zu recht fragen: „Wie rechnen die da oben überhaupt?“
Fraglich ist auch, wie sich der Bund positionieren wird, wenn deutlich wird, dass die
Hinterlandanbindung teurer wird, als bisher veranschlagt. Wird der Bund seine Zusagen
einhalten und die Hinterlandanbindung finanzieren? Und welche Verkehrsprojekte fallen dann
diesem Prestigeobjekt zum Opfer?


Wir haben in Schleswig-Holstein genügend andere und wichtigere Verkehrsprojekte als die
Fehmarnbelt-Querung. Der SSW hat immer wieder darauf hingewiesen, dass diese für Schleswig-
Holstein von größerer wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Bedeutung sind und gefordert,
diese voran zu bringen, bevor man eine feste Verbindung über den Fehmarnbelt baut.
Wir brauchen für den nördlichen Landesteil und für die Westküste ein eigenes
Infrastrukturkonzept, dass auch eine grenzüberschreitende Dimension beinhaltet.
Der Ministerpräsident weist immer wieder zu recht auf die große Bedeutung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hin. Dazu gehört aber auch eine entsprechende 3
Infrastruktur. Wir brauchen daher den Ausbau der A7 bis zur Grenze – denn Schleswig-Holstein
hört nicht bei Bordesholm auf. Zumal es auf dänischer Seite Überlegungen gibt, die Jylland-
Autobahn auszubauen. Wenn der Norden nicht abgekoppelt werden soll, dann kommen wir um
den Ausbau der A7 bis zur Grenze nicht herum.
Gleiches gilt für die Bundesstrasse 5 in Nordfriesland. Da die Landesregierung angekündigt hat
die B5 zwischen Tönning und Husum nun doch bis 2015 auszubauen, erwarte ich, dass es auch
wirklich gilt, was der Verkehrsminister verkündet. Die Landesregierung hat mit ihrem Hin und
Her für große Unruhe in Nordfriesland gesorgt. Eine andere Entscheidung, als die B5 auszubauen,
wäre auch nicht akzeptabel gewesen.
Wenn wir als SSW eine Querung wollen, dann ist es die westliche Elbquerung mit der A20. Wie
sieht es mit der Realisierung dieser, für Schleswig-Holstein und Hamburg wichtigen Querung
aus? Immer wieder werden wir von der Landesregierung vertröstet, dass die Entscheidung bei
Niedersachsen liegt. Was tut die Landesregierung, um dieses Projekt voranzubringen? Für dieses
Projekt sind der Enthusiasmus und der Umsetzungswille der Landesregierung gefragt. Es darf
nicht sein, dass die Elbquerung den Bach runter geht, weil sie nicht mehr finanzierbar ist, nur
weil Schleswig-Holstein sein Kontingent durch die Hinterlandanbindung aufgebraucht hat.
Für den Schienenverkehr in Nord-Süd-Richtung gilt das gleiche. Auch hier hat Schleswig-Holstein
Projekte, die weit aus wichtiger für das Land sind, als die Belt-Querung. Wir haben
Eisenbahnbrücken in Rendsburg und Hochdonn, die den Schienenverkehr nicht reibungslos
fließen lassen. Da kann die Instandsetzung der Brücken, kann nur ein Anfang sein. Damit halten
wir zwar den Status-Quo, schaffen es aber nicht den Engpass über den Nord-Ostsee-Kanal zu
beseitigen. Verbesserungen brauchen wir auch beim Schienen-Engpass Pinneberg-Elmshorn.
Bevor wir Hamburg und Kopenhagen/Malmö miteinander verbinden, sollten wir dafür sorgen,
dass Schleswig-Holstein vernünftig angebunden wird. Dies alles lässt sich aber kaum finanzieren,
wenn das Geld für die Hinterlandanbindung des Milliardengrabes Fehmarn-Belt zum Fenster
rausgeworfen wird. Die feste Fehmarnbelt-Querung ist die größte verkehrspolitische
Fehlentscheidung des Landes Schleswig-Holstein. 4
Die Finanzierung der Hinterlandanbindung ist aber nicht der einzige relevante Punkt. Ebenso
gibt es mehr Fragen als Antworten in Bezug auf den Ausbau der diesseitigen
Hinterlandanbindung. Hier gibt es aus Sicht des SSW zwei Szenarien.
Entweder: die prognostizierten enormen Verkehrszuwächse, entstehen durch die Fehmarnbelt-
Querung, dann ist der Ausbau der Hinterlandanbindung und hierbei insbesondere eine
zusätzliche Sund-Querung unabdingbar. Oder: das Verkehrsaufkommen bleibt wie es ist, mit
einem geringen Zuwachs, dann brauchen wir keine zusätzliche Sund-Querung und erst recht
keine Fehmarnbeltquerung.


Eine zusätzliche Sundquerung wird von keiner offiziellen Seite befürwortet. Der Staatssekretär
des Bundesverkehrsministeriums hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine zweite
Fehmarnsundbrücke aus verkehrlichen Gründen nicht erforderlich ist.
Minister Marnette hat sich gegenüber dem Fehmarnschen Tageblatt diesbezüglich so geäußert,
dass die Fehmarnbeltbrücke auf die langfristig zu erwartende Verkehrszunahme ausgerichtet ist
und deshalb mit vier Fahrspuren und zwei Bahngleisen ausgerüstet wird. Sollte sich
herausstellen, dass die Fehmarnsundbrücke zu einem Nadelöhr zu werden droht, wird man zu
gegebener Zeit auch hierfür eine Lösung finden, etwa durch eine parallele Brücke oder einen
Tunnel. Mit dieser Argumentation macht Herr Marnette deutlich, dass dieses Milliardenprojekt
überhaupt nicht durchdacht ist. Wenn überhaupt, wann ist denn damit zu rechnen, dass die
prognostizierten Verkehrszahlen erreicht werden? Und wann ist beabsichtigt, eine verkehrliche
Entlastung durch eine zusätzliche Sund-Querung zu schaffen? Alles ungeklärte Fragen, die
letztendlich zu Lasten der Bevölkerung vor Ort gehen. Sollten sich die Verkehrsprognosen
erfüllen, dann prognostiziere ich ihnen, dass wir über Jahre hinweg erleben werden, dass sich der
Verkehr auf beiden Seiten des Fehmarnsunds stauen wird. Diese Befürchtungen haben auch die
Menschen vor Ort.
Es kann doch nicht sein, dass man erst zu gegebener Zeit Überlegungen anstellen will, ob eine
weitere Sund-Querung berechtigt ist, wenn der Bedarf durch Staus bereits nachgewiesen ist. Wir
wissen alle wie lange die Planungs- und Bauzeiten für Verkehrsprojekte sind. Dies dauert Jahre – 5
Jahre, die zu Lasten der Bevölkerung vor Ort gehen. Deshalb hat die EU auch mögliche Zuschüsse
für den Bau der Belt-Querung an Dänemark daran gekoppelt, dass die Sundbrücke ausgebaut
wird. Da kann man einmal sehen, wie dilettantisch dieses Mammutprojekt bisher auf deutscher
Seite angegangen worden ist.


Abschließend interessiert es mich doch noch, was Minister Marnette in dem bereits
angesprochenem Interview mit dem Fehmarnschen Tageblatt gemeint hat, als er sich
dahingehend geäußert hat, dass der Ministerpräsident zugesagt hat, die Projekte aus der Region
im Rahmen der bestehenden Förderprogramme besonders zu unterstützen.
Entweder es gibt Förderprogramme und dazugehörige Richtlinien, die dann auch für alle gelten
oder es gibt sie nicht. Es kann aber nicht sein, dass die Landesregierung bereits jetzt ankündigt,
künftig mit zweierlei Maß zu messen, wenn es darum geht, Projekte aus der Region Fehmarn und
Ostholstein zu fördern.
Der Bau der Fehmarnbelt-Querung und der Hinterlandanbindung wird die Fördermittel für
wichtigere Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen im Land aufzehren. Und als wenn das nicht schon
schlimm genug wäre, kündigt die Landesregierung an, Projekte aus der dortigen Region auch
noch besonders zu unterstützen.
Es geht mir nicht darum, dass ich der Region die Projekte nicht gönne, aber wo bleibt die
Waffengleichheit der Regionen? Es kann nicht sein, dass die Landesregierung hier nach
Gutsherrenart entscheiden will, welche Projekte gefördert werden sollen und welche nicht.
Damit würde der nördliche Landesteil aber auch andere Regionen in Schleswig-Holstein
zusätzlich von der Landesregierung geschwächt werden.