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11.09.08
14:25 Uhr
B 90/Grüne

Karl-Martin Hentschel zum Berufsgeheimnis

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 15: Bundesratsinitiative zum besseren Schutz Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel von Berufsgeheimnisträgern Telefon: 0431 / 988-1503 Fax: 0431 / 988-1501 Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende Mobil: 0172 / 541 83 53 von Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de Karl-Martin Hentschel:
Nr. 332.08 / 11.09.2008
Berufsgeheimnis sichern!

Bei allen Ermittlungsmaßnahmen sind die von den Zeugnisverweigerungsrechten der Berufsgeheimnisträger geschützten Interessen zu berücksichtigen.
Zu diesem Zweck führt die durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 eingeführte Vor- schrift des § 160a der Strafprozessordnung ein abgestuftes System von Beweiserhe- bungs- und -verwertungsverboten ein.
Ein Erhebungsverbot stellt die nach Paragraf 53 Absatz 1 Nr. 1, 2 und 4 Zeugnisver- weigerungsberechtigten von staatlichen Ermittlungsmaßnahmen gleich welcher Art frei. Gegen Geistliche, VerteidigerInnen und Abgeordnete dürfen sich keine Maßnah- men richten, die der Ermittlung von Umständen dienen, welche vom Zeugnisverweige- rungsrecht der Genannten umfasst sind.
Ein relatives Beweiserhebungsverbot sieht Abs. 2 Satz 1 und 2 bei den von Absatz 1 nicht erfassten Berufsgeheimnisträgern, also Rechtsanwälte, Beratungs- und Heilberu- fe, sowie Journalisten vor.
Ärzte sind durch den jetzigen Schutz unseres Erachtens genügend vor staatlichen An- griffen geschützt. Wäre eine Ärztin oder ein Arzt von der Ermittlungsmaßnahme betrof- fen, ist zu beachten, dass viele Arztgespräche dem Kernbereich privater Lebensges- taltung zuzuordnen sind.
Da dessen Schutz nicht durch Abwägung mit den Strafverfolgungsinteressen nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes relativiert werden kann, greift insoweit ein absolutes Erhebungs- und Verwertungsverbot ein.
1/2 Nur soweit der unantastbare Bereich des Höchstpersönlichen nicht betroffen ist, unter- liegt die Erhebung und Verwertung von Informationen, die vom ärztlichen Zeugnisver- weigerungsrecht erfasst werden, der Abwägung nach Absatz 2.
Diese wird allerdings in der Regel jedenfalls bei kernbereichsnahen, besonders sen- siblen Informationen, die in einem Arzt-Patienten-Gespräch ausgetauscht werden, zu einem Übergewicht der schutzwürdigen Individualinteressen führen, sodass ein aktuel- ler Änderungsbedarf nicht erkennbar ist.
Anders ist die Situation in Bezug auf Journalisten. Meinungs- und Pressefreiheit sind ein durch unser Grundgesetz geschütztes hohes Gut – das aber von staatlichen Er- mittlerinnen und Ermittlern nicht immer entsprechend gewürdigt wird.
Ich erinnere nur an die Vorfälle in den Redaktionsräumen der Zeitschrift „Cicero“. Am 12. September 2005 durchsuchten Beamte der Staatsanwaltschaft Potsdam, des brandenburgischen Landeskriminalamts und des Bundeskriminalamtes (BKA) die Re- daktionsräume des politischen Magazins sowie die Wohnung des Redakteurs Bruno Schirra. Dem Blatt und seinem Redakteur wurde Beihilfe zum Geheimnisverrat vorge- worfen. Die Eröffnung eines Prozesses wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat wurde jedoch vom Potsdamer Landgericht abgelehnt.
Bei Journalisten und Journalistinnen gibt es allerdings ein großes Abgrenzungsprob- lem, da es kein geschützter Beruf ist. So könnte zum Beispiel jeder oder jede Rechts- radikale als AutorIn eines rechtsradikalen Blättchens unter den Deckmantel des Jour- nalismus die Aussage verweigern. Dieses ist nicht hinnehmbar.
Ähnlich ist die Situation bei vielen Beratungsberufen und SozialarbeiterInnen. Oft be- steht für sie die Gefahr, dass das Vertrauen Ihrer Klientinnen und Klienten verloren geht, weil diese befürchten, dass die Betreffenden in Kontakt mit staatlichen Ermitt- lungsbehörden stehen.
Das gilt ganz besonders für das schwierige Verhältnis zu Einwanderern und Flüchtlin- gen. Aber auch für diese Berufe gilt, dass die Abgrenzung der Berufsbilder schwierig ist.
Insgesamt begrüßen wir die Anregung, den Schutz der Berufsgeheimnisträger zu verbessern. Gerade die Eingriffe in der letzten Zeit und die immer weiter gehenden staatlichen Eingriffe müssen eingedämmt werden.
Wir haben jedoch Zweifel, ob die vorgeschlagene Regelung praxistauglich ist. Wir brauchen Regelungen, welche dem staatlichen Tätigwerden Schranken setzen, ohne dass diese von jedem Beliebigen zur Zeugnisverweigerung missbraucht werden kön- nen. Darüber sollten wir im Ausschuss beraten. ***