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11.09.08
10:42 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: "Datenschutz ist kein Hemmnis für Sicherheit, sondern Datenschutz bedeutet Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger"

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Nr. 246/2008 Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Donnerstag, 11.09.2008 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdL

Es gilt das gesprochene Wort!
Innen/ Datenschutz
Wolfgang Kubicki: „Datenschutz ist kein Hemmnis für Sicherheit, sondern Datenschutz bedeutet Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger“ In seinem Redebeitrag zu TOP 17 (illegaler Datenhandel) erklärte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:
„Massenhafter Datenklau und milliardenschwerer Schwarzmarkthandel, Online-Razzien und Computerspionage nichts scheint mehr sicher. Weder Konto- noch Kreditkartennummern, weder Personal- noch Krankenakten. Firmen bangen um ihre Betriebsgeheimnisse, Bürgerinnen und Bürger um ihre Privatsphäre. In Bankgeschäften sitzt das Finanzamt fast immer mit am Tisch. In Supermärkten stehen Kunden im Visier von Videokameras.
Auf dem privaten PC tummeln sich Trojaner. Die Heckenschützen des Informationszeitalters haben durchgeladen und entsichert.
Dies war der Eindruck, der sich im Rahmen der Datenmissbrauchsskandale Mitte August in der Bevölkerung aufgetan hat. Wir erinnern uns:
Am 11. August wurde bekannt, dass ein früherer Mitarbeiter eines Callcenters in Lübeck der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein eine Compact Disc – kurz CD – übergeben hat, die mehr als 17.000 Datensätze mit Angaben zu Namen, Adresse, Geburtsdatum und vollständigen Kontonummern von Bürgerinnen und Bürgern enthielten. Kurz darauf tauchten weitere 60.000 Datensätze mit Kontonummern auf, dann wurde in der Presse von vier Millionen berichtet.
Ein Skandal ohne Gleichen, der zu Recht in der Bevölkerung große Unsicherheit ausgelöst hat, weil er praktisch jeden treffen könnte.
Wenn es überhaupt etwas Gutes an den Geschehnissen gab, so, dass sich in der Folge eine Debatte entwickelt hat, die die derzeitigen Mängel im Datenschutz aufarbeitet und die auch die Bedeutung des Datenschutzes abseits von Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen für die Bürgerinnen und Bürger wirklich greifbar gemacht hat. Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2
Trotzdem war es das Bundesverfassungsgericht im so genannten Volkszählungsurteil von 1983, welches am Besten diese Bedeutung in Worte, die nichts an Aktualität eingebüßt haben, gefasst hat, ich zitiere:
„ Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß..“
Diese Aussage, die sich seinerzeit in erster Linie gegen die Beschaffung von Informationen von staatlicher Seite richtete, lässt sich heute auch problemlos auf die aktuelle Diskussion übertragen.
Sie bedeutet im Grundsatz nichts anderes, als dass wir als Parlamentarier eine Rechtsordnung vorzuhalten haben, in der jede Bürgerin und jeder Bürger nachvollziehen können muss, wer zu welchem Zeitpunkt über ihre oder seine persönlichen Daten verfügt und sie oder er müssen nach diesen Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts auch jederzeit die Möglichkeit erhalten, eine entsprechende Weitergabe zu unterbinden.
Die Geschehnisse der letzten Wochen und Monate
- die Überwachung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestimmter Einzelhandelsketten und natürlich auch - die Weitergabe persönlicher Daten – u.a. auch Kontodaten –
haben gezeigt, dass unsere derzeitige Rechtsordnung hier Mängel aufweist.
Denn, dass es heute rechtlich möglich ist,
1. ohne ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen, ihre persönlichen Daten zu Werbezwecken weiterzugeben oder 2. Verträge so aufzusetzen, dass die Möglichkeit zur Weitergabe von persönlichen Daten zur Bedingung für einen Vertragsabschluss gemacht werden,
steht im Widerspruch zu den oben aufgeführten Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts und es ist richtig und gut, dass sich Fraktionen und Regierungen in der gesamten Republik nun der Frage annehmen, wie diese Lücken im Datenschutzrecht geschlossen werden können.
Wir müssen einfach einmal feststellen, dass Datenschutz Sicherheit bedeutet. Bisher haben wir ja immer Sicherheitsdebatten im Zusammenhang mit Möglichkeiten zusätzlicher Datenerhebung und Speicherung für Ermittlungsbehörden gesprochen. Eine falsch geführte Debatte.
Nein, Datenschutz ermöglicht Bürgerinnen und Bürgern, unbehelligt ihr Leben so gestalten zu können, ohne dass Informationen über sie ohne ihren Willen entweder in Behörden oder in der Privatwirtschaft kursieren.
Das Datenschutzrecht wird den bisher unzureichend gerecht.
Es besteht mittlerweile Einvernehmen darüber, dass das Bundesdatenschutzgesetz dahingehend geändert werden muss, dass eine Weitergabe von Daten künftig von der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen abzuhängen hat. Bisher muss – wenn es sich um eine Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 Weitergabe zu Werbezwecken handelt, dieser ausdrücklich widersprochen werden. Wir brauchen hier dringend eine Umkehr der Beweislast, die der Lebenswirklichkeit gerecht wird.
Unser Landesdatenschützer Dr. Weichert hat aber weitere Änderungen angemahnt, über die wir im Ausschuss noch zu diskutieren haben und zu denen wir vielleicht auch zu einer fraktionsübergreifenden Entschließung kommen.
Er fordert eine grundsätzliche Informationspflicht der Betroffenen bei Datenpannen, die auch nach Auffassung von Dr. Weichert so ausgestaltet werden muss, dass zum einen keine unnötige Beunruhigung in der Bevölkerung entsteht und natürlich der Aufwand bei den Unternehmen nicht unverhältnismäßig für diesen Zweck sein darf.
Darüber darf künftig ein Vertrag nicht davon abhängig gemacht werden, dass einer Weitergabe von persönlichen Daten zugestimmt werden muss, die nicht zur Erfüllung des Vertragszwecks dient – also ein so genanntes Kopplungsverbot.
Durch eine ausdrückliche Aufnahme der Ziele der technisch- organisatorischen Maßnahmen (Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit, Authentizität, Revisionsfähigkeit, Transparenz) in das Bundesdatenschutzgesetz erwartet sich unser Landesdatenschützer eine wesentliche Verbesserung des effektiven Datenschutzes.
Schließlich müssen wir die offensichtlich bestehenden Mängel im Bereich der Kontrolle des Datenschutzes aufarbeiten und wir sollten zumindest den Bund und die anderen Länder, in denen der Datenschutz in den Innenbehörden angesiedelt ist, dazu anregen, dem Beispiel Schleswig-Holsteins zu folgen und eine unabhängige Institution zu schaffen. Ich glaube, niemand kann da ein besseres Beispiel sein, als Schleswig-Holstein.
Natürlich hat meine Fraktion es begrüßt, dass wir heute über den Datenschutz in diesem Hause diskutieren. Wir haben dies an anderen Stellen, allerdings mit anderen Vorzeichen und mit weniger Einigkeit, diskutiert.
Vielleicht führt die heutige Debatte aber dazu, dass auch wir unsere Hausaufgaben in landesrechtlicher Sicht machen.
Wir haben in der Vergangenheit immer wieder Bereiche angesprochen, die aus Sicht des Datenschutzes bedenklich sind und sich für die Sicherheit in unserem Land als überflüssig erwiesen haben – man denke in diesem Zusammenhang nur an die Rasterfahndung.
Was war mit unseren Warnungen zum neuen Polizeirecht?
Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben erhebliche Erweiterungen der Möglichkeiten zur Erhebung und Speicherung von Daten im Gefahrenrecht zu verantworten, also ohne, dass bisher eine konkrete Straftat vorliegen muss. Hier ist die Landesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht bereits beim KFZ-Screening gescheitert.
Und es ist schon eine kleine Krönung, wenn heute auch die Regierungskoalitionen über die Notwendigkeit eines effektiven Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 Datenschutzes philosophieren und zugleich einen Gesetzentwurf zur Änderung eines Kirchensteuergesetzes einbringen, der künftig dazu führen soll, dass die Finanzbehörden Kreditinstituten von der Konfession ihrer Kunden in Kenntnis setzen.
Die Banken sollen künftig für die Finanzämter einen Teil der Kirchensteuer eintreiben, nämlich den Teil, der auf die Kapitalerträge entfällt.
Um aber zu wissen, ob die entsprechende Kundin, bzw. der entsprechende Kunde der Bank überhaupt Kirchsteuerpflichtig ist, müssen die Banken natürlich wissen, ob und ggf. welcher Konfession ihre Kunden angehören, obwohl dies für das eigentliche Bankgeschäft überhaupt nicht notwendig ist.
Wir werden also sehen, ob den hehren Worten der heutigen Debatte auch Taten folgen. Ich habe aufgrund der Erfahrungen in diesem Hause leider keine große Hoffnung, dass es bei CDU und SPD wirklich zu einem großen Umdenken gekommen wäre. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.“



Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/