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10.09.08
10:26 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki: Zerstrittenheit der Koalition blockiert die Entwicklung des Landes!

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Nr. 242/2008 Vorsitzender Dr. Heiner Garg, MdL Kiel, Mittwoch, 10. September 2008 Stellvertretender Vorsitzender Dr. Ekkehard Klug, MdL Sperrfrist: Redebeginn Parlamentarischer Geschäftsführer Günther Hildebrand, MdL Es gilt das gesprochene Wort!
Haushalt/Doppelhaushalt 2009-2010
Wolfgang Kubicki: Zerstrittenheit der Koalition blockiert die Entwicklung des Landes! In seinem Redebeitrag zu TOP 3 (Haushaltsgesetz 2009/2010 und Finanzplanung 2008 bis 2012) sagte der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki: „Die Finanzlage des Landes Schleswig-Holstein ist bedrückend und besorgniserregend. (…) Die finanzielle Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene ist durch ständige Eingriffe in Kompetenzen und Finanzen derart eingeschränkt, dass Kreise, Städte und Gemeinden nicht mehr in der Lage sind, ihre örtlichen Aufgaben der allgemeinen Daseinsvorsorge zu erfüllen (…) Viele stehen vor dem finanziellen Kollaps. Schleswig-Holstein ist finanzpolitisch handlungsunfähig.“ Diese Sätze stammen aus einem Entschließungsantrag der CDU-Fraktion zum Haushaltsgesetz des Jahres 2003, unterschrieben von Rainer Wiegard. Wenn ich mir den heute von der Landesregierung eingebrachten Haushaltsentwurf für die Jahre 2009 und 2010 anschaue, dann stelle ich fest, dass sich an der Lage nichts geändert hat, bis auf die Tatsache, dass Rainer Wiegard heute Finanzminister ist. Rahmendaten des Haushalts Und dieser Finanzminister hat einen Haushalt aufgestellt mit einem Ausgabenvolumen von 12,083 Mrd. Euro in 2009 und 11,881 Mrd. Euro in 2010. Damit legt Finanzminister Wiegard einen Haushalt vor, der im Vergleich zum Haushalt 2003 1,4 Mrd. Euro mehr Ausgaben zu verzeichnen hat, 5 Mrd. Euro mehr Schulden ausweist und bei dem 118 Mio. Euro mehr an Zinsen zu zahlen sind. Da fragen sich die Steuerzahler dieses Landes zur recht, ob die Steuergelder, die sie der Landesregierung zur treuhänderischen Verwaltung anvertrauen, bei der Großen Koalition gut aufgehoben sind. Die Großkoalitionäre beantworten diese Frage klar mit ja. Denn glaube ich den Aussagen von CDU und SPD, dann ist dieser Haushalt der konsequenteste Sparhaushalt, den je eine Landesregierung - und auch nur unter härtesten Anstrengungen - hat aufstellen können. In unzähligen Kabinettssitzungen und Koalitionszusammenkünften – so sagen die Koalitionäre – wurde heftig gestritten und wurde um jeden Cent gerungen, um am Ende dieses Wunderwerk an Anstrengungen zu präsentieren. Mit diesem Haushalt täuscht die Koalition nicht nur die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, sie täuscht vor allem sich selbst. Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Uneinigkeit = Stillstand Denn was ist die Wirklichkeit? Dieser Haushalt ist der Haushalt der verpassten Chancen. Es ist geradezu der Haushalt der Verzweifelung. Die Ausgaben steigen massiv an. Von Haushaltskonsolidierung keine Spur. Im Gegenteil: Die Landesregierung präsentiert sich öffentlichkeitswirksam in Spendierlaune. Hier ein paar Millionen für die Kinderbetreuung, da ein bisschen für neue Lehrer und auch noch etwas für die Universitäten. Doch leider alles ohne Konzept, ohne Strategie und ohne jede Nachhaltigkeit. Aber das ist ja auch kein Wunder bei einer Koalition, bei der von den anfänglich mühsam zusammenkonstruierten Gemeinsamkeiten mittlerweile keine einzige mehr übrig ist. Es gibt unterschiedliche Auffassungen in der Sozialpolitik: Die SPD will mit der Einführung von Mindestlöhnen tausenden Menschen ihren Arbeitsplatz wegnehmen, die CDU lehnt dies zu Recht ab. Und an die Adresse der SPD sei gesagt: Ihre Kampagne wäre um vieles glaubwürdiger, würden Sie den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes nicht permanent Gehaltskürzungen zumuten und sich dafür einsetzen, dass das Pflegepersonal in den landeseigenen Kliniken endlich der Schwere seiner Arbeit angemessen entlohnt wird. Es gibt unterschiedliche Auffassungen in der Wirtschaftspolitik: Die SPD will unternehmerische Tätigkeit umfassend in staatliche Obhut zurückführen - Stichwort Rekommunalisierung - für die CDU sind private Investitionen nicht grundsätzlich Teufelszeug. Es gibt unterschiedliche Auffassungen in der Energiepolitik: Die SPD will weder Kohle noch Atom, die CDU will beides und von beiden sogar möglichst mehr. Und so könnte ich die Liste weiterführen. In allen relevanten Politikfeldern herrscht Uneinigkeit. Und wo Uneinigkeit herrscht, da herrscht leider auch Stillstand. Dieser Haushaltsentwurf zeigt, dass diese Koalition schlicht verzweifelt ist. Dieser Haushaltsentwurf dokumentiert das Hinschleppen in das Jahr 2010. Das ist schlecht für die Menschen in Schleswig- Holstein, aber das ist die Wirklichkeit. Was erwartet die Menschen in den kommenden zwei Jahren?
Bildung Die Landesregierung verspricht eine „Bildungsoffensive“ durch einen „Zukunftspakt“. Das ist ja mal eine Innovation! Die Landesregierung startet eine Bildungsoffensive! Das machten in den letzten 20 Jahren alle Landesregierungen jedes Jahr neu. Im Koalitionsvertrag des Jahres 2000 setzte die rot-grüne Landesregierung unter Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave auf das Programm „Stärkung der Eigenverantwortung an Schulen in Schleswig-Holstein“ mit den entsprechenden Haushaltsmitteln. Im Jahr 2003 legte die Landesregierung dann das Programm „Jede Stunde zählt“ auf. Bei der Einbringung des Haushaltes 2004/2005, versprach der damalige Finanzminister Ralf Stegner, dass mit der Initiative „Jede Stunde zählt“ 12 Millionen € investiert werden, „um den Unterrichtsausfall wirkungsvoll zu bekämpfen“. Am 13. September 2006 sagte Finanzminister Wiegard bei der Einbringung des Haushaltes 2007/2008: „Neue Stellen gibt es für neue Lehrer, um mehr, bessere Bildung für unsere Kinder zu ermöglichen.“Und für die Jahre 2009 und 2010 gibt es endlich eine neue Bildungsoffensive! Seit Ute Erdsiek-Rave Bildungsministerin dieses Landes ist, hat es eine Bildungsoffensive nach der anderen gegeben, wurden Millionen investiert. Aber was ist denn davon bei den Schülern, bei den Eltern und bei den Lehrern angekommen? Ganz offenbar gar nichts. Denn in sämtlichen Vergleichserhebungen der Bundesländer steht Schleswig-Holstein auf den hinteren Plätzen. Die regionalisierten Pisa-Ergebnisse im Jahr 2002 stellten Schleswig-Holstein kein gutes Zeugnis aus. Besonders besorgniserregend sei der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schulleistungen in Schleswig- Holstein. Die Wirtschaftswoche ermittelte für das Jahr 2006 Platz 13 bei den Schulabgängern ohne Abschluss, Platz 12 bei den Bildungsausgaben pro Einwohner, Platz 11 bei der Schüler-Lehrer-Relation. Beim Bildungsmonitor Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3 2008 kommt Schleswig-Holstein auf den schlechten 13. Platz. Oder anders ausgedrückt: Je schlechter, desto SPD. Wie glaubwürdig ist eine SPD, die mehr Chancengleichheit durch mehr Bildung will, die nicht will, dass Bildung vom Geldbeutel der Eltern abhängt – und die doch seit 20 Jahren für die Schul- und Bildungspolitik in diesem Land verantwortlich ist? Sie beklagen einen Zustand, den Sie selbst herbeigeführt haben. Und jetzt soll mir doch mal jemand erklären, dass sich die Schüler- Lehrer-Relation dadurch verbessert, dass sich die Organisationsstrukturen der Schleswig-Holsteinischen Schulen verändern. Haben wir jetzt ein besseres Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern, weil wir Gemeinschafts- und Regionalschulen bekommen? Haben wir eine Verbesserung der Qualität des Unterrichts, weil wir eine Schulreform bekommen? Nein, haben wir nicht! Aber nicht nur die Bildungspolitik ist in diesem Land unterirdisch.
Verwaltungsreform Ex-Innenminister Stegner hat sich bei der Polizeireform erheblich verschluckt, Ministerpräsident Carstensen ist an der Kreisgebietsreform gescheitert und der selbsternannte Entbürokratisierungs-Staatssekretär Schlie ist über der Verwaltungsreform eingeschlafen. Bis heute haben CDU und SPD in Sachen Verwaltungsreform ihre inhaltlichen Hausaufgaben nicht im Ansatz erledigt. Statt über Kooperationsräume, Flächen- und Bevölkerungsgrößen zu fabulieren, hätte die Koalition schon vor zwei Jahren anfangen müssen zu definieren, welche Aufgaben überhaupt noch erledigt werden müssen, um dann mit den Kommunen festzulegen, wer diese Aufgaben ausführt. Dafür aber fehlt sowohl der SPD als auch der CDU der inhaltliche Wille. Stattdessen werden Gutachten nach Gutachten in Auftrag gegeben, bei denen die potentielle Einsparsumme immer kleiner wird. Am Ende werden die zu realisierenden Einsparungen wahrscheinlich genau den Kosten der Gutachten entsprechen und das dann auch noch als Erfolg gefeiert. Ich frage mich ernsthaft, was die 60-Stellen-Truppe im Hause des Entbürokratisierungs-Staatssekretärs Schlie eigentlich macht? Das groß angekündigte Verwaltungsstruktur-Reformgesetz, das umfangreiche Bürokratieabbaumaßnahmen umsetzen sollte, ist jedenfalls still und leise begraben worden. Und zwar ohne Ergebnisse. Aber dabei liegen hier enorme Potentiale, wie Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zeigen.
Wirtschaft Das, was diese Landesregierung treibt, ist nur noch die reine Selbstbeschäftigung ohne nennenswerte Ergebnisse. Und das geht natürlich nicht spurlos am Land vorbei. Schleswig-Holstein war im Jahr 2007 mit 1,4 Prozent Wirtschaftswachstum trauriges Schlusslicht aller Bundesländer. In keinem Bundesland wächst die Wirtschaft derzeit langsamer als in Schleswig- Holstein! Gegen den Bundestrend stieg die Arbeitslosigkeit im Monat August 2008 in Schleswig-Holstein von 7,4% auf 7,5% an und bei der Änderung der Arbeitslosenquote im Jahresvergleich erreicht Schleswig-Holstein mit einem Rückgang von 9,6% nur den 15. und damit vorletzten Platz. Aber ist irgendeine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik dieser Regierung erkennbar? Nein! Stattdessen werden Steuergelder in Millionenhöhe in Spaßbädern in Glücksburg, in Flensburg und auf Sylt versenkt. Stattdessen wird ein Nichtraucherschutzgesetz verabschiedet, in dessen Folge hunderte Gastronomen in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werden und das den Landeshaushalt Millionen kostet. Stattdessen wird ein Glücksspielstaatsvertrag unterzeichnet, der einen ganzen Markt privater Wettanbieter zerstört und damit zu einem massiven Einbruch bei den Steuereinnahmen führt. Diese Politik der Landesregierung ist konzeptlos, sie ist falsch und sie ist schlecht für das Land. Und dann darf sich die Landesregierung nicht wundern, wenn sie dadurch immer mehr das Vertrauen der Menschen verspielt. Ich habe noch gut die Aussage des Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 4 SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner am Abend der Kommunalwahl im Ohr, bei der die SPD geradezu ein Wahldebakel erlitten hat. Er sagte, der SPD müsse es jetzt darum gehen, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Sehr geehrter Herr Stegner, mit diesem Haushalt werden Sie das Vertrauen der Schleswig- Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner nicht zurückgewinnen. Wie wollen Sie eigentlich den Lehrern, den Feuerwehrmännern und den Krankenschwestern erklären, dass sie weiterhin kein Weihnachts- und Urlaubsgeld bekommen, aber auf der anderen Seite ein dreistelliger Millionenbetrag in die HSH-Nordbank gepumpt wird, weil auf den Weltfinanzmärkten Monopoly gespielt wurde? Wie wollen Sie eigentlich den Polizeivollzugsbeamten dieses Landes erklären, dass ihnen nun auch noch die Ausgleichszulage für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gestrichen wird, obwohl Sie in Wahlkampfreden immer wieder versichert haben, bei der Polizei wird nicht mehr gespart? Es reicht sicher nicht, dass Sie bei Ihrem Rücktritt als Innenminister nur Ihre eigene Pension im Auge hatten. Wie wollen Sie eigentlich den Kommunen erklären, dass Ihnen im kommunalen Finanzausgleich weiterhin jedes Jahr 120 Mio. Euro fehlen, obwohl die Landesregierung mit Steuermehreinnahmen von 879 Mio. Euro in 2009 und 303 Mio. Euro in 2010 rechnet?
Fehlende Strategie Mit diesem Haushalt werden Sie kein Vertrauen zurückgewinnen, weil Ihnen schlicht ein Konzept, eine Strategie fehlt. Es fehlt erstens eine Strategie zur strukturellen Einnahmeverbesserung, zur Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums und zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen. Ziel muss es doch sein, Steuergelder effizient dort einzusetzen, wo sie private Investitionen auslösen, regionales Wirtschaftswachstum generieren, und so die Einnahmebasis des Landeshaushaltes erhöhen. Aber es fehlt genauso ein strukturelles Konzept zur Haushaltssanierung, ein Konzept zur Modernisierung und Straffung des Verwaltungshandelns. Sie schaffen keine Verwaltungsreform, keine Privatisierungen, keinen Abbau von Verwaltungsvorschriften, keine aktive Wirtschaftspolitik. Stattdessen bröseln Sie den Öffentlichen Dienst durch die natürliche Fluktuation ab, ohne im Rahmen einer Aufgabenkritik das Verwaltungshandeln auf die Kernaufgaben zu reduzieren. Das Ergebnis ist eine Mängelverwaltung zu Lasten der Bürger und der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Der Finanzminister hätte in der guten konjunkturellen Lage die Chance nutzen müssen, um ein strukturelles Konsolidierungskonzept vorzulegen. Ein Konzept, welches die Kernaufgaben staatlichen Handelns definiert, eine umfassende Verwaltungsstrukturreform verpflichtet und ein Personalentwicklungskonzept beinhaltet. Denn nicht nur eine aktivierende Wirtschaftspolitik sorgt für Wachstum, sondern auch die Haushaltskonsolidierung. Und das mindestens in zweifacher Hinsicht. Zum einen mehren die steigenden Ersparnisse der öffentlichen Hand die für Investitionen zur Verfügung stehenden Mittel. Zum anderen verringert sich durch eine konsequente Haushaltspolitik die öffentliche Verschuldung, was wiederum die Kosten für den Schuldendienst drückt. Aber mit diesem Haushalt verhalten sich CDU und SPD eher wie Lottogewinner. Der warme Geldregen verhindert Eigenanstrengungen. Aber wenig später sind die Mehreinnahmen weg, die Probleme allerdings geblieben oder sogar größer geworden.
Zinsrisiken Und das erste große Problem – da muss ich gar kein großer Prophet sein – steht so sicher vor der Tür, wie das Amen in der Kirche: die Verfassungswidrigkeit des Haushaltes. Nach den Plänen der Landesregierung ist die Verfassungsmäßigkeit des Haushaltes am Tag des In-Kraft-Tretens des Haushaltsgesetzes gesichert. Nach dem Haushaltsentwurf wird die Grenze der Verfassungsmäßigkeit um sagenhafte 6,5 Mio. Euro unterschritten, wohlgemerkt bei einem Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 5 Haushaltsvolumen von 12 Mrd. Euro. Nur leider ist dieser Entwurf schon nicht mehr das Papier wert, auf dem er steht. Denn seitdem das Finanzministerium die Eckzahlen des Haushalts aufgestellt hat, das war im April, ist der 6- Monatszinssatz von 4,4% auf 5,15% gestiegen und der 10-Jahreszinssatz von 4,3% auf 4,6%. Allein diese Zinsänderung – und das sind keine Zahlen, die ich mir ausdenke, sondern offizielle Zahlen aus dem Referat VI 25 des Finanzministeriums – bewirkt eine Mehrausgabe von 40 Mio. Euro in 2009 und von 50 Mio. Euro in 2010 für die zu zahlenden Zinsen. Sehr geehrter Finanzminister, Ihre immer wieder beschworene Verfassungsmäßigkeit des Haushaltes ist weg, noch bevor der Haushalt in Kraft tritt. Und was machen Sie eigentlich, wenn die Herbst-Steuerschätzung nicht so gut ausfällt, wie Sie sich das wünschen? Dann bricht Ihr haushaltspolitisches Kartenhaus noch weiter in sich zusammen.
Risiken in den Einzelplänen Aber damit nicht genug. Sie haben in diesem Haushaltsentwurf fast in jedem Einzelplan Risiken in Millionenhöhe. Schauen wir mal in den Einzelplan des Innenministers. Der Innenminister hat mit einem Beschluss des Bundesrates zu kämpfen. Der Bundesrat hat am 4. Juli 2008 beschlossen, das Wohngeld um 60 Prozent zu erhöhen. Ab dem 1. Januar 2009 sollen anstatt 90 Euro nun 140 Euro pro Monat gezahlt werden. Im Jahr 2007 hat das Land 38,577 Mio. Euro Wohngeld geleistet. Geht man von einer gleichbleibenden Zahl der Empfänger aus, dann müssten im Jahr 2009 aufgrund der 60%-igen Steigerung 61,7 Mio. Euro geleistet werden. Im Ansatz für 2009 sind aber nur 53 Mio. Euro. Dies bedeutet eine Unterdeckung von 8,7 Mio. Euro. Sehr geehrter Herr Innenminister, wie wollen Sie diese Lücke schließen? Schauen wir mal in den Einzelplan des Wirtschafts- und Wissenschaftsministers. Das Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft hat mit einem Prozess um die Fachhochschule Westküste in Heide zu kämpfen. Sollte das OLG Schleswig das Land verpflichten, dem Kläger die tatsächlich entgangenen Mieteinnahmen zu zahlen, dann drohen Ausgaben in Höhe von bis zu 7,5 Mio. Euro, für die im Haushalt keine Vorsorge getroffen sind. Sehr geehrter Herr Wissenschaftsminister, wie wollen Sie diese Lücke schließen? Schauen wir mal in den Einzelplan des Justizministers. Das Justizministerium ist mit einer Klage der Richterschaft konfrontiert. Im Februar 2008 hat der Schleswig-Holsteinische Richterverband vor dem Verwaltungsgericht Schleswig eine Musterklage gegen das Land erhoben. Begründung: Die Dienstbezüge der Schleswig-Holsteinischen Richter und Staatsanwälte würden sich nicht mehr im Rahmen der verfassungsrechtlich vorgegebenen Alimentation bewegen. Was machen Sie eigentlich, wenn der Richterschaft stattgegeben wird? Hat die Landesregierung dafür Vorsorge getroffen? Nein! Sehr geehrter Herr Justizminister, wie wollen Sie diese Lücke schließen? Schauen wir mal in den Einzelplan der Bildungsministerin. Für 2009 ist eine globale Minderausgabe in Höhe von 2,5 Mio. Euro und für 2010 in Höhe von 6 Mio. Euro vorgesehen. Aufgelöst werden soll diese, indem die Lehrer zu einem späteren Zeitpunkt die ihnen zustehende Unterrichtsermäßigung „gebündelt“ in Anspruch nehmen. Dass damit aber logischerweise Stellen unbesetzt bleiben, das erwähnen Sie nicht. Allein im Jahr 2010 müssen zur Erwirtschaftung der 6 Mio. Euro rund 285 Lehrerstellen unbesetzt bleiben. Die Ankündigung „1000 neue Lehrer“ ist damit eine reine Mogelpackung. Aber das Bildungsministerium könnte noch ein ganz anderes Problem bekommen. Ein von der FDP-Fraktion in Auftrag gegebenes Gutachten des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes kommt zu dem Ergebnis, dass für die Investitionen der Kommunen für die neuen Regional- und Gemeinschaftsschulen unmittelbar das Konnexitätsprinzip gilt, also das Geld vom Land kommen muss. Sehr geehrte Frau Bildungsministerin, was machen Sie eigentlich, wenn Gemeinden auf die Idee kommen, das Land zu verklagen? Haben Sie dafür Vorsorge getroffen? Nein! Sehr geehrter Herr Finanzminister, was machen Sie eigentlich, wenn die Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 6 ambitionierten Pläne der HSH-Nordbank nicht aufgehen – und ich erinnere daran, dass die Halbwertzeit der optimistischen Äußerungen des Vorstandes der Bank in Wochen gemessen werden kann – ein dividendenfähiges Jahresergebnis von 400 Millionen Euro zu erreichen. Woher nehmen Sie dann die fehlenden zweistelligen Millionenbeträge? Und ist es nicht bitter, dies frage ich die Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, dass dieses Haus vor 10 Wochen einer Kapitalerhöhung von mehreren hundert Millionen aus Steuermitteln seine Zustimmung erteilt hat und heute im Gegenzug 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allein in Kiel ihren Arbeitsplatz verlieren. Was ist mit deren Mindestlohn, Genosse Stegner?
Gegenseitige Deckungsfähigkeit Dieser Haushalt beinhaltet so viele Risiken, dass heute schon feststeht, dass die Verfassungsmäßigkeit nicht gegeben sein wird. Weder bei der Aufstellung, noch im Vollzug. Aber der Landesregierung ist das alles sehr wohl bewusst. Sie weiß, dass dieser Haushalt nicht den Ansprüchen der Verfassung genügt. Denn sie schafft mit dem Haushaltsstrukturgesetz eine zutiefst fragwürdige Regelung. In § 10 Haushaltsstrukturgesetz heißt es: „innerhalb desselben Aufgabenbereichs (Kapitels) sind die Ausgaben der Hauptgruppen 5 bis 8 gegenseitig deckungsfähig.“ Was bedeutet das? Es heißt nichts anderes, als dass innerhalb eines jeweiligen Kapitels sämtliche konsumtiven Ausgaben mit den Investitionen gegenseitig deckungsfähig sind. Das wiederum heißt, dass Gelder, die das Parlament dem jeweiligen Ministerium als Investitionen bewilligt hat, im Haushaltsvollzug vom Ministerium auch für eine beliebige konsumtive Ausgabe verwendet werden darf. Dass das so sein wird, liegt auf der Hand, denn an den ausgewiesenen konsumtiven Ausgaben kann nicht mehr gespart werden. Damit ist der Haushalt immer verfassungsgemäß. Sie nehmen Kredite bis zur Höhe der Investitionen auf, die von vornherein keine sind bzw. sein sollen, um so konsumtive Ausgaben zu finanzieren. Dieses Verfahren verstößt gegen sämtliche Grundsätze der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit und stellt einen klaren Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung dar. Auf dieses Verfahren ist noch nicht einmal ein Finanzminister Stegner gekommen. Ganz nebenbei entmachtet die Große Koalition dabei das Parlament, da nun den Ministerien ein Freibrief erteilt wird, wofür sie Gelder in welcher Höhe ausgeben. Weder parlamentarische Kontrolle noch Transparenz sind damit zukünftig gewährleistet. Ich fordere die Fraktionen von CDU und SPD eindringlich auf, diese Selbstentmachtung nicht hinzunehmen. Ansonsten können wir uns die gesamte Haushaltsberatung sparen.
Fazit Der Entwurf des Doppelhaushalts 2009/2010 zeigt, dass der Landesregierung die Finanzen des Landes aus dem Ruder laufen. Der Landesregierung fehlt ein strukturelles haushaltspolitisches Konzept, welches zum einen die Einnahmeseite durch eine aktivierende Wirtschaftspolitik stärkt und zum anderen die Handlungsspielräume durch eine konsequente Konsolidierung der Ausgabenseite erweitert. Durch die enormen Haushaltsrisiken, die sich in diesem Haushaltsplan in allen Einzelplänen wiederfinden, durch die sich abkühlenden Konjunktur und durch die stark gestiegenen Kreditzinssätze, wird die Landesregierung es nicht schaffen, zu einem verfassungskonformen Haushalt zurückzukehren. Leider ist dieser Haushaltsentwurf der Haushalt der verpassten Chancen. Er zeigt eindrucksvoll, dass diese Koalition nun auch an ihrer letzten selbsternannten Legitimation, der Haushaltspolitik, gescheitert ist.



Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/