"Sterne für gute Pflege": Die Beschlüsse des 20. Altenparlament im Schleswig-Holsteinischen Landtag
113/2008 Kiel, 5. September 2008 „Sterne für gute Pflege“: Die Beschlüsse des 20. Altenpar- lament im Schleswig-Holsteinischen Landtag Kiel (SHL) – Zum 20. Mal hat heute das Altenparlament im Schleswig- Holsteinischen Landtag getagt. Unter Vorsitz von Klaus Redeski (Landesar- beitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände) berieten die 77 Delegierten aus dem ganzen Land über eine Vielzahl von Anträgen und fassten Beschlüs- se. Nun werden die Landtag, die Landesregierung und auch die schleswig- holsteinischen Bundestags- und Europaabgeordneten aufgefordert, zu den Forderungen der Senioren Stellung zu nehmen. Ein Themenschwerpunkt des Altenparlaments war die Situation pflegebedürftiger alter Menschen im Lande. Dazu nahm einleitend auch die Vorsitzende des Sozial- ausschusses, Siegrid Tenor-Alschausky, Stellung. Sie begrüßte ausdrücklich, dass ab dem Jahr 2011 jährlich unangekündigte Qualitätskontrollen in den Pflegeheimen stattfinden. Denn, so die Sozialexpertin des Landtages: „Der Fall des erst nach zehn Tagen tot aufgefundenen Mannes in einer betreuten Senioreneinrichtung in Ham- burg hat gezeigt, dass eine schärfere Überwachung dringend erforderlich ist.“ Es sei unzweifelhaft ein Gradmesser für eine humane Gesellschaft, wie sie mit den hilfs- bedürftigen Menschen umgehe. Aktuell befasste sich das Altenparlament auch mit dem neuen Landesentwicklungs- plan, der von der Landesregierung vorgelegt worden ist und sich noch bis Ende Ok- tober in der Anhörungsphase befindet. Der Abteilungsleiter für Landesplanung im Innenministerium, Kurt Püstow, betonte in seinem Referat, dass der demographi- sche Wandel die Landesplanung vor neue Herausforderungen stelle. Hintergrund ist die zurückgehende Bevölkerungszahl und der wachsende Anteil älterer und alter Menschen. Ziel des Landesentwicklungsplanes sei es, landesweit gleichwertige Schleswig-Holsteinischer Landtag, Postfach 7121, 24171 Kiel ▪ V.i.S.d.P.: Annette Wiese-Krukowska, awk@landtag.ltsh.de, Tel. 0431 988 – 1116 oder 0160 – 96345209; Fax 0431 988 – 1119 ▪ www.sh-landtag.de → Presseticker 2Lebensverhältnisse sicherzustellen. Entscheidendes Instrument dafür sei die Stär- kung der Infrastruktur in den 129 Zentralen Orte des Landes. Folgende Beschlüsse fasste das 20. Altenparlament am Abend in Kiel:Verbraucherinformationssystem: Sterne für gute Pflege Die Landesregierung und die Fraktionen des Landtages Schleswig-Holstein werden aufgefordert, dafür zu sorgen, dass in Umsetzung des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (PfWG) ein Verbraucherinformationssys- tem für die stationäre, teilstationäre und ambulante Altenpflege eingeführt wird. Das System soll vorhandene Qualitätsinformationen (aus den Prüfberichten des Medizi- nischen Dienstes der Krankenkassen, MDK, und der Heimaufsicht sowie aus dem internen Qualitätsmanagement) in einer für Laien schnell verständlichen Form zu- sammenfassen und vergleichbar darstellen. Neben Basisinformationen (z.B. zu den Kosten) sollen dabei fachlich belastbare Informationen zur Ergebnisqualität und zur Lebensqualität (sog. "weiche Faktoren") im Mittelpunkt stehen. Sie sind für ältere Menschen und ihre Angehörigen von besonderer Bedeutung. Um zu verhindern, dass sich Leistungsanbieter ihre Qualität selbst bescheinigen, ist es unerlässlich, dass das Verbraucherinformationssystem unabhängig von den Interessen der Leis- tungsanbieter entwickelt und betrieben wird, wie es z.B. der Vorschlag eines Pflege- Michelins ("Sterne für gute Pflege") vorsieht.Generationenübergreifendes Wohnen Die Landesregierung wird aufgefordert, Kommunen zu verpflichten, in innerörtlichen Bebauungsplänen generationsübergreifende barrierefreie Wohnformen zu fördern. Wirtschaftliche und soziale Aspekte sind zu berücksichtigen.Generationenübergreifende Wohnquartiere Die Landesregierung möge darauf hinwirken, dass sich in den Kommunen eine quartiersbezogene Ausrichtung auf das generationenübergreifende Miteinander ergibt. Hiermit müssen Einrichtungen der Bildung, insbesondere die Volkshochschu- len, Kultur, Informations- und Kommunikationsinfrastruktur besonders gefördert werden. Im übrigen wird auf den Landesentwicklungsplan 8.6 G (2) verwiesen.Stärkung für Verbraucherschutz Landtag und Landesregierung werden aufgefordert, sicherzustellen, dass in den Verbraucherzentralen in Schleswig-Holstein in Orten von Kreisverwaltungen und kreisfreien Städten eine umfassende Verbraucherberatung regelmäßig möglich ist. 3Antrag auf Erhöhung der Kilometerpauschale Die Landesregierung wird aufgefordert, Ehrenamtler nicht weiter mit der Kürzung auf 20 Cent abzuspeisen, sondern den steuerlichen Satz von 30 Cent einzuset- zen.Novellierung der Landesbauordnung Landtag und Landesregierung werden aufgefordert, sich bei der Novellierung der Landesbauordnung (LBO) effektiv für Barrierefreiheit einzusetzen. a) Die Abgeordneten des Landtags Schleswig-Holstein werden gebeten, die im Umdruck 16/3336 des Schleswig-Holsteinischen Landtags aufgelisteten Vor- schläge des Landesseniorenrates Schleswig-Holstein und die Vorschläge des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen bei der Neufassung der Landesbauordnung besonders zu beachten und entsprechende Regelungen zu treffen.b) Sollten bei einigen Vorschlägen Bestimmungen des Bundes-Baugesetzbuches (BauGB) entgegenstehen, werden Landtag und Landesregierung aufgefordert, auf eine Änderung der entsprechenden Regelungen im BauGB hinzuwirken.Barrierefreiheit / Inklusion Die Landesregierung und die zuständigen Ministerien mögen darauf hinwirken, dass alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Baubehörden in Fragen der Planung und Umsetzung barrierefreier öffentlicher Flächen und Gebäude im Sinne der DIN 18023 und ihrer weiteren Entwicklungen geschult werden. Angesichts des demographischen Wandels fordert das 20. Altenparlament die Lan- desregierung und den Landtag auf, sich für die Aufnahme des Lehrinhalts „Barriere- freiheit“ in die verbindlichen Lehrpläne der Ausbildung von Bauingenieuren, Archi- tekten und Bauhandwerker einzusetzen.„Wohn-Riester“ Die Landesregierung wird aufgefordert, sich im Rahmen ihrer bundespolitischen Möglichkeiten dafür einzusetzen, dass die Verwendung der so genannten Riester- rente zum Erwerb von Wohneigentum (Wohn-Riester) nur dann erfolgen soll, wenn die zukünftigen Bauherren bei Erstellung eines Neubaues die Grundsätze der Bar- rierefreiheit berücksichtigen.Befristete Freistellung für pflegende Familienmitglieder Die Landesregierung wird aufgefordert, sich über den Bundesrat dafür einzusetzen, dass für pflegende Familienmitglieder arbeitsrechtlich ein Anspruch auf mindestens 10 Tage pro Jahr bezahlte und darüber hinaus auf unbezahlte Freistellung und Ar- beitszeitreduzierung (Teilzeit) gesetzlich verankert wird. 4Krankenhäuser in Not Landesregierung und Landtag mögen Regelungen für die medizinische Versorgung beschließen, die ermöglichen, dass die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein ihrer Aufgabe zur medizinischen Versorgung der Bürger mit hohem fachlichen und pfle- gerischen Standard auch in Zukunft gerecht werden können.Niederlassung von Ärzten auf dem Lande Die Landesregierung möge für Ärztinnen und Ärzte Anreize schaffen, damit sie eine ländliche Arztpraxis übernehmen. Als Starthilfe sollen Bürgschaften für Existenz- gründungsdarlehen durch das Land Schleswig-Holstein gewährt werden.Trägerunabhängige Beratungsstellen und Lotsendienste Die Landesregierung und die Fraktionen des Schleswig-Holsteinischen Landtages werden aufgefordert, die existierenden trägerunabhängigen und trägerübergreifen- den Pflege- und Lebensberatungsstellen und Lotsendienste zu erhalten und zu ei- nem flächendeckenden Netz in ganz Schleswig-Holstein auszubauen und zu för- dern.Einheitliche medizinische Versorgungsstrukturen für den ländlichen Raum Die Landesregierung soll dafür Sorge tragen, dass sich alle Beteiligten, also die niedergelassenen Ärzte, die Kassenärztliche Vereinigung, die Kliniken, die Ret- tungsdienste und die Kostenträger baldmöglichst gemeinsam an einen runden Tisch setzen, um konzeptionell aufeinander abgestimmte Strukturen zu entwickeln, die auch für die Zukunft eine angemessene ärztliche Versorgung im ländlichen Raum gewährleisten.Teilnahme an Abendveranstaltungen Der Schleswig-Holsteinische Landtag möge sich dafür einsetzen, dass ältere Men- schen und Menschen mit Behinderung an kulturellen Abendveranstaltungen unbe- sorgt teilnehmen können (z. B. durch Vorhaltung öffentl. Verkehrsmittel, durch Am- pelschaltungen an Fußgängerüberwegen auch in den Abendstunden).Ämterlotsen Der Schleswig-Holsteinische Landtag möge sich über die kommunalen Landsver- bände dafür einsetzen, dass alle Bürger in den Gemeinden ausführlich und ver- ständlich darüber Kenntnis erhalten, wo, wie und durch wen sie Hilfen beim Umgang und bei Kontakten mit Ämtern und öffentlichen Einrichtungen erhalten (z. B. durch Ämterlotsen, per Flyer oder Hinweise in den Medien). 5Einbindung örtlicher Seniorenräte in innerörtliche Entscheidungen Der Landtag möge die Voraussetzungen für eine einheitliche rechtliche Einbin- dung der Seniorenräte in örtliche Entscheidungen schaffen.Schule: Räume für generationenübergreifendes Lernen Der Landtag möge sich über die kommunalen Landesverbände dafür einsetzen, dass in Schulen Räumlichkeiten für generationenübergreifendes Lernen zur Verfü- gung stehen.