Karl-Martin Hentschel zur Unterzeichnung des Vertrages über die Fehrmarnbeltquerung
PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 988-1503 Fax: 0431 / 988-1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 313.08 / 03.09.2008Landesregierung versenkt eine Milliarde in der OstseeZu der Unterzeichnung des Vertrags über den Bau der Brücke über den Fehmarnbelt erklärt der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Karl-Martin Hentschel:Sollte der Plan wie vorgesehen realisiert werden, handelt es sich um eine gigantische Ver- schwendung von Steuermitteln auf Kosten des Landes Schleswig-Holstein.Der Bund hat wiederholt klargestellt, dass er keinen Cent dazubezahlt. Eine Milliarde Euro für den Hinterlandanschluss werden allein aus den Mitteln des Landes und aus den für Schles- wig-Holstein eingeplanten Mitteln im Bundesverkehrswegeplan bezahlt werden.Opfer des Baus ist deshalb die Verkehrsinfrastruktur in Schleswig-Holstein: Der Bau des Metrorapid Neumünster-Norderstedt-Flughafen-Hamburg, die Stadtregionalbahn-Kiel, die Schienen-Ostumgehung von Hamburg, der Ausbau der A21 und der A7 werden durch dieses Projekt um Jahre verzögert.Dänemark hofft ohne eigene Mittel auszukommen. Dafür bekommt Dänemark die EU- Zuschüsse und die kompletten Mauteinnahmen.Allerdings ist die Finanzierung – und damit der Bau – auch nach der Unterzeichnung noch völlig unklar, da die EU erst einen Bruchteil der erforderlichen Mittel zugesagt hat. Sollte die EU nicht die eingeplanten Zuschüsse zahlen, müsste der dänische Verkehrsminister dann im Folketing um den fehlenden Betrag werben. Dafür gibt es bislang keine Zusage des Parla- mentes. Zum Hintergrund: Die Gesamtkosten für das Projekt betragen nach bisherigem Plan 5,6 Milliarden Euro. Dazu kommen noch ca. 150 Millionen Euro für den anschließenden Ausbau der bestehenden Brü- cke über den Fehmarnsund. Die tatsächlichen Kosten dürften aber mittlerweile viel höher lie- gen. Ein Gutachten des Naturschutzbundes (NABU) kam aufgrund der wachsenden Energie- und Rohstoffpreise bereits auf neun Milliarden Euro.Dänemark will den Bau der Brücke und die Hinterlandanbindung in Dänemark finanzieren: Das sind 4,8 Milliarden Euro. Davon soll ein Drittel (etwa 1,6 Milliarden Euro) von der EU kommen. Zugesagt sind erst ca. 300 Millionen Euro. Die fehlenden 3,2 Milliarden Euro sollen über die Maut finanziert werden. Damit käme Dänemark ohne eigene Zuschüsse aus.Auf deutscher Seite kosten die Hinterlandanbindungen für Schienen und Straßen ca. 840 Mil- lionen Euro. Dazu kommt dann noch 150 Millionen Euro für den Ausbau der Sundbrücke, die Brücke zwischen Festland und Fehmarn, die zurzeit nur eine zweispurige Straße und eine einspurige Schiene hat. Insgesamt sind das rund eine Milliarde Euro. Der Bund hat mehrfach erklärt, dass es keine zusätzlichen Mittel von Seiten der Bundesregierung gibt. Die Deutsche Bahn hat ebenfalls klargestellt, dass sie keine Investitionsmittel aus ihren Schienenbaumittel bereitstellt.Die 60 Millionen Euro für die deutsche Hinterlandanbindung soll also zum einen Teil von Schleswig-Holstein aus dem Landeshaushalt aufgebracht werden. Bislang stehen allerdings lediglich Planungskosten in Höhe von 4,7 Millionen Euro in der mittelfristigen Finanzplanung des Landes bis 2012.Zum größeren Teil erfolgt die Finanzierung über Mittel, die Schleswig-Holstein jährlich vom Bund für Investitionen im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans bekommt. Da dieser Topf sich nicht vergrößert, geht die Finanzierung zu Lasten anderer Projekte in Schleswig- Holstein. Die Mittel des Bundes für Projekte des Bundesverkehrswegeplans betrugen in den letzten Jahren jährlich etwa 250 Millionen Euro, davon etwa 140 Millionen für die Straße, 80 Millionen für Schienenprojekte und der Rest für den Ausbau von Wasserstraßen, wie den Nordostsee-Kanal und die Elbe-Lübeck-Kanal.Unklar ist auch, ob die Mautgebühren in der geplanten Höhe gehalten werden können, wenn die Fährlinien, wie angekündigt weiter fahren werden.Umweltpolitisch ist der Bau der Brücke umstritten. Die Fehmarnbeltquerung ist in einer Regi- on geplant mit dem intensivsten Vogelflugaufkommen auf der ganzen Welt geplant. Daher der Name Vogelfluglinie. Hier kreuzen sich die Vogelflugrouten der Landvögel, die von Sibi- rien und Nordeuropa entlang der Küsten über Schweden, Dänemark und Schleswig-Holstein nach Süden fliegen, und die der Wasservögel, die über den Onega-See, Ladoga-See, die Ostsee und die Nordsee nach Süden fliegen. Umstritten sind auch die Auswirkungen auf die Sauerstoffversorgung der Ostsee, die überwiegend über einen Tiefenstrom vom Kattegat durch den großen Belt und den Fehrmarn-Belt erfolgt. ***