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11.08.08
09:41 Uhr
B 90/Grüne

Karl Martin Hentschel zu Ölbohrungen im Wattenmeer

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988-1503 Fax: 0431 / 988-1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Internet: www.sh.gruene-fraktion.de


Nr. 292.08 / 08.08.2008



Neues Rechtsgutachten belegt: Ölsuche ohne Umweltprüfung illegal
Der Wissenschaftliche Dienst des schleswig-holsteinischen Landtages hat ein neues Gutach- ten über die Zulässigkeit von Erkundungsarbeiten für die Ölförderung im Wattenmeer vorge- legt (Umdruck Nr. 16/3396, siehe Anhang). Dazu erklärt der Vorsitzende der Fraktion Bünd- nis 90/Die Grünen Karl-Martin Hentschel:
Der Nationalpark Wattenmeer ist bedroht: Ausrechnet hier will der Energiekonzern RWE Dea die Förderung von Öl massiv ausweiten. Jetzt ist aber belegt: Der Schutzstatus des Watten- meeres ist höher, als uns die Ölfreunde in der Landesregierung haben weismachen wollen. Der Nationalpark Wattenmeer ist einer unserer größten Schätze. Millionen von Menschen kommen Jahr für Jahr nach Schleswig-Holstein, um die herrliche Naturlandschaft an der Küs- te zu genießen. Wir müssen das Wattenmeer vor dem Zugriff der Erdölindustrie bewahren.
Die vom Landesbergamt erteilte „Aufsuchungserlaubnis“ für Ölförderung im nordfriesischen Teil des Nationalparks Wattenmeer ist rechtswidrig. Dies hat der Wissenschaftliche Dienst des Landtages unmissverständlich klargestellt. Das Bergamt hätte bereits für die Aufsu- chungserlaubnis eine nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) geforderte Verträglich- keitsprüfung und eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung in Auftrag geben müssen. Obwohl die europäischen Bestimmungen der FFH-Richtlinie trotz Fristablaufs noch nicht in nationales Recht umgesetzt wurden und die nationalen Bestimmungen des Bundesbergge- setzes hinter den Vorgaben der FFH-Richtlinie zurückbleiben, sind diese dennoch rechts- wirksam und hätten vom Bergamt direkt angewendet werden müssen.
1/2 Bereits im Juni hatte ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes (Umdruck 16/3281) un- sere Rechtsauffassung bestärkt, dass Ölbohrtätigkeiten innerhalb des gesamten Gebietes des Nationalparks Wattenmeer über die gesetzlich bestandsgeschützten Aktivitäten von der Mittelplate A hinaus vom Nationalparkgesetz ausgeschlossen und auch nicht genehmigungs- fähig sind. Es widerspricht damit Minister von Boetticher, der mehrfach den Standpunkt ver- treten hatte, dass die Beschlüsse der Trilateralen Wattenmeerkonferenz aus dem Jahr 1997 rechtsgültig wären. Auf dieser Konferenz ging man davon aus, dass Erkundungsmaßnahmen innerhalb des Schutzgebietes gestattet seien, wenn glaubhaft gemacht werden könne, dass die Lagerstätten von außerhalb einem Schutzgebiet liegenden Standort ausgebeutet werden könnten.
Nach dem neuen Rechtsgutachten, können die dortigen Beschlüsse als politische Grundsatzerklärung keine rechtliche Verbindlichkeit für sich beanspruchen. Sie können ins- besondere nicht den Sinngehalt der von Parlamenten beschlossenen gesetzlichen Bestim- mungen in ihr Gegenteil verkehren.
Die Grüne Fraktion wird darum einen Landtagsantrag einbringen. Wir fordern
1.) Die Landesregierung wird aufgefordert, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die vom Bergamt in Clausthal-Zellerfeld erteilte Aufsuchungserlaubnis für den nordfriesischen Teil des Nationalparks Wattenmeer zurück zu ziehen und eine erneute Erlaubnis unter den Vorbehalt einer Umweltverträglichkeitsprüfung stellen.
2.) Die Landesregierung bringt eine Bundesratsinitiative auf den Weg, um zu erreichen, dass die Bestimmungen der FFH-Richlinie vollständig in das Bergrecht integriert und sicher ge- stellt wird, dass zukünftig vor Erteilung einer Bergbauberechtigung eine Umweltverträglich- keitsprüfung durchgeführt wird.
3.) Die Landesregierung darf keine Genehmigung für Schrägbohrungen von Land aus in das Gebiet des Nationalparks hinein erteilen, bis ein vom Antragsteller finanziertes, aber unab- hängig beauftragtes Gutachten die Unbedenklichkeit von Probebohrungen und eines späte- ren Ölabbaus für das Ökosystem Wattenmeer nachgewiesen hat. Keinesfalls darf es durch die beim Abbau des Öls entstehenden Hohlräume zu Bodenabsenkungen und damit zu Be- einträchtigungen für die Tier- und Pflanzenwelt kommen.
4.) Der Nachweis der ökologischen Unbedenklichkeit für den Nationalpark Wattenmeer ist für alle Baumaßnahmen an Land zu erbringen. Auch dort stattfindende seismische Untersu- chungen, etwa für Kohlendioxid-Endlager dürfen die Lebewesen im Wattenmeer nicht beein- trächtigen.
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