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17.07.08
15:29 Uhr
CDU

Manfred Ritzek zu TOP 17 und 22: Energiethemen müssen ideologiefrei, realitätsnah und langfristig gesehen diskutiert werden

Energiepolitik
Nr. 270/08 vom 17. Juli 2008
Manfred Ritzek zu TOP 17 und 22: Energiethemen müssen ideologiefrei, realitätsnah und langfristig gesehen diskutiert werden
Sperrfrist: Redebeginn Es gilt das gesprochene Wort
Das Grünbuch „Schleswig-Holstein Energie 2020“ gibt viele Antworten auf die energiepolitischen Anfragen der FDP und Bündnis 90/Die Grünen.
Die Energiepolitik hat auch für unser Land zentrale Bedeutung. Es sind nicht nur die Kostensteigerungen für Energie, die in diesem Jahr bis heute bundesweit zu Mehrkosten von ca. 25 Milliarden Euro geführt haben, was gleichbedeutend ist mit einer Mehrbelastung von ca. 650,--Euro für einen Durchschnittshaushalt von Anfang des Jahres bis zum heutigen Tag.
Auch die Problemstellungen des Klimawandels und der Versorgungssicherheit gehören zu den energiepolitischen Herausforderungen.
Energiepolitische Themenstellungen werden zu häufig emotional und kontrovers geführt. Diese Themen müssen stärker als bisher ideologiefrei, realitätsnah, und langfristig gesehen diskutiert werden, damit die Ergebnisse zu einer nachhaltigen Energiepolitik führen. Letztendlich sind dies auch die Forderungen des Grünbuches der Europäischen Kommission vom März 2006. „ Sie fordert eine europäische Strategie für nachhaltige,
Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de


Seite 1/5 wettbewerbsfähige und sichere Energie“.
Wir brauchen einen intelligenten und zukunftsweisenden Energiemix für eine preisgünstige, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung. Dieser zukunftsweisende Energiemix muss nach der Überzeugung meiner Fraktion bestehen aus erneuerbaren Energien, fossilen Energieträgern und Kernenergie. Ein breiter Mix ist die beste Gewähr für eine ausreichende Sicherheit gegen Risiken eines einzelnen Energieträgers. Dabei muss der Einsatz erneuerbarer Energien bei einem Energiemix der Zukunft Mittelpunkt energiepolitischer Leitlinien sein.
Der Anteil der erneuerbaren Energien muss im Hinblick auf eine unabhängigere Energieversorgung und eines effektiven Klimaschutzes forciert ausgebaut werden.
Schleswig-Holstein ist hier bereits führend, was die Windkraft angeht. Heute decken wir mit einer Windenergiekapazität von fast 2.400 MW pro Jahr etwa 35 % des Strombedarfs. Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2020 den gesamten Strombedarf durch Windkraft, bezogen auf die Kapazität der Windkraftanlagen, decken zu können. Das geht, wie wir wissen, nicht ohne Grundlast anderer Energieträger und nicht ohne die Optimierung der Stromleitungsnetze, besonders für den Windkraftstrom von Offshore-Anlagen. Auch die anderen Potentiale wie Solar, Biomasse, Geothermie, Wasserstoff, Fotovoltaik müssen im wirtschaftlichen Rahmen verstärkt genutzt werden.
Um den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien bis zur Übernahme des größten Teiles der Strom- und Wärmeversorgung für die nächsten 20 bis 25 Jahre zu gewährleisten, ist es notwendig, über die Rolle der Kernenergie, d.h. über eine Laufzeitverlängerung, in diesem Zusammenhang zu entscheiden.
Wir haben in unserem Koalitionsvertrag ein Stillhalteabkommen bezüglich energiepolitischer Initiativen bei Kernenergie vereinbart. Daran halten wir uns, denn „pacta sunt servanda“, d.h., Verträge sind einzuhalten.
Die Überzeugung der CDU-Fraktion ist jedoch, dass es alleine durch die erneuerbaren Energien mittelfristig nicht möglich ist, die erforderliche Leistung der derzeit am Netz befindlichen Kernkraftwerke bei den geplanten Abschaltzeiten zu ersetzen.
Die erzielten Gewinne, das sei hier nochmals gesagt, bei einer Verlängerung der Kernkraftlaufzeiten, immerhin ca. eine Millionen Euro Windfall-Profit pro Tag pro Anlage, könnten in festzulegenden Anteilen in Forschung und Weiterentwicklung für erneuerbare Energien fließen, in den Ausbau von

Seite 2/5 Netzen für den Offshore-Strom, aber auch für transeuropäische Netze. Engpässe im Stromtransit können damit beseitigt werden und wir können die Entwicklung zu transnationalen Strom-Leitungsstrukturen starten, wie wir sie umfassend im Verkehrsbereich, aber auch schon für Erdöl, Ethylen und Propylen kennen. Die Beseitigung von Engpässen im Stromtransit trägt zur Erhöhung des Wettbewerbs bei.
Diese Entwicklungen werden sich mittelfristig auch positiv für die Verbraucher auswirken. Ob eine anteilige Verwendung der Windfallprofits zur direkten Preissenkung von Strom führen kann, muss genau geprüft werden.
Ganz klar sei im Namen der CDU-Fraktion gesagt:
- Die Sicherheit der Kernkraftwerke hat nach wie vor höchste Priorität.
Die vom Bundesminister Tiefensee bis zum Jahre 2030 anvisierten 25.000 MW Offshore-Strom bzw.15.000 MW bis 2020 sind noch keine sichere Bank für eine Energieversorgung, zumal in diesem und im nächsten Jahr mal gerade jeweils sechs 5-MW-Anlagen gebaut werden sollen. Bis zu den 4000 bis 6000 Anlagen in der Nord- und Ostsee – mit allen erwarteten Problemen – ist es noch ein weiter Weg. Wie fragte noch der E.ON-Chef Bernotat in der FAZ vom 10. Juli 2008: „Wir bauen 12 Anlagen. Und wer soll bis 2020 die restlichen 2.988 Windräder finanzieren und errichten?“
Je nach Weiternutzung der Kernkraftwerke stellen auch die Kohlekraftwerke eine wichtige Brückentechnologie dar. Die Nutzung von Kohlekraftwerken unter den Gesichtspunkt der Grundlast, der Wirtschaftlichkeit und der Strukturpolitik unseres Landes ist auf absehbare Zeit unverzichtbar. Dabei setzen wir auf die neue Generation von Kohlekraftwerken mit deutlich höherem Wirkungsgrad und CO2-Sequestrierung. Dort, wo vom Absatz her möglich, fordern wir die Technik und Anwendung der Kraftwärmekopplung bei modernen Kohlekraftwerken.
Es gilt dabei die strikte Forderung, dass alte Kohlekraftwerke durch neue ersetzt werden müssen.
Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung ist ein bedeutender Faktor im Energiemix als dezentrale Lösung. Landesweit erreichen wir heute einen Anteil von 15 % KWK-Strom. Die notwendigen verdichteten Wohngebiete für die Anwendung von KWK-Anlagen lassen – so steht es auch im Grünbuch – nur noch einen Anstieg um 5 % auf dann 20 % zu. Hierbei muss auch darauf hingewiesen werden, dass Erdgas als Energieträger den fast gleichen Preisentwicklungen und Abhängigkeiten folgt wie Rohöl.



Seite 3/5 Wir setzen auf Energieeinsparung und Energieeffizienz. Alleine für die Erhöhung der Energieeffizienz stehen in Schleswig-Holstein für die Jahre 2007 bis 2009 aus dem Schleswig-Holstein Fond 11 Millionen Euro zur Verfügung. Diese Mittel werden um EU-Mittel aus dem Zukunftsprogramm durch Landesmittel ergänzt.
Gefördert werden z.B. neue Techniken zur Heizenergieeinsparung in Alt- und Neubauten, Verbesserung der Energieeffizienz in Blockheizkraftwerken, Anlagen der Biomassenutzung und Vieles mehr.
Wir unterstützen alle Aktionen von Installations-, Heizungs-, Elektro-, Automobil- und Architektenverbänden wie auch der Verbraucherschutzorganisationen, die die Verbraucher auf die persönlichen Energieeinsparmöglichkeiten der vielfältigsten Art im privaten und unternehmerischen Umfeld hinweisen. Ein Einsparpotential von 30 % ist realistisch.
Initiativen insbesondere von Stadtwerken zur Gestaltung einer ökologischen und sozialen Strompreisstruktur unterstützen wir, was aber nicht bedeuten kann, dass das Land einen unmittelbaren Einfluss auf den Strompreis nimmt. So verkennt z.B. der Verzicht auf Grundgebühren, dass nur der geringste Teil der Kosten variable Kosten sind - also vom Stromverbrauch abhängen. D.h. eine nur variable Preisgestaltung würde somit nur eine soziale Umverteilung der Lasten bedeuten und wäre ein weiterer Eingriff in die Wettbewerbs- und Angebotsfreiheit.
Bezüglich Münzautomaten, Smart-Messgeräten und Abrechnungsvarianten bieten die Energieversorgungsunternehmen jederzeit Hilfe an. So einfach wie im grünen Antrag dargestellt, ist die Realität leider nicht.
Wenn der Begriff „sozial“ mit niedrigen Preisen gleichzusetzen ist, dann konkurriert der „Sozialpreis“ für Energie mit dem „ökologischen“ Preis.
Stadtwerke bieten „ökologischen“ Strom an, der garantiert aus regenerativen Energieanlagen kommt, der aber mit einem Preisaufschlag den Kunden angeboten wird. Der Kunde kann entscheiden.
Stadtwerke bieten Strom mit Spartarif an, wenn der Kunde sich verpflichtet, mindestens ein Jahr lang Kunde dieser Stadtwerke zu bleiben. Eine Reduzierung von 0,25 Cent pro Kilowattstunde beim Spartarif führt bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 25.000 Kilowatt immerhin zu einer Entlastung von 62,50 Euro pro Jahr. Der Kunde kann entscheiden.
Dennoch, verbrauchsmindernde Maßnahmen sind oft die effektivsten und

Seite 4/5 effizientesten Wege, um Abhängigkeiten zu reduzieren, Kosten zu sparen und die Umwelt zu schonen.
Wir unterstützen die Regelungen des verabschiedeten „Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz“, das ab dem 1. Januar 2009 in Kraft treten wird.
Die Verpflichtung, bei Neubauten – d.h. Fertigstellung nach dem 31. Januar 2008 – mindestens 30 % des Energiebedarfs durch regenerative Technologien zu decken, unterstützen wir.
Ferner unterstützen wir intelligente Meßsysteme. Das bedeutet, dass Mieter, also die Anschlussnehmer und nicht Vermieter, den Betreiber des Zählers und den Standort auswählen können. Das führt insbesondere in Mietgebäuden mit einer größeren Zahl von Mietobjekten zu einer intelligenteren und fairen Stromabrechnung. Denn die heutige Belastung des einzelnen Mieters mit durchschnittlichen Grundpauschalen von 50 % und mehr wird verändert. Grundpauschalen werden reduziert und entscheidend ist die individuelle Abrechnung, die verbrauchsabhängig ist. Nur noch 30 % dürfen zukünftig auf alle Mietparteien umgelegt werden. Das neue Messwesen rechnet stromminutengenau ab, ein Anreiz für jeden, den Verbrauch zu senken. Auch das ist eine ökologisch und sozial gestaltete Strompreisstruktur.
Energiepolitik und Klimaschutz sind gesamtgesellschaftliche Zukunftsaufgaben, die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik herausfordern. Alle können durch ihr Verhalten als Energieverbraucher gleichzeitig Klimaschützer sein.
Wir als CDU-Fraktion sind uns dieser Herausforderung bewusst. Wir freuen uns auf die weitere vertiefende Diskussion anlässlich der nächsten Landtagsdebatte, wenn die Regierung die energiepolitischen Leitlinien für Schleswig-Holstein vorstellt.



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