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17.07.08
13:14 Uhr
B 90/Grüne

Angelika Birk zum Konzept für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

PRESSEDIENST Fraktion im Landtag Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 15 – Ziel-, Struktur- und Maßnahmenkonzept Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel für das UKSH Telefon: 0431 / 988-1503 Fax: 0431 / 988-1501 Dazu sagt die gesundheitspolitische Sprecherin Mobil: 0172 / 541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, E-Mail: presse@gruene.ltsh.de Angelika Birk: Internet: www.sh.gruene-fraktion.de


Nr. 279.08 / 17.7.2008 Diagnose richtig – Therapie fatal
Das Sanierungskonzept analysiert richtig, was Kenner längst wissen: Anstatt an einem Strang zu ziehen, konkurriert die Ärzteschaft der beiden Klinikstandorte Kiel und Lübeck miteinander, mit ökonomisch fatalen Folgen. Jede durch einen Chefarzt geleitete Abtei- lung – es gibt derer 77 – funktioniert nach den Prioritätensetzungen von ProfessorInnen. Dies kollidiert häufig mit den Ansprüchen einer Klinik der Maximalversorgung. Es ist nicht gelungen, durch die Einrichtung von neuen, den Abteilungen übergeordneten medizini- schen Zentren, in denen Pflege und kaufmännische Verwaltung mit den ÄrztInnen ge- meinsam leiten, eine ausreichende Umsteuerung zu gewährleisten.
Die Umsteuerung ist nicht gelungen, nicht zuletzt aufgrund der Unruhe mit ständig neuen Vorschlägen, insbesondere der Angst vor Totalprivatisierung oder erneuter Teilung der Klinik in zwei Standorte. Es konnte kein Wir-Gefühl aufkommen, sagt das Konzept ei- nerseits, andererseits kritisiert es die Landesregung, dass der ökonomische Druck zu früh aus dem Prozess genommen wurde. Zumindest hier wird widersprüchlich argumen- tiert.
Nicht überraschend wird analysiert, dass die ungünstige und veraltete Gebäudestruktur viele zusätzliche Transport- und Abstimmungsleistungen notwendig macht. Dies verur- sacht erhebliche Mehrkosten.
Es wird zudem festgestellt, dass branchenübliche Löhne, insbesondere im tertiären Sek- tor - d. h. von der Küche bis zum Labor - trotz des Beschäftigungspaktes mit seinen Lohneinbußen deutlich unter den Tariflöhnen des UKSH liegen. Das Land wird kritisiert, weil es zwar außer Lehre und Forschung nach wie vor laufend auch die Krankenbehand- lung bezuschusst, aber seit Jahrzehnten systematisch zu wenig in die Gebäudestruktur investiert.
Als erfreulichen Vorschlag kann die Anforderung an neue Chefarztverträge gewertet werden: Sie verpflichten die ProfessorInnen zu verbindlicher Präsenz im Krankenhaus und sollen zukünftig nur noch ergebnisorientierte Finanzanreize bieten. Die Sammlung von möglichst vielen Privatliquidationen allein soll sich so nicht mehr automatisch lohnen.
1/2 Auch der Vorschlag, systematischer als bisher andere Krankenhäuser als so genannte Lehrkrankenhäuser in die Ausbildung der Medizinstudierenden einzubeziehen, scheint sinnvoll. In einem Privat-Public-Partnerschaftsmodell möglichst rasch die Gebäudestruktur zu op- timieren ist folgerichtig, verlangt aber dennoch auf lange Zeit einen jährlichen Zuschuss des Landes nur für die Gebäudesanierung von 30 Millionen Euro.
Fatal sind hingegen die folgenden Vorschläge:
1) Die Forschung soll sich an kommerziellen Gesichtspunkten orientieren. 2) Die Kontakte mit anderen Kliniken und dem ambulanten Sektor sollen sich ebenfalls ausschließlich an kommerziellen Zielen orientieren. 3) Die Pflege soll strategisch völlig untergeordnet werden. Keine Vertretung der Pflege im Vorstand und auf der Ebene der Zentrumsleitungen und nur noch nebenamtliche Füh- rungskräfte. 4) Die Zentren werden auf zwei, die nicht zufällig mit den Campus-Standorten identisch sind, reduziert. Dies wird die Konkurrenz zwischen Kiel und Lübeck erneut beleben. 5) Der so genannte tertiäre Sektor soll „outgesourct“ werden, damit kein Tariflohn mehr zu zahlen ist. Allein hierdurch sollen laut Sanierungskonzept 5,6 Millionen Euro jährlich eingespart werden. Ich gehe davon aus, dass auf diese Weise ein Mindestlohn von sie- ben Euro fünfzig nicht mehr erreicht wird. Das ist kein Beitrag zur strategischen Optimie- rung der Versorgungsleistungen und zur Verbesserung der Identifikation mit dem Unter- nehmen. 6) Die Umwandlung des UKSH von einer Anstalt des öffentlichen Rechtes in eine GmbH wird ausdrücklich und vor allem damit begründet, dass auf diese Weise das Parlament nichts mehr mitbestimmen kann. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. 7) Einen Vorschlag zu einer sauberen Trennungsrechnung zwischen Klinikbetrieb und Forschung, eine zentrale Forderung, die meine Fraktion immer erhoben hat, kommt in dem Sanierungskonzept überhaupt nicht vor.
Besondere Aufmerksamkeit ist auf das geplante Partikeltherapiezentrum, das jetzt „NRoCK“ heißen soll, zu legen. Neulich war Grundsteinlegung und der Verband der Er- satzkassen hat unterschrieben, dass er für die Behandlung dort zahlt. Aus Gesprächen mit einzelnen Krankenkassen, so z B. der Barmer Ersatzkasse, weiß ich aber inzwi- schen: Dieser Vertrag wurde so formuliert, dass er die einzelne Krankenkassen keines- wegs verpflichtet.
Außerdem stimmt es bedenklich, dass das bisherige Vorstandmitglied Kremer, gegen den die staatsanwaltlichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, vor wenigen Wochen überraschend, vorübergehend vom Dienst suspendiert wurde. Jetzt ist aber vor- gesehen, dass er ohne öffentliche Ausschreibung in wichtiger Position, das neue Zent- rum sowohl ärztlich als auch kaufmännisch leiten soll. Meine Fraktion wendet sich gegen die Kopplung von ärztlicher und kaufmännischer Leitung in einer Person, sowie gegen diesen Personalvorschlag und würde in jedem Fall die Verträge sehen wollen!

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