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24.04.08
16:53 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 33 - Ausweitung der Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer

Presseinformation

Kiel, den 24.04.2008

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms



TOP 33 Ausweitung der Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer Drs. 16/1993

Dass man überhaupt darüber nachdenkt, im Nationalpark Wattenmeer weitere Ölbohrungen
zuzulassen, ist schon schockierend genug. Aber, dass diese Tatsache auch erst deutlich macht,
wie löchrig das Bundesbergbaugesetz ist, wenn es um die Beteiligung Dritter am Verfahren geht,
setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine
umfassende Verbandsbeteiligung, wie man sie aus anderen Genehmigungsverfahren kennt, sind
hier so nicht vorgesehen. Das heißt, hier wird nach Aktenlage entschieden und es gibt offiziell
keine Möglichkeit, Einfluss auf den Informationsstand der Entscheider zu nehmen. Hier wird
deutlich, dass die Bundespolitik auf diesem Feld seit Jahren versagt hat. Und wir stimmen den
Grünen zu, wenn sie fordern, dass durch eine Bundesratsinitiative hier Abhilfe geschaffen
werden muss. 2
Eine solche Bundesratsinitiative wäre noch nicht vergebens. Bisher sind nur
Explorationsbohrungen genehmigt worden. Bohrungen zur Förderung von Öl würden erst später
beantragt werden, wenn die Explorationsbohrungen erfolgreich waren. Wer also heute sagt, er
wolle keine ausgeweitete Erdölförderung im Wattenmeer, hat heute die Chance, etwas dagegen
zu unternehmen.


Wir teilen die im Antrag formulierte Auffassung, dass die Erdölförderung im Wattenmeer im
Widerspruch zum europäischen Naturschutzrecht und zum Nationalparkgesetz steht. Würde
man die Regelungen konsequent anwenden und sich auch auf die einschränkenden
Bestimmungen des Bergbaugesetzes berufen, hätte man nach unserer Auffassung gute Chancen
die Genehmigung für diese Bohrungen versagen zu können. Im Antrag sind hierzu die
entsprechenden überwiegenden öffentlichen Interessen genannt, die einer Genehmigung
entgegenstehen. Natürlich sind diese Interessenlagen auslegbar, aber wenn wir politisch diese
Bohrungen verhindern wollen und hinter dem Nationalparkgedanken stehen, dann sollten wir
alle Möglichkeiten ausschöpfen.


Der SSW hat immer gesagt, dass er den Kompromiss, überhaupt Erdölförderung von der
Mittelplate aus zuzulassen, zwar mit trägt, aber dieser eigentlich im Gegensatz zur Zielsetzung
des Nationalparks steht. Hier wird die Natur nicht nachhaltig genutzt, wie beispielsweise von
Fischern oder Touristen, sondern hier werden Rohstoffe unwiederbringlich abgebaut – quasi
ausgebeutet – und der Nationalpark permanent der Gefahr ausgesetzt, verschmutzt zu werden.
Dass entspricht nicht dem Nationalparkgedanken.
Dies sehen die Menschen vor Ort auch so und auch die regionale Politik sieht dieses kritisch, wie
auch der Kreistag Nordfriesland deutlich gemacht hat. Deshalb fordern auch wir die RWE Dea
auf, auf neue Erdölbohrungen zu verzichten und stattdessen ein Szenario zu entwickeln, dass
den Ausstieg aus der Erdölförderung im Nationalpark vorsieht. 3
Nach unserer Auffassung ist es jetzt wichtig, dass der Landtag ein Signal setzt und deutlich
macht, dass er gegen diese Erdölbohrungen ist. Und die Landesregierung muss dies dann mit
politischen Initiativen unterfüttern. Das heißt, sie muss als quasi Beteiligter gegenüber der
Genehmigungsbehörde alle Bedenken deutlich machen, die bisher geäußert worden sind. Hierzu
sollte sie eng mit der regionalen Ebene zusammen arbeiten. Dabei sollten nicht nur die
Kommunalpolitik, sondern auch Naturschutzverbände, Tourismusverbände und andere Nutzer
des Nationalparks zu Worte kommen. Und die Landesregierung muss über den Bundesrat dafür
Sorge tragen, dass das Bundesbergbaugesetz geändert wird. Die Menschen und die betroffenen
Organisationen müssen genauso mitreden dürfen, wie es auch notwendig ist, dass für einen
solchen Eingriff in die Natur eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt wird.


Wir sind nun mitten im Antragsverfahren, damit das Wattenmeer ein Weltnaturerbe wird. Ich
hoffe, dass in der Frage der Anerkennung auch die Erdölbohrungen eine Rolle spielen werden
und diese so auf Druck der UNESCO verhindert werden. Eigentlich wäre es mit einem
Weltnaturerbe nicht zu vereinbaren, wenn man die Erdölförderung noch ausweiten würde. Aber
genau dies wird geschehen, wenn die Explorationsbohrungen zum Erfolg führen. Deshalb
müssen wir abwägen: Wollen wir einen Nationalpark und ein Weltnaturerbe mit traditionellen
Nutzungen; oder wollen wir Beliebigkeit mit maximaler Ressourcenausbeutung. Für den SSW ist
die Wahl klar: Wir wollen den Nationalpark und das Weltnaturerbe erhalten. Und nur
traditionelle Nutzungen in einem nachhaltigen Umfang sowie der Küstenschutz haben dort
ihren Platz.