Lars Harms zu TOP 22, 26 & 40 - Umsetzung eines beitragsfreien Kindertagesstättenjahres u.a.
Presseinformation Kiel, den 23.4.2008 Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 22,26 u. 40 Umsetzung eines beitragsfreien Kindertagesstättenjahres u.a. Drs. 16/1986; 16/1947; 19/2019Der SSW unterstützt alle Vorhaben, die dazu dienen, die pädagogische Förderung von Kindern zuverbessern. Wir sind da ganz pragmatisch. Ich möchte das an einem Beispiel illustrieren: Wenn ineinem Kindergarten der Schlüssel um 12.00 Uhr umgedreht wird, ist bereits eine Verlängerung derÖffnungszeiten bis um 13.00 Uhr ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.Wir sollten uns davor hüten, das Maximale zu fordern. Wer alles will, bekommt in der Regelnämlich gar nichts. Die Richtung, die die Betreuung von Kindern macht, stimmt. Dass man nochmehr aufs Tempo drücken muss, steht außer Frage. Aber wir sollten uns daran halten, was auchwirklich umsetzbar ist. Weder Eltern, Kinder noch den Träger ist geholfen, wenn wir eine schöne,rosafarbene Bonbonwelt in Broschürenform auflegen, die letztlich überhaupt nichts mit derWirklichkeit zu tun hat.Die frühkindliche Förderung ist ein Bereich, den wir lange Zeit vernachlässigt haben: die Standardswurden verschlechtert, die Elternbeteiligungen stiegen und Ansätze zur akademischen 2Qualifizierung der Pädagogen blieben stecken. Dann kam PISA. Auf einmal rückten die Kitas in denFokus. Doch auch von anderer Seite kommt Druck: Personal-Engpässe bei den Unternehmenführen dazu, dass die Familienphase der Eltern verkürzt wird. Das Elterngeld tut ein Übriges dazu.Es läuft nach 14 Monaten aus. Dann gibt es kein Elterngeld mehr und die Eltern benötigen vor derRückkehr auf den Arbeitsplatz qualifizierte Betreuung, was die Nachfrage nach Krippenplätzensteigen lassen wird.Die Kindergärten wurden als Politikfeld regelrecht entdeckt. Und in kurzer Zeit hastige Vorschlägeentwickelt. Die Kita als Stadtteilzentrum, als niedrigschwelliges Angebot für die ganze Familieund als Integrationsort für Migrationsfamilien sind nur einige Funktionen, die wir allein in dieserLegislaturperiode diskutiert haben. Kitas sollen Kinder pädagogisch betreuen, sie auf die Schulevorbereiten; ihre Stärken unterstützen und ihre Schwächen ausgleichen. Die Kinder lernenzusammen mit anderen Kindern und entwickeln soziales Verhalten. Kinder, die keinenKindergarten besuchen, tun sich in der Regel in der Schule schwer, mitzuhalten. Das beitragsfreiedritte Kindergartenjahr ist eine Möglichkeit, dass allen Kindern eine qualifizierte pädagogischeBetreuung ermöglicht wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Eltern den Kindergartenbesuchleisten können oder nicht.Das erst einmal vorneweg. Was kann man in absehbarer Zeit umsetzen? Diese Frage müssen wirehrlich beantworten. Die anstehende Kommunalwahl verleitet dazu, erst einmal Forderungen inden Raum zu stellen. Wo das Geld zur Umsetzung herkommen soll, kann man sich dann janachher überlegen. Seriöse Finanzierungsvorschläge sind aber das A und O einer glaubwürdigenPolitik.Ich warne davor, die Kosten für das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr aus dem Schleswig-Holstein-Fonds zu bestreiten, wie es die Grünen vorgeschlagen haben. Zunächst müssen wir überden Fonds diskutieren bzw. die Gründe, wenn es denn Probleme beim Mittelabfluss gibt. Danachkönnen wir uns erst Gedanken machen, was mit den Mitteln wird. 3Der SSW hält es nicht für unverantwortlich, dass ein Drittel der Fondsmittel in den Straßenbaugeflossen sind, wie das die Grünen in ihrem Antrag formuliert haben. Wir können gerne übereinzelne Straßenbauprojekte diskutieren; derartige pauschale Sätze sind allerdings wenigsachdienlich.Der SSW lehnt die vorgeschlagenen Querfinanzierungsvorschläge in der vorgelegten Form ab,anerkennt allerdings die Bemühungen um ein seriöses und tragfähiges Finanzierungsmodell an.Das sieht bei der SPD anders aus: Die SPD legt einen Vorschlag vor, der ganz nebenbei noch einevöllig andere Baustelle der Landesregierung schlagartig sanieren soll. Der SPD-LandesvorsitzendeRalf Stegner will nämlich laut seiner Pressemitteilung die Einssparungen im Zuge derVerwaltungsstrukturreform für das Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“ zur Verfügung stellen.Das Fell des Bären wird schon verkauft, während der noch brüllt. Unabhängige Gutachter hättenMillionen-Einsparungen prognostiziert, sagt man. Das ärgert mich, dass hintenrum dieumstrittene Verwaltungsstrukturreform schön geredet wird. Eine konsequenteVerwaltungsreform, wie sie auch die Kollegen von den Grünen einfordern, ist noch nicht in Sicht.Tatsächlich gibt es noch keine nennenswerten Einsparungen im Zuge der Reform. Im Gegenteil,viele neue Ämter beklagen Zusatz- und Mehrkosten. Die Gegenfinanzierung der SPD steht alsoauf wackligen Füßen. Bei der Einführung eines kostenfreien dritten Kindergartenjahres sagt dieSPD erst gar nicht, wie die Kosten finanziert werden sollen.Wir können feststellen, dass wir gedeckelte Betriebskostenzuschüsse in Höhe von 60 MillionenEuro haben. Ein Inflationsausgleich findet nicht statt.Weiter sind mit dem neuen Kindertagesstättengesetz neue Anforderungen gestellt worden –insbesondere im pädagogischen Bereich. Gegenfinanzierung: Fehlanzeige.Nun soll auch noch die Betreuung der unter 3-jährigen in Angriff genommen werden – einlobenswertes Ziel, das auch der SSW unterstützt. Allerdings werden in diesem Jahr nur dieInvestitionskosten für diese Plätze bezuschusst. Mit den Betriebskosten werden die Träger in 4diesem Jahr alleine gelassen. Auch das darf aus den gedeckelten 60 Millionen gezahlt werden. DieTräger der Kindertagesstätten stehen schon heute am Rande ihrer finanziellen Leistungsfähigkeitund können nicht noch mehr Aufgaben ohne solide Gegenfinanzierung erfüllen.Auch wir als SSW unterstützen die Zielrichtungen der Anträge, aber wir weisen auch deutlichdarauf hin, dass diesen vielen Wünschen auch eine realistische Finanzierung entgegenstehenmuss. Und hierzu zählt dann auch ein Gesamtkonzept, wie all die Maßnahmen umgesetzt werdensollen. Von einem solchen Konzept ist die Landesregierung aber noch weit entfernt und deshalbist es nur gut, dass die Opposition immer wieder mit Anträgen den Finger in die Wunde legt. Wirsollten im Ausschuss hier insbesondere noch einmal über das „Wie?“ reden. Über das „Ob?“ sindwir uns, glaube ich, alle einig.