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29.02.08
10:38 Uhr
FDP

Ekkehard Klug: Der Landesregierung fehlt jede Vorstellung und jedes Konzept

FDP Landtagsfraktion Schleswig-Holstein 1



Presseinformation Wolfgang Kubicki, MdL Vorsitzender Nr. 074/2008 Dr. Heiner Garg, MdL Stellvertretender Vorsitzender Kiel, Freitag, 29. Februar 2008 Dr. Ekkehard Klug, MdL Parlamentarischer Geschäftsführer Sperrfrist: Redebeginn Günther Hildebrand, MdL

Es gilt das gesprochene Wort!
Soziales/Kinder/Krippe
Ekkehard Klug: Der Landesregierung fehlt jede Vorstellung und jedes Konzept In seiner Rede zu TOP 45 (Ausbau U3-Krippenfinanzierung, Drs.: 16/1683 (neu); 16/1849) sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP- Landtagsfraktion, Dr. Ekkehard Klug:
„Wir brauchen ein ausreichendes Angebot an qualifizierten Betreuungsplätzen für unter 3-jährige Kinder in Schleswig-Holstein. Um den für 2013 verabredeten Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr in Schleswig-Holstein überhaupt erfüllen zu können, sind dazu erhebliche Anstrengungen notwendig.
Der Bericht der Landesregierung zum aktuellen Sachstand zur Umsetzung zeigt, dass in Schleswig-Holstein – um einen Versorgungsgrad von 35% zu erreichen – bis 2013 rund 17.000 Krippenplätze geschaffen werden müssen. Auch sagt der angestrebte Versorgungsgrad von 35% nichts darüber aus, wie der tatsächliche Bedarf in den einzelnen Kommunen tatsächlich aussieht.
Ob ein Versorgungsgrad von 35% in den Städten, wie z.B. in Kiel und Lübeck, ausreicht, ist ebenso unklar wie die Frage, ob in anderen Teilen des Landes überhaupt eine Nachfrage in dieser Größenordnung bestehen wird.
Erschwerend kommt hinzu, dass hierzu in einigen Kommunen noch gar keine Kenntnisse über den konkreten Bedarf vorliegen. Deutlich wurde dies im Bericht der Landesregierung „Vorfahrt für Kinder-Kostenlose Kinderbetreuung umsetzen“1: 5 Kreise und kreisfreie Städte haben einen Ausbaubedarf von 690 Plätzen bis 2010 ermittelt.
Den anderen Kreisen und kreisfreien Städten ist der Ausbaubedarf nicht hinreichend bekannt – andere meldeten sogar keinen Ausbaubedarf. Außer der Landeshauptstadt Kiel konnten die Kommunen die für den Ausbau anfallenden Kosten nur teilweise oder gar nicht angeben.

1 Bericht der Landesregierung, „Vorfahrt für Kinder-Kostenlose Kinderbetreuung umsetzen“, Drs.: 16/828 Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 2 Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, jetzt beurteilen zu können, ob die vom Bund und Land für den Ausbau der Krippenplätze in Schleswig-Holstein von 2008 bis 2013 von insgesamt 249,2 Mio. Euro2 ausreichen. Zweifel sind aber angebracht, wenn von durchschnittlichen Kosten für einen Kindertagesstättenplatz von 30.000 Euro ausgegangen werden muss.
Die Einrichtung und der Unterhalt von 17.000 neuen Krippenplätzen würden unter Zugrundelegung dieser Zahlen rund 510 Mio. Euro bedeuten, von dem die Kreise und kreisfreien Städte gut die Hälfte zu tragen hätten.
Der Kunstgriff des Landes, mit verschiedenen Ausbaustufen, der Umwandlung von regulären KiTa-Plätzen in Krippenplätzen und dem Ausbau der Tagespflege die Kosten zu drücken, kann nicht von der berechtigten Frage der kommunalen Landesverbände ablenken, ob mit der Einführung eines Rechtsanspruches das Konnexitätsprinzip berührt ist?
Sollte das der Fall sein, ist der Anspruch der Kommunen auf einen vollen Kostenausgleich vom Land nach Art. 49 Abs. 2 der Landesverfassung nicht von der Hand zu weisen. Eine Antwort darauf gibt der jetzt vorgelegte Bericht leider nicht. Die bisher geführte Debatte zum Ausbau von Krippenplätzen in Schleswig-Holstein greift meiner Auffassung nach zu kurz:
Es darf nicht nur um die Versorgungsquote gehen und wie hoch sie vor Ort sein muss. Selbst, wenn diese Quote erreicht werden sollte: Mit der Bereitstellung von Plätzen ist es noch lange nicht getan. Ausgeblendet wurde bisher völlig, welche qualitativen Anforderungen an die Betreuung von Krippenkindern gestellt werden müssen.
Welche Rahmenbedingungen brauchen wir künftig? Was muss in Schleswig- Holstein geändert werden und welche weiteren Kosten sind damit verbunden? Diese Fragen bleiben völlig offen. Die Landesregierung scheint darauf keine Antwort oder aber klare Vorstellungen zu haben.
Gerade beim Krippenausbau müssen wir uns rechtzeitig dazu Gedanken machen. Denn es wird dabei oft vergessen, dass Kleinkinder andere Bedürfnisse haben als Kinder über drei Jahren. Krippenkinder stellen hohe Anforderungen. Es geht mehr als um füttern und wickeln. Krippenkinder benötigen mehr Platz, mehr Struktur, andere Materialien und Spielsachen. Sie brauchen aber vor allem eine intensivere Betreuung.
Nicht zu vergessen, dass in den ersten drei Lebensjahren wichtige Weichen für die künftige geistige und soziale Entwicklung der Kinder gestellt werden. Das hat Auswirkungen auf die Gruppengröße und auf die Anforderungen an die Ausbildung der Krippenerzieherinnen und –erzieher.
Verschiedene nationale und internationale Studien belegen dies übereinstimmend: Je kleiner die Gruppe, je günstiger der Betreuer-Kind- Schlüssel, je höher das Ausbildungsniveau der pädagogischen Fachkräfte und je mehr Zeit die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Vorbereitung der Angebote haben, desto positiver sind die Entwicklungsergebnisse.
Die Realität in Schleswig-Holstein bildet diese Anforderungen nicht überall ab. 2 Anteil Bund: 136,2 Mio. Euro (74,2 Mio. Euro für Investitionen und ca. 62 Mio. Euro für die Betriebskosten); Beteiligung Land: 113 Mio. Euro (46 Mio. Euro für Investitionen und 62 Mio. Euro für die Betriebskosten). Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/ 3
Hans-Heinrich Driftmann hat es nicht ganz zu Unrecht als einen Skandal bezeichnet, dass an Schleswig-Holsteins Kindertagesstätten immer noch über 9 Prozent des Personals ungelernte Kräfte sind3.
Woher nehmen wir die gut ausgebildeten Krippenerzieherinnen und Krippenerzieher, wenn jetzt zusätzliche Krippenplätze geschaffen werden sollen? Wie wird der Umstand berücksichtigt, dass Krippenkinder eine vertraute Person als zentrale Bezugsperson brauchen?
Das bedeutet nämlich auch, dass Betreuungskräfte nicht beständig wechseln dürfen. Um die Kontinuität der Betreuung über den Tag hinweg zu sichern, kann ein solches Betreuungsangebot dann gerade nicht mit Teilzeitkräften bewältigt werden.
Die Diskussion um die Kindertagesstättenverordnung im letzten Jahr hat deutlich gemacht, dass die bisher in Schleswig-Holstein praktizierte Billiglösung, freie Plätze in den bereits vorhandenen Kindergartengruppen mit Krippenkindern aufzufüllen, künftig keinen Bestand mehr haben kann. Insbesondere dann, wenn der vom Land vorgegebene Bildungsauftrag in Kindertagesstätten ernst genommen und umgesetzt werden soll.
Bereits 1996 hatte das europäische Kinderbetreuungsnetzwerk 40 Qualitätsziele formuliert, etwa die Senkung der Gruppengrößen und die Verbesserung des Erzieher-Kind-Schlüssels. Bis heute werden die meisten dieser Qualitätsziele in Schleswig-Holstein immer noch nicht erfüllt.
Stattdessen ist Schleswig-Holstein bundesweit Schlusslicht in der Kindertagesbetreuung bei gleichzeitig den höchsten Elternbeiträgen.“



3 LN vom 12.12.2007, „Unternehmer-Präsident fordert: Höchstens 15 Kinder pro Kita-Gruppe“ Christian Albrecht, Pressesprecher, v.i.S.d.P., FDP Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Landeshaus, 24171 Kiel, Postfach 7121, Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497, E-Mail: presse@fdp-sh.de, Internet: http://www.fdp-sh.de/